The Big Bang Theory - Warum die größte Sitcom unserer Zeit enden muss

07.01.2019 - 09:55 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
The Big Bang TheoryCBS/ProSieben
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The Big Bang Theory muss mit der 12. Staffel enden, weil die Darsteller noch was anderes vorhaben. Das Leben da draußen ruft, es verschont selbst die größten Serien nicht. Über WG-Sitcoms und ihre Endlichkeit.

Heute geht The Big Bang Theory auch bei ProSieben in seine 12. und letzte Staffel. Um 20:15 Uhr läuft der Anfang vom Ende mit der Episode Der unzufällige Zufallssex. Diesen Artikel haben wir bereits zum Start des Finals in den USA im vergangenen Herbst veröffentlicht.

Es gibt aktuell nur neun Serien, die länger laufen als The Big Bang Theory, das Anfang der Woche seine 12. und letzte Staffel anbrach. Drei davon sind Cartoons, was kein Zufall ist, denn deren Botschafter sind alters- und zeitlose Comic-Figuren, über die ihre Besitzer verfügen, wie es ihnen beliebt. Sitcoms jedoch hängen wie kein anderes Serienformat an ihren Darstellern, weshalb denen nach einer bestimmten Zeit auch astronomische Gehälter gezahlt werden. Der produzierende Sender CBS war bereit, allein den fünf Hauptdarstellern Jim Parsons, Kaley Cuoco, Johnny Galecki, Kunal Nayyar und Simon Helberg jeweils 50 Millionen Dollar für zwei weitere Staffeln zu zahlen. Nein, die The Big Bang Theory-Familie wurde von so etwas Profanem wie Geld nicht auseinandergerissen. Was ist passiert, das zum Ende von The Big Bang Theory führte? Das Leben ist passiert.

Die letzten Tage The Big Bang Theory: Wie eine Sitcom-Familie zerfällt

Für diese verlockenden Bezüge hätte das Ensemble sich irgendwie auf zwei weitere Jahre im The Big Bang Theory-Hamsterrad verständigt. Doch der immerhin schon 45 Jahre alte Sheldon Cooper-Darsteller Jim Parsons spürte den heißen Atem seiner kippenden Schauspielerkarriere im Nacken und sah vor sich die Möglichkeiten verstreichen, die ihm während zweier weiterer TBBT-Jahre flöten gegangen wären - und sagte ab. Das Ende war damit besiegelt. Die Serie stürzte ein wie ein Jenga-Turm, dem man den untersten Stein weggezogen hatte.

The Big Bang Theory

Mit diesem Problem ist The Big Bang Theory nicht alleine. Das echte Leben reißt und zerrt an fragilen Serienbauten wie ein Sturm an einem notdürftig verspannten Zelt. Steht der Wind gut, kann eine Serie ewig leben, wie vielleicht Supernatural, das sich in seinen eigenen Windschatten gesetzt hat und hier von den Fügungen des Lebens unberührbar scheint. Supernatural hat sich im Supernatural-sein eingerichtet, die Darsteller sind eins mit ihr geworden. Noch beachtlicher ist nur die Langlebigkeit von Grey's Anatomy, das aber auch die Segel streicht, wenn ihm mit Ellen Pompeo die zentrale Zeltstange entrissen wird. So ist das nun mal, Menschen ziehen weiter. Sitcoms sind auch nur Bahnhöfe auf den Gleisen des Lebens. Die Weichen stellen die Darsteller selbst. Bei The Big Bang Theory sind die Darsteller fertig mit der Sitcom und die Sitcom fertig mit ihren Figuren. Beides hängt fest zusammen.

Jede WG-Sitcom hat eine feste Halbwertzeit

Das Sitcom-Ende ist dem Genre schon eingeschrieben. The Big Bang Theory ist die Nerd-Variation einer WG-Sitcom, die mit Friends in den 90ern entdeckt wurde. Die Figuren in WG-Sitcoms sind in den ersten Folgen meistens zwischen 27 und 30 Jahre alt und verfangen in einer adoleszenten Findungsphase. Ihre berufliche Ausbildung haben sie abgeschlossen, sie stehen aber noch mit einem Bein im unsteten, gemütlichen studentischen Lebensstil, aus dem sie im Laufe der Sitcom in sichere Verhältnisse überführt werden.

WG-Sitcoms enden, wenn ihre Figuren diesen Transfer überstanden und die nächste Phase in ihrem Leben erreicht haben, die Eigentumswohnung die WG ablöst, sozusagen. Marta Kauffman, die Schöpferin von Friends, hat das mal so definiert:

Friends dreht sich um die Zeit im Leben, in der deine Freunde deine Familie sind. Sobald du eine Familie gründest, ändert sich das. Und du hast neue Gruppen. [...] Aber wenn du [die Freunde] wieder zusammen bringst jetzt, wo diese Phase in ihrem Leben vorbei ist, gibt es keinen Grund mehr für die Show.

Alles, was sich in diesem sozialen Terrarium abspielt, ist das Material, mit dem Sitcom-Autoren ihre Figuren beschäftigen und Gags produzieren. Sie schenken ihnen Probleme, Erlebnisse und Situationen, an denen sie wachsen und auch mal versagen und schrumpfen. Die Protagonisten in WG-Sitcoms hadern mit dem Erwachsenwerden, das aber irgendwann unausweichlich wird. Sie machen Karriere und unterhalten gleichzeitig lockere Wohngemeinschaften (deshalb WG-Sitcom) oder ähnliche temporäre, reibungsstarke Lebensverhältnisse. Sie probieren sich aus, sie rebellieren, sie erzahmen. WG-Sitcoms erzählen von der Phase im Leben, in der sich sehr vieles sehr schnell unwiderruflich ändert. Irgendwann ist dieses Material verheizt. Eine WG-Sitcom muss dann den passenden Zeitpunkt finden, um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Alles, was danach kommt, ist Stoff für eine andere Sitcom-Gattung: Die Familien-Sitcom, die endet, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

How I Met Your Mother

Lasst uns mal die WG-Sitcoms der letzten drei Jahrzehnte anschauen. Die 90er hatten Friends, wonach die WG-Sitcom sich als Erzählformat etabliert hatte und die 2000er von gleich dreien geprägt wurden: How I Met Your Mother, The Big Bang Theory und die ultimative WG-Sitcom New Girl. All diese Sitcoms liefen ungefähr so lang wie The Big Bang Theory. Friends schaffte 10 Staffeln, in denen sogar Chandler Bing zu einem Ehemann heranreifte und die Mitglieder untereinander verheiratet wurden. How I Met Your Mother kam auf 9 Staffeln, in denen sich die WG in der WG-Sitcom auflöste, Kinder geboren und Traumfrauen gefunden wurden. In sieben Staffeln New Girl bewältigten die WG-Bewohner ihre Millennial-Lebenskrisen. Gemein haben die Lebenszyklen dieser vier Sitcoms: Sie zeigen Übergänge. Und sie enden genau dann, wenn ihre bekanntgewordenen Darsteller jung genug sind, noch etwas anderes auszuprobieren und sich eine Existenz nach der Sitcom-Existenz aufzubauen. Sie können sich nochmal neu erfinden und ihre Sitcom-Figuren ihr langweiliges Familien-Leben leben lassen. So schieben sich die Lebensbedingungen der Figuren und ihrer Darsteller übereinander.

The Big Bang Theory hat seine Themen verheizt

An diesem Punkt ist The Big Bang Theory schon lange angekommen. Die Serie beschrieb den Übergang vom jungen Erwachsenen zum reifen Erwachsenen intensiv über die Eroberung eines Soziallebens außerhalb der Nerd-Komfort-Zone. Mit dem Ende der 11. Staffel TBBT sind drei der vier Ur-Nerds verheiratet, Penny und Leonard heirateten einander. Es gibt in dieser Sitcom nun nichts mehr zu begleiten, so wie es auch bei Scrubs, How I Met Your Mother und Friends irgendwann nichts mehr zu begleiten gab. Die Figuren sind angekommen und die Serie kommt in ihrer Trägheit jetzt quietschend zum Stehen.

Sitcoms wie The Big Bang Theory sind Lebensabschnittspartner für die Darsteller, die Figuren und die Zuschauer. Fast jeder der Hauptdarsteller beschreibt die Sitcom-Crew als seine "Familie", Kaley Cuoco trauerte um sie wie um ein Familienmitglied und "weinte tagelang", als sie von ihrem Ende erfuhr. Aber die Darsteller akzeptieren den Übergang. Kunal Nayyar, der Raj verkörpert, sagt, er freue sich auf die nächste Lebensphase, die auf ihn wartet nach 12 Jahren The Big Bang Theory. Jim Parsons ist sowieso froh, dass es endlich vorbei ist. Es ist Zeit, weiterzuziehen und, wie Johnny Galecki meint, mal wieder öfter die Familien zu sehen, also die richtige.

Kommt ihr klar ohne The Big Bang Theory?

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