Top oder Flop - Seewolf: Zahmer Wolf auf rauer See

24.11.2008 - 22:17 Uhr
Der Seewolf
Fabian Roesler - ProSieben
Der Seewolf
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Was taugt die Neuverfilmung des Abenteuer-Klassikers mit Thomas Kretschmann?

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Gestern Abend war es soweit: Ehe im kommenden Jahr die ZDF-Neuverfilmung des Klassikers über die Bildschirme flimmern wird, zeigte Pro Sieben den ersten Teil seiner Version von “Der Seewolf”. Statt Raimund Harmstorf durfte diesmal Thomas Kretschmann als Wolf Larsen Seeleute schinden und Erdäpfel deformieren.

Basierend auf dem Roman von Jack London erzählte der Film die Geschichte des jungen, wohlbetuchten Gentlemans Humphrey van Weyden, der nach einem Schiffbruch vom Schoner “Ghost” aufgenommen wird. Dieser steht unter dem Regiment des unnachgiebigen und egomanischen Kapitän Larsen, der van Weydens Bitte ihn nach San Franciso zu bringen ignoriert und ihn stattdessen zwingt als Kombüsenjunge an Bord zu dienen.

Die Kritiken sind bislang gemischt: Während Markus Ehrenberg im Tagesspiegel ein subtiles Psychoduell erkennt und Kretschmanns darstellerische Subtilität lobt, beklagt Lars L. von der Gönna in der WAZ die Becks-Bier-Optik des Films und schreibt: “Was Kretschmann sich an gestalterischer Unschärfe und Anti-Betonung leistet, ist tragisch.”

Meine Filmwelt-Kritiker Oliver Lysiak (“Batzman”) ist ebenfalls unentschlossen. Er schreibt: "Dieser neue Seewolf, der im Vorfeld vor allem durch den erbitterten Titel-Rechtsstreit mit dem ZDF von sich reden machte, ist in jedem Fall ein Fortschritt gegenüber anderen ProSieben-Event-Movies. Im Gegensatz zu “Die Brücke” oder “Die Schatzinsel” konzentriert sich der Film tatsächlich mehr auf die Stärken der Romanvorlage und spart sich peinliche Erotikausrutscher im Viertelstundentakt. Im Gegensatz zur alten ZDF-Verfilmung, die auch Motive anderer London-Erzählungen aufgriff, bleibt diese Adaption sehr nahe an der Vorlage.

Die Ausstattung und Kameraarbeit sind durchweg überzeugend und auch die Dialoge gehen in Ordnung. Die Besetzung, allen voran Florian Stetter als bornierter “Gentleman” wissen zu gefallen. Doch ein Seewolf steht und fällt mit seiner Titelfigur und an Thomas Kretschmann scheiden sich die Geister zurecht. Während er in “King Kong” als knarziges Prochnow-Imitat durchaus überzeugte, bleibt er als Wolf Larsen ungewohnt blass. Es ehrt ihn, dass er die Rolle vielschichtig und nicht als platten Bösewicht anlegt, aber im Versucht verliert er leider auch viel Präsenz und Faszination. Dieser Seewolf wirkt zu menschlich, zu harmlos.

Kretschmann sieht aus wie der junge Schimanski und wäre als Götz-Geroges-Nachfolger vielleicht auch ideal besetzt. Als übermächtiger Nemesis van Weydens, lässt er den Zuschauer über weite Strecken jedoch eher unbeeindruckt zurück. Zwar sind die physischen Szenen, die zahlreichen blutigen Schlägereien durchaus effektiv, doch es sind die kammerspielartigen Dialogszenen – von denen der Film überraschend viele bietet – in denen Wolf Larsen wirklich lebendig werden müsste. Hier kommt Kretschmann etwas zu geschwätzig rüber, hier fehlt ihm die wahre Kraft, die ihn zum faszinierenden Gegner werden ließe, wodurch sich grade im ersten Teil streckenweise etwas Langeweile einschleicht. Haben die Nietzsche-Zitate (der im Film “Nietsche” geschrieben wird) anfänglich noch ihren Reiz, werden die Plänkeleien zwischen Larsen und van Weyden zunehmend redundant.

Es dauert bis mal wirklich was passiert auf der “Ghost” – die berüchtigte Kartoffelszene wird eher als beiläufige Pflichtübung abgehandelt. Doch rechtzeitig zum Ende kriegt der erste Teil dann doch noch die Kurve, es kommt etwas Action ins Spiel, die Besatzung geht sich gegenseitig an die Gurgel, ein Sturm fordert seinen Tribut und eine schöne Frau kommt an Bord. Kein ganz großer Wurf, aber genug für einen unterhaltsamen Fernsehabend. Und gemessen an der Qualität anderer Event-Movies durchaus ein erfreulicher Lichtblick."

Wer sich selbst ein Bild machen möchte, der kann den zweiten Teil des Abenteuers morgen Abend ab 20:15 auf Pro Sieben miterleben. Und dann gespannt warten, wie sich im nächsten Jahr die ZDF-Fassung schlagen wird.

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Mehr über Thomas Kretschmann gibt es hier in unserem Special.

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