Trial & Horror im Test zu Alien: Isolation

30.10.2014 - 13:30 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Alien: Isolation
Sega
Alien: Isolation
SW
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5
Neben The Evil Within ist Alien: Isolation die Horror-Hoffnung des Jahres. Ob ich mich gehörig gegruselt habe, erfahrt ihr in meinem Review.

Für Alien-Fans hätte das letzte Jahr ein schönes Jahr werden können, denn mit Aliens: Colonial Marines wartete im Februar eine einst vielversprechende Videospiel-Adaption des zweiten Films zum unheimlichen Wesen aus einer anderen Welt auf uns. Schlussendlich war der Titel von Gearbox allerdings eine große Mogelpackung, die im Voraus schlicht mit jeder Menge falscher Informationen und Bildern beworben wurde. Mehr als ein Jahr später will nun Alien: Isolation ein solches Fiasko vermeiden und uns das Fürchten im All lehren. Leider funktioniert das nur bedingt.

In Alien: Isolation spielt ihr Amanda Ripley, die Tocher von Ellen. Seit Ripleys Verschwinden im ersten Alien-Film sind ganze 15 Jahre vergangen und nun scheint es auf der Weltraumstation Sevastopol Hinweise auf ihren Aufenthalt zu geben. Kurz nach der Ankunft müsst ihr feststellen, dass die Besatzung ins Chaos verfallen ist und sich selbst vor anderen Überlebenden und vor einem Alien schützen muss, das mordend durch das Schiff zieht.

Feuer ist nicht nur für das Alien gefährlich


Die Exposition des Spiels bietet also jede Menge Stoff für schlaflose Nächte, was nicht zuletzt an der gruseligen Film-Vorlage liegt. Isolation tut gut daran, vom fantastischen Design H.R. Gigers zu zehren, wobei die – abgesehen von den holzigen Gesichtsanimationen – angemessene grafische Umsetzung einen Großteil dazu beiträgt. Für besonders viel Atmosphäre sorgen die netten Lichtspielereien; flackernde Lichter und drehende Lampen lassen mich vor allem in ruhigen Passagen angespannt bleiben. Hinzu kommt, dass der etwas trashige Retro-Sci-Fi-Stil, der schon in den Filmen verwendet wurde, perfekt in das Spiel übertragen wurde. Ich habe mich stets wie an Bord eines Raumschiffs gefühlt, das in den 1970ern designt wurde. Auch das Sound-Design macht jede Menge richtig, allerdings ist es etwas schade, dass die Musik zum Teil gescriptet ist und deshalb oft an fixen Punkten erklingt, anstatt sich dem Spielgeschehen dynamisch anzupassen. Dadurch weiß ich in einigen Situationen sofort, ob Gefahr im Anmarsch ist oder nicht.

In anderen Aspekten möchte Alien: Isolation deutlich mehr Wert auf Dynamik legen. So wurde im Voraus angekündigt, dass die künstliche Intelligenz des Xenomorphs lernt und ich mein Verhalten deswegen im Laufe des Spiels ändern muss, um mein digitales Ableben zu verhindern. Der Lernfaktor funktioniert auch erstaunlich gut – nach einigen Passagen, in denen ich mich in einem Schrank versteckte, wusste das Alien, dass ich mich darin befinde – nichtsdestotrotz sorgt die KI vor allem gepaart mit den zu seltenen Speicherpunkten für jede Menge Frust. Das Spiel verzichtet bewusst auf automatisches Sichern, meinen Fortschritt hält es nur an dafür vorgesehenen Stationen fest. Ältere Titel wie Resident Evil machen das ebenfalls, was für den ein oder anderen vielleicht sogar einen Retro-Faktor darstellt. In Alien erlebte ich es allerdings mehrfach, dass der Xenomorph mich in einigen Fällen blind passiert und in wieder anderen Situationen aus gefühlten drei Kilometern entdeckt, weswegen ich einige Passagen oft wiederholen musste. Das war mehr als frustrierend und senkte den Spielspaß deutlich.

Viel wichtiger ist allerdings, dass auch der Horror mit jedem Tod zusehends schwindet. In weiten Teilen fühlt sich Alien: Isolation deswegen eher wie ein Stealth-Titel mit viel Trial and Error an, anstatt wie ein wirklich gruseliges Horrorgame. Sobald mein Radar – ein Sensor, der Bewegungen in meiner Nähe aufnimmt und auf einer kleinen Karte darstellt – zu piepen beginnt, verschwinde ich in eines von vielen Verstecken und warte schlicht ab, bis sich das Alien wieder in die Luftschächte verkrochen hat. Dieses System funktioniert sehr gut, weswegen sich die Begegnungen mit dem Xenomorph rasch in ein mäßig spannendes Versteckspiel verwandeln. Gerade in Passagen, in denen nicht nur das Alien, sondern auch Androiden eine Gefahr für mich darstellen, muss ich nur die Bewegungsmuster der Feinde auf dem Radar verstehen und umgehen.

Der 70er-Jahre-Stil wird großartig eingefangen


Dabei helfen mir jede Menge Items, die ich selbst aus auf der Sevastopol gefundenen Komponenten zusammenbasteln muss. Dieses System funktioniert sehr gut; ich muss stets abwägen, welche Teile ich für welchen Gegenstand verwende. Mit Leuchtfackeln kann ich Patroullien ablenken und auch der berühmte Flammenwerfer ist mit von der Partie. Mit dessen Hilfe ist es mir zudem möglich, mich kurzfristig gegen den Xenomorph zu wehren, der bei Kontakt mit dem Feuer wieder in die Schächte verschwindet. Gleichzeitig weiß er nach so einer Begegnung allerdings auch, wo ich mich befinde, weswegen ich mich schnell nach einem neuen Versteck umschauen muss.

Im Laufe des Spiels fällt das allerdings immer leichter, denn Alien: Isolation schickt mich zu oft an Orte, die ich bereits besucht habe. Aus narrativer Sicht mag das das ein oder andere Mal durchaus Sinn ergeben, allerdings sorgt es dafür, dass ich mich häufig zu sicher fühle, um mich ernsthaft zu gruseln. Und nicht nur mir scheint das so zu gehen, auch Amanda Ripley ist für meinen Geschmack teilweise etwas zu selbstbewusst. So verlässt sie Schränke, in denen sie sich bis vor Kurzem noch den Atem anhaltend versteckte, stets mit einem lauten Türknallen und auch den Funkverkehr hält sie nur manchmal leise aufrecht. Solche Logikfehlerchen sind zwar nicht weltbewegend, allerdings reißen sie mich ein wenig aus der sonst sehr dichten Atmosphäre hinaus.

Mit Verstecken verbringt ihr viel Zeit


Die sorgt letztlich dennoch dafür, dass ich in Alien: Isolation stets das Gefühl habe, auf mich allein gestellt zu sein. Auf der Sevastopol sind die einzigen Überlebenden zu plündernden Menschenfeinden geworden und der Zustand der Räumlichkeiten unterstützt den Eindruck, dass auf der Station tatsächlich etwas Schreckliches passiert sein muss. Außerdem schafft es das Spiel, mir Amanda als Charakter näher zu bringen und ihre Furcht gut darzustellen. Der Zusatz "Isolation" ist hier Programm und sorgt für eine beklemmende Atmosphäre, die auch durch das Verhalten von Amanda unterstrichen wird. Teilweise hatte ich Mitleid mit ihr, wenn sie sich erneut in einer aussichtslosen Situation befand. Zudem finde ich auf Terminals, von denen es auf dem Schiff jede Menge gibt, Audio- und Text-Logs, die mir etliche Hintergrundinformationen zur Vergangenheit und zu den Umständen geben, die zum Verfall geführt haben. Auch die quer verteilten ID Tags bringen etwas Licht in das Dunkel und sind ein nettes Feature, das mich in die Spielwelt eintauchten lässt.

Fazit

All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Alien: Isolation nicht die Horror-Hoffnungen erfüllen kann, die es erweckt hat. Die Flucht vor dem bedrohlichen und tödlichen Xenomorph verkommt zu schnell zu einem repetitiven Katz-und-Maus-Spiel, dessen Spaß durch die berechenbare KI des Alien gemindert wird. Gerade die lange Spielzeit von 15 Stunden führt dazu, dass sich Schemata oft wiederholen. Die Handlung ist einfach nicht stark genug, als dass sie über so lange Zeit motivieren kann. Eine ansprechende Optik und die gelungene Atmosphäre führen letztlich dazu, dass Alien: Isolation zwar nicht als Horror-Spiel, allerdings als Stealth-Titel für frustresistente Ripley-Fans funktioniert.


Das Spiel wurde in Form eines Review-Musters von Koch Media bereitgestellt. Alle Aussagen beziehen sich auf die PS4-Version.

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