Tatort - Freunde bis in den Tod in Ludwigshafen

06.10.2013 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Freunde bis in den Tod
Ard/SWR
Tatort - Freunde bis in den Tod
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Für Ludwigshafener Verhältnisse mittelmäßiger, für alle anderen völlig austauschbarer Tatort beschäftigt sich mit einem heiklen Thema, ohne über das sporadische Wiederkäuen von Klischees hinauszukommen.

Wenn ein für seine einschläfernde Durchschnittlichkeit bekanntes Tatort Team sich einem heiklen Thema wie Amokläufen an Schulen widmet, schrillen schon einmal die Alarmglocken des Sonntagskrimifans. Einerseits ist es also durchaus löblich, dass Tatort: Freunde bis in den Tod die sensationsheischende Ausbeutung einer solchen Tat zur Aufwertung der eigenen Dramaturgie gegen Ende umschifft. Andererseits enttäuscht der Krimi mit Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper (Andreas Hoppe) mit seiner ebenso wahl wie ziellosen Anhäufung medial hinreichend verbreiteter Klischees, sodass er unentschieden zwischen dem öffentlich-rechtlichen Drang wider jedweder Mehrdeutigkeit und der grundsätzlichen Unfassbarkeit solcher Gewalttaten schwankt.

Lokalkolorit: Große, einladende Fenster überall in diesem Tatort, der sich visuell manchmal ins Handkamerafach verläuft, um dann wieder zur gewohnten Ludwigshafener Optik zurückzukehren. Ob in der Neubauwohnung oder im Einfamilienhaus, der Blick ins Innere der Figuren scheint frei, sie selbst nehmen einander kaum wahr und wenn doch, dann muss eine Videokamera als Vermittler zwischen diesen vereinsamten Jugendlichen und Erwachsenen herhalten.

Plot: Ein 19-Jähriger wird tot bei Ludwigshafen aufgefunden und schon bald werfen eigens programmierte Computerspiele (was sonst?) ein negatives Licht auf den jungen Mann. Nicht nur erpresste er seine Umgebung mit heimlichen Videoaufnahmen, auch einen Amoklauf soll er geplant haben. Odenthal und Kopper nehmen seinen schüchternen besten Kumpel ins Visier, der als einziger betroffen von dem Verlust zu sein scheint. Doch auch ein spielsüchtiger Vertrauenslehrer und ein Trödelmarktverkäufer machen sich verdächtig.

Unterhaltung: Wenn etwas in Tatort – Freunde bis in den Tod positiv heraussticht, dann sind es die jungen Darsteller, allen voran Leonie Benesch (Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte) und Joel Basman (Sennentuntschi). Obwohl sich das Drehbuch uneins ist über Charakteranlange und Motivation ihrer Figuren und eher Ideen zusammenschustert, als wirklich eine glaubwürdige Figurendynamik zu entwickeln, überzeugen beide in Einzelmomenten, in denen für kurze Augenblicke ehrliche Gefühle die zu Tode erklärten Plot-Points überschatten. Man stelle etwa Folkerts lächerlich ausbuchstabierten Turnhallenmonolog neben Beneschs Szenen im Verhör und erkenne, wie die Jungdarstellerin für ein paar Minuten ansehnliche Fernsehkost herbeizaubert.

Tiefgang: Zerrüttete Elternhäuser, teilnahmslose Teenies, die in eigens geschaffene Fantasiewelten abtauchen, um ihre Aggressionen auszuleben. Dazwischen das Opfer, das Täter werden wollte, um die Lügen aufzudecken, in denen es sich seine Umgebung gemütlich gemacht hat. Schlussendlich strauchelt der Tatort, gerade weil die Figur des Toten, aber auch sein Freund, so vollgesogen ist mit Erklärungsversuchen, die irgendwann irgendwem bei Betrachtung der Nachrichten über Amokläufe gekommen sind. Warum Ron mit dem Gewehr in die Schule ziehen wollte, wird nie so recht klar und das nicht weil der Tatort uns bewusst – und durchaus realistisch – eine Erklärung verweigert, sondern weil eine den Plot ins Rollen bringende Drehbuchentwicklung, kaschiert mit allerlei Platitüden, allein eben nicht ausreicht.

Mord des Sonntags: Ein Schuss in die Brust.

Zitat des Sonntags: “Er war doch mein Freund.”

Ein echter Ludwigshafener Tatort war das, den wir fünf Minuten nach Ende wohl wieder vergessen oder was meint ihr?

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