Tatort auf einem Weingut: Bitter!

27.04.2009 - 07:00 Uhr
Tatort: Bittere Trauben
ARD
Tatort: Bittere Trauben
Ein Weinkontrolleur wird zu Beginn ermordet. Das war dann auch der Höhepunkt des gestrigen Tatorts.

Viel Schwefel, viel Essig: So kann ein Wein versaut werden. Viel Luft, Spannungsarmut: So kann ein Krimi gegen die Wand gefahren werden. Ein Fall, simpel in seiner Struktur, aufgeblasen in seiner Erzählung und ernüchternd und langweilig in seinen Bildern. Tatort: Bittere Trauben langweilte die Zuschauer mit unausgereiften Dialogen, die so hölzern waren wie die Weinfässer im Keller. Die Kommissare Kappl (Maximilian Brückner) und Deiniger (Gregor Weber) wären im torkelnden Zustand souveräner durch den Fall gekommen als in ihrer jetzigen Klischee-Form. Das macht das Gebührenzahlen nicht unbedingt einfacher.

Sehr zäh und behäbig entfaltete sich der Fall, der SR-Tatort konnte sich nicht so recht auf eine definitive Richtung festlegen. Letztendlich baute das Drehbuch ohnehin auf einen alten Trick: Den Zuschauer mit so vielen Verdächtigen füttern, dass einem schwindelig wird. Es könnte der Sohn von Alwin Eckes gewesen sein, Benedikt. Oder aber, mehr oder weniger geschickt in die Geschichte eingefädelt, die schöne Weinkönigin Ariane Ziegler, mit der Hauptkommissar Kappl aus wahrscheinlich nur dramaturgischen Gründen eine romantische Beziehung beginnt und die noch ihrer besten Freundin Denise hinterhertrauert, der toten Tochter der Weickerts, die – so stellt sich später heraus – in Richard Altpeter verliebt gewesen ist.

Dieser ist es auch, der eigentlich umgebracht werden sollte – von der Mutter der Toten Denise. Aber da es so regnerisch und dunkel war, hat es den Weinkontrolleur erwischt, der nur den Wagen vom Altepeter fuhr, weil seiner nicht anspringen wollte. Super Idee der Autoren: Die beiden fahren nämlich das gleiche Wagenmodell. Das macht alles sehr bequem und vor allem den Betrug an den Zuschauer einfacher: Bis zum großen Finale hat niemand “ein gottverdammtes Motiv”, so Hauptkommissar Deininger.

Im selben Augenblick – wieder: bequemes Drehbuchschreiben – kommt Jean-Paul Weickert, der seine Frau nicht finden kann. Jetzt fällt es den Kommissaren wie Schuppen aus den Augen: Isabel Weickert hat den falschen umgebracht und möchte nun ihren Fehler korrigieren. Der große Showdown findet dann auch, sehr passend, auf dem Weinberg statt, auf dem Frau Weickert plötzlich wie eine Irre aus einem schlechten Horror-Film entsprungen erscheint, dem Altpeter die Schuld an den Tod ihrer Tochter gibt und solche Sätze wie “Du hast kein Recht mehr zu leben” sagt, ohne mit den Augen zu blinzeln. Sie zieht die obligatorische Pistole, redet extrem viel, erklärt den Zuschauern nochmal, was genau passiert ist – Krimi-Alphabet eben – und will sich dann selber umbringen, nachdem die Kommissare mit den Dienstwaffen auf sie zielen. Das sieht alles ein bisschen albern aus, vor allem, weil sie dann auch noch versucht, sich selber umzubringen, Richard Alpeter aber dazwischen springt und in die Schusslinie gerät. Er stirbt, sie überlebt. Und wenige Sekunden später, da sitzen die beiden Kommissare an der Saarschleife und führen den wahrscheinlich noch besten Dialog von Tatort: Bittere Trauben:

- „Schön, die Saar.“
- „Ja. Schön.“

Die Nebenhandlung mit dem Vater von Kommissar Kappl, der sich plötzlich bei seinem Sohn breit macht, schien ein genauso witzloser wie überflüssiger Versuch, dem Polizisten ein etwas menschlicheres Gesicht zu geben, nachdem das mit der Schauspielerei doch so grandios in die Hose ging. Auch wenn das Ensemble noch lange nicht schrecklich war, wird “Zusamenspiel” auch anders buchstabiert. Die kompliziert erzählte Geschichte gaukelte eine Tiefe vor, die es nicht gab; frustrierte Rache-Mörder gibt es im Fernsehen schon genug. Einfacher wird es dem Zuschauer aufgrund nur einer Sache gemacht: Es gibt keinen wirklichen Anstoß zum weiteren Nachdenken, kein aktuelles Gesellschaftsproblem zum Analysieren, keine provokanten oder eindrücklichen Szenen zum Diskutieren. Am Ende, als alles vorbei und die Lust raus war, stellte man fest: Der Tatort war so nüchtern, dass man sich hinterher nur noch besaufen wollte.

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