Warum der Oscar trotz Nabelschau Spaß macht

13.02.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Oscar
Academy of Motion Picture Arts and Sciences
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Am 24. Februar findet die 85. Oscarverleihung statt. Nominiert sind wie jedes Jahr lediglich Filme, die einer bereits auf Oscarkurs gebrachten Vorauswahl entstammen. Allem Irrsinn zum Trotz bereitet diese Provinzveranstaltung dennoch viel Freude.

Beim Stichwort Oscar verhält es sich ja irgendwie so: Mit einem gewissen Interesse verfolgt beinahe jeder Filmfreund Nominierungen und Auszeichnungen, aber wirklich ernst nehmen mag die Verleihung niemand. Werden Filme nominiert, die einem am Herzen liegen, dann ist die Freude groß („Hin und wieder wird eben auch dort Qualität gewürdigt.“), fehlen aber lieb gewonnene Titel oder Namen, muss eine ausgestellte Distanz gewahrt werden („Was soll man da auch anderes erwarten.“). Natürlich sind die Oscars, der Filmpreis der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, ein zweischneidiges Schwert. Es ist der alljährliche Moment, in dem einem mit Prunk und Selbstgenügsamkeit eine gewisse Schieflage des internationalen Filmmarkts so deutlich bewusst gemacht wird wie sonst nie. Der Moment, in dem die Dominanz des US-Kinos zelebriert wird, in dem sich ein kleiner Zirkel namens Hollywood als Filmnabel der Welt selbst feiert – während alle begierig vor dem Fernseher mitglotzen.

Das Baden in der eigenen Erfolgssuppe
Dieser kleine Zirkel, die paar Tausend Academy-Mitglieder also, ist in der Regel nicht geneigt, über den Tellerrand der Hollywood Hills hinweg zu blicken und zeichnet daher traditionell ausschließlich hiesige Produktionen aus. Nicht-englischsprachige Filme hat dort außerhalb der Foreign-Language-Kategorie niemand auf dem Schirm, es sei denn es handelt sich um Tearjerker mit Holocaust-Thematik (Das Leben ist schön) oder Alte-Leute-Dramen, die die überwiegend im Rentenalter befindlichen Oscar-Wahlberechtigten über den eigenen Tod sinnieren lassen (Liebe von Michael Haneke). Stattdessen werden nur Produktionen in Betracht gezogen, die quasi vor Ort entstanden sind oder zumindest finanziert wurden, und die dann, als gäbe es nirgendwo anders auf der Welt eine Filmindustrie, ganz selbstverständlich nach einem nur auf den nationalen Vertrieb orientierten Auswahlverwahren bestimmt werden. Die Oscars sind, das lässt sich natürlich schon so sagen, ein Baden in der eigenen Erfolgssuppe, die Show zur Fixierung, das Business-Event der in und um Los Angeles ansässigen privilegierten Filmschaffenden.

Vorab auf Oscarkurs gebracht
So lange einem nur klar ist, dass es sich bei den Academy Awards um eine reine Provinzveranstaltung handelt, können sie allerdings sehr viel Spaß machen. Der Irrsinn hat seinen Ursprung ja bereits in der Vor-Phase: Aus dem ohnehin enorm beschränkten Feld der nominierungswürdigen, also halbwegs relevanten Filme, die in Hollywood hergestellt werden, kommt wiederum nur eine kleine Anzahl von Titeln und Namen überhaupt für das Auswahlverfahren in Frage. Nämlich jene Produktionen, die im letzten Quartal des jeweiligen Vorjahres gestartet sind (und sei es nur limitiert, vor Ort freilich, mit einer Handvoll Kopien) und die dann mit einer aufwändigen Kampagne entsprechend positioniert werden. Das heißt im Wesentlichen, dass Filme bereits vorab auf Oscarkurs gebracht, sprich: möglicherweise auch zum Teil entsprechend konzipiert und produziert werden, und dass die Studios die hauseigenen potenziellen Gewinner quasi selbst bestimmen. Was nicht zum Jahresende mit viel Aufwand in die Wahrnehmung der Academy gebracht wird, fällt komplett unter den Tisch. Die Oscars sind also selbst innerhalb ihrer limitierten Ausrichtung noch einmal zusätzlich limitiert, was sie im Endeffekt ebenso bizarr wie vergnüglich macht.

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