Tote Mädchen lügen nicht - Wie Netflix mit der Suizid-Angst umgeht

13.04.2018 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Tote Mädchen lügen nichtNetflix
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Hat Tote Mädchen lügen nicht Selbstmorde unter Jugendlichen verursacht? Die Frage ist auch ein Jahr nach der 1. Staffel nicht geklärt. Netflix hat vor dem Start der 2. Staffel Maßnahmen getroffen, die die Eltern in die Pflicht nehmen.

Zwei Gruppen beschäftigten sich in der Tote Mädchen lügen nicht-losen Zeit sehr intensiv mit Tote Mädchen lügen nicht. Die eine will einfach nur wissen, wie und wann es möglichst bald weitergeht. Die andere möchte den gefährlichen Einfluss der Netflix-Serie auf Jugendliche beweisen und die Ausstrahlung der 2. Staffel, sofern möglich, verhindern. Letzte Woche stieg die konservative-katholische Interessenvertretung Parents Television Council (PTC) Netflix aufs Dach - ziemlich genau ein Jahr nachdem die 1. Staffel Tote Mädchen lügen nicht beim Streaming-Dienst hochgeladen und Netflix von einem perfekten Shitstorm umgeblasen wurde. Der Kernvorwurf lautet noch immer: Tote Mädchen lügen nicht verherrlicht Suizid.

Vor dem Start der abgedrehten und womöglich schon zum Upload bereiten 2. Staffel will der PTC die gefahrlose Konsumierbarkeit der 2. Staffel festgestellt wissen, schreibt der Hollywood Reporter . Netflix soll die 2. Staffel des Teenager-Dramas zurückhalten, bis

Experten aus der wissenschaftlichen Community sicherstellen konnten, dass ihr Konsum durch ein minderjähriges Publikum unbedenklich ist.

Das Ausmaß der Auswirkungen der Serie auf Jugendliche sei gar nicht abzuschätzen. Oder anders: Wie viele Suizide von Jugendlichen in den letzten 12 Monaten weltweit auf die Kappe der Netflix-Serie gehen, kann gar nicht festgestellt werden. Zwischen "keine" und "alle" ist alles möglich. Der PTC stufte übrigens auch Beverly Hills 90210 als jugendgefährdend ein , die Reality-Show Extreme Makeover hingegen nicht .

Die Angst vor mehr Suiziden

Eltern und Schulen fürchten sich vor der 2. Staffel Tote Mädchen lügen nicht, eine Highschool verbot schon die Ausleihe der Buchvorlage. Die Stimmung hat sich noch mal deutlich verschärft, nachdem der Kalifornier John Herndon den Selbstmord seiner 15-jährigen Tochter auf Tote Mädchen lügen nicht zurückführte. Bella Herndon hatte die Serie geschaut und sich in den Tagen nach ihrem Upload erhängt . Sehr ähnlich wird der Fall der Schülerin Priscilla Chiu beschrieben, die ebenfalls unmittelbar vor ihrem Selbstmord Tote Mädchen lügen nicht schaute. Seither versucht Herndon, die Ausstrahlung der 2. Staffel zu verhindern. Wenn er könnte, würde er Netflix verklagen , sagt er.

Katherine Langford in Tote Mädchen lügen nicht

Auch in Deutschland forderte der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte das Verbot der Serie. Kinder- und Jugendärzte sehen in ihr eine große Gefahr insbesondere für psychisch kranke und labile junge Menschen. Vor allem die Nachahmungsgefahr sei durch die sehr explizite Darstellung des Suizids groß.

An Netflix perlt der Shitstorm ab

Netflix konnte diese Sorgen nicht ignorieren und machte die Ängste der Elterngemeinde zu seinen eigenen. Der Streaming-Dienst hatte im Frühling 2017, als der negative, häufig panische Rückhall die positiven Stimmen zu überwiegen drohte, früh reagiert und Maßnahmen ergriffen, die zeigen sollten, dass die Bedenken der Eltern ernstgenommen werden. Warn-Karten vor den einzelnen Folgen verwiesen auf die explizite Darstellung sexueller Gewalt. Zudem wurden Kontakte für die Telefonseelsorge eingeblendet und im Anschluss an das Staffelfinale eine Dokumentation über psychische Gesundheit gezeigt. Netflix hat der Tote Mädchen lügen nicht-Shitstorm nicht geschadet. Bei der besonnenen Verwaltung der emotionalen Reaktionen bewies das wachsende Unternehmen Geschick, das Krisen-Management griff. Während Eltern weltweit Angst um ihre Kinder hatten, verlängerte Netflix die unter Beschuss stehende Serie einfach und löschte gleichzeitig die Brände. Der Inhalt und die Darstellung der Ereignisse wurden dabei stets verteidigt, etwa durch Produzentin Selena Gomez, die daraufhin heftig von dem Vater John Herndon angegangen wurde .

Auf die jüngeren Angriffe reagiert Netflix nicht mehr, es lässt den Parents Television Council munter poltern. Mit seinen Maßnahmen erkennt Netflix die Eltern-Sorgen an, behebt aber nicht deren Ursachen, sondern umzäumt die Gefahrenquellen mit Absperrbändern, auf denen "Betreten auf eigene Gefahr" steht, sinngemäß. Vor den Episoden der 2. Staffel sehen Zuschauer jetzt Warn-Clips.

Dylan Minnette in Tote Mädchen lügen nicht

Weil Netflix es kann und um den Tote Mädchen lügen nicht-Kritikern auch mit harten Fakten entgegenzutreten, gab der Streaming Dienst eine Studie  in Auftrag, deren Ergebnisse im März veröffentlicht wurden. Herauszufinden, wie Eltern und Teeanger mit Tote Mädchen lügen nicht umgehen, war das Ziel. 5.000 Teenager wurden dafür befragt. Heraus kam etwa, dass mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen nach dem Schauen der Serie sich bei jemandem entschuldigten, den sie schlecht behandelt hatten. Noch wichtiger: 71 Prozent gaben an, dass ihnen die Serie dabei geholfen hat, eigene Probleme zu verarbeiten. Jetzt steht Aussage gegen Aussage, oder Studienergebnisse gegen Tote Mädchen lügen nicht-Zuschauer, die Selbstmord begingen. Ein direkter Zusammenhang konnte bisher nicht bewiesen werden. Über allem steht nur die Furcht als Rechtfertigung von Präventiv-Schritten. Wer weiß schon, wie schlimm die 2. Staffel Tote Mädchen lügen nicht wird, und was sie bei Jugendlichen anzurichten imstande ist?

Tote Mädchen lügen nicht ist kein Netflix-Problem, sondern ein Internet-Problem

Der eigentliche Zweck der Studie und allen anderen Netflix-Maßnahmen ist aber sowieso ein ganz anderer. Die umgesetzten Schutz- und Aufklärungsmaßnahmen gehen zurück auf Wünsche der Eltern, die ebenfalls in der Studie erfragt wurden. Zwei Drittel der befragten Eltern würden sich demnach freuen, wenn die Serien-Darsteller sich in Clips an die Zuschauern wenden und ihnen erklären, wo sie im Notfall Hilfe bekommen. Auch hätten sich Eltern in der Studie gewünscht, mehr professionelle Anleitung zu erhalten, wie sie mit ihren Kindern über die Ereignisse in der Show sprechen sollen. Beide Forderungen erfüllte Netflix. Zudem wird wieder eine Abschlussdiskussion nach dem Staffelfinale eingerichtet. Die erste Ausgabe hätte Eltern dabei geholfen, ein profundes und klärendes Gespräch mit ihren Kindern zu führen. Netflix macht die 2. Staffel Tote Mädchen lügen nicht damit zu einem weltweiten Forum für die realen Probleme heranwachsender Jugendlicher. Die Inhalte mögen mitunter für junge Zuschauer verstörend sein (wie das wahre Leben auch) und die Darstellung explizit, ja, aber sie sind eingebettet in eine komplexe pädagogische Umgebung, die ein zielführende Diskussion am Gegenstand ermöglicht.

Tote Mädchen lügen nicht

Schaut hin, was eure Kinder machen

Der Ball liegt damit bei den Eltern. Indem es ihren Ängsten und Wünschen entgegenkommt, nimmt Netflix die Eltern in die Pflicht. Mit allem, was Netflix in die Wege geleitet hat, weist es auch darauf hin, dass die Verantwortung, was Kinder schauen, am Ende immer noch bei deren Eltern liegt. Dass Eltern es immer schwerer haben, zu kontrollieren, welche Inhalte ihre Kindern konsumieren, ist kein Netflix-Phänomen, sondern ein Internet-Problem. Was Netflix als verantwortungsvolles Medienunternehmen tun kann, ist warnen und die Infrastruktur für eine reflektierende Aufarbeitung liefern. An der Darstellungsweise der Serie werden die Macher nichts geändert haben. Eine laute Debatte kommt dem Streaming-Dienst ohnehin gelegen. Nur eskalieren darf sie nicht.

Denn Netflix als globalem Medienunternehmen mit kulturellem Leitanspruch ist natürlich daran gelegen, nicht als jugendgefährdend oder gar suizidverherrlichend wahrgenommen zu werden. Netflix' größter Konkurrent (und größtes Vorbild womöglich) ist schließlich Disney, dessen Familienfreundlichkeit ein Markenzeichen ist. In den Tests der Vereinigung PTC schneiden Disney-Inhalte immer besonders gut ab. Auf die PTC-Gunst wird Netflix aber wohl auch künftig verzichten müssen. Aus der Studie zu Tote Mädchen lügen nicht strickte die einen neuen Gegenschlag, der sich kaum abwehren ließ: Wenn Netflix schon eine Studie zur Brisanz von Tote Mädchen lügen nicht in Auftrag gibt, dann muss die Sache ja besonders ernst sein, schlussfolgerte der PTC-Präsident Tim Winter messerscharf.

Wenn ihr euch von der Thematik betroffen fühlt, kontaktiert umgehend die Telefonseelsorge . Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110-111 oder 0800-1110-222 erhaltet ihr Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus scheinbar aussichtslosen Situationen aufzeigen konnten.

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