Was uns Macbeth über den Assassin's Creed-Film verrät

23.05.2015 - 17:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
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Heute feiert Macbeth mit Michael Fassbender und Marion Cotillard beim Festival in Cannes Premiere. Regisseur Justin Kurzel wird auch den Assassin's Creed-Film drehen, aber was erwartet uns in der Spiele-Verfilmung?

Im Dezember 2016 startet Assassin's Creed in den deutschen Kinos. Mit Details zur Verfilmung der Spiele-Blockbuster-Reihe halten sich die Macher um Produzent und Hauptdarsteller Michael Fassbender bedeckt. Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes wurde ein erster filmischer Hinweis darauf uraufgeführt, wie Assassin's Creed im Kino aussehen könnte. Denn beim Wettbewerbsbeitrag Macbeth spielt Michael Fassbender den Shakespeare-Helden und sein Regisseur Justin Kurzel wird auch die Ubisoft-Verfilmung koordinieren. Macbeth ist das bildgewaltige Porträt eines traumatisierten Mörders.

Action in Zeitlupe
Justin Kurzel machte sich mit dem markerschütternden Serienkiller-Drama Die Morde von Snowtown einen Namen, weshalb im Vorfeld von Macbeth unklar war, wie er Schlachtenszenen angehen würde. In seiner Shakespeare-Verfilmung über den schottischen Edelmann, der aus Gier und Paranoia eine präventive Mordserie beginnt, werden die Schwerter recht früh gezückt. Eine erste Schlacht wird in extremen Zeitlupen eingefangen, Körper erstarren im Sprung, Sprint und Sturz, Dreck und Blut spritzen umher und dazwischen muss Macbeth die schmerzverzogenen Gesichter seiner Gefolgsleute im Moment des Todes ansehen. Der Krieg und mit ihm die Action nehmen in Kurzels Film apokalyptische Ausmaße an, weshalb eine spätere Sequenz sich auch in Mad Max: Fury Road gut machen würde. Wieder sehen wir die grausam-schönen Zeitlupen, neben denen 300 wie eine Klassenfahrt ins Dampfbad aussieht. Nur verschluckt eine riesige blutig-rote Wolke die Kämpfer. Ein Hang zu stilisierter Action, die über bloße Wackelkamera-Einsätze hinausgeht, ist bei Kurzel also auszumachen. Vielleicht bringt er genau die richtigen kreativen Impulse ein, um den Klettersequenzen, Attentaten und Mann-gegen-Mann-Kämpfen in Assassin's Creed eine eigene visuelle Note zu verpassen. Kopfüber in einen Heuhaufen ist Michael Fassbender in Macbeth leider nicht gesprungen.

Geschichte zum Anfassen
So dreckig wie die Kampfszenen in Macbeth wirkt auch die frühmittelalterliche Welt, die der Wettbewerbsbeitrag von Cannes kreiert. Anders als etwa die Assassin's Creed-Teile über Ezio Auditore da Firenze spielt die Shakespeare-Verfilmung in erster Linie in der Natur. Die weiten schottischen Berge und Ebenen tragen einiges zur sowohl epischen als auch gottverlassenen Stimmung des Historiensettings bei. Darin ähnelt Macbeth Kurzels Snowtown. In diesem wurde das Grauen hinter verschlossenen Türen von einer erdrückend übermächtigen Natur umgeben, innerhalb der Menschen nichts weiter als winzige austauschbare Bausteine hergeben. Nach Macbeth und Snowtown können wir indes fast sicher sein, dass Kurzels Reise in die Assassinen-Vergangenheit die Geschichte nicht nur als Parade feiner Kostüme aufbereitet.

Nix zu lachen
Dass es Snowtown, der Geschichte einer auf wahren Begebenheiten basierenden Mordserie im Australien der 90er Jahre, nichts zu lachen gibt, kann sich jeder denken. So niederschmetternd hoffnungslos, wie der Film daherkommt, ist es ein Wunder, dass die australische Tourismus-Branche überhaupt noch existiert. Bei Macbeth wurden Shakespeares humoristische Einlagen offenbar bewusst aus dem Drehbuch von Jacob Koskoff, Michael Lesslie und Todd Louiso verbannt. Eine berühmte Szene zwischen einem betrunkenen Pförtner und Macduff fehlt beispielsweise ("Was sind denn das für drei Dinge, die der Trunk vorzüglich befördert?" - "Ei, Herr, rote Nasen, Schlaf und Urin."). Bei Shakespeare diente sie als Comic-Relief nach den Morden im vorangegangenen Akt. Ausatmen dürfen wir in Kurzels Version hingegen erst beim Abspann und selbst der ist blutrot und todernst. Bedeutet das, Kurzels Assassin's Creed wird ein pessimistisches Historiendrama, in dem alle trist dreinblicken und im jambischen Fünfheber sprechen? Wohl eher nicht. Doch wenn Ubisoft Motion Pictures seinen Assassin's Creed-Film "dark and gritty" wünscht, liegt der Auftrag mit Justin Kurzel beim richtigen Mann.

Ein traumatisierter Held
Die Stimmung von Snowtown und Macbeth ist unter anderem auf jene Figuren zurückzuführen, aus deren Sicht die Filme erzählt werden. In Snowtown aus dem Jahr 2011 ist das der 16-jährige Jamie, der mehrfach missbraucht wurde. Macbeth wird von Michael Fassbender derweil als traumatisierter Krieger interpretiert, der im Verlauf der Adaption den Bezug zur Realität verliert. Beide, der australische Jugendliche und der schottische Edelmann, werden aus dieser Position der Schwäche heraus zum Töten verleitet. Jamie wird zum Komplizen des sadistischen Vater-Ersatzes John Bunting, Macbeth dezimiert unter Einfluss seiner Frau (Marion Cotillard) den schottischen Adel. In Assassin's Creed könnte sich ein ähnliches Verhältnis finden, schließlich drehen sich die Spiele um undurchsichtiger Bünde, die einander seit Jahrhunderten an den Kragen wollen.

La Cotillard & Le Fassy
Was nach Sichtung von Macbeth feststeht: Die Chemie zwischen Michael Fassbender und Marion Cotillard stimmt. Liebe, Trauer und ein kompensierender Ehrgeiz finden sich in der Schnittmenge ihrer Figuren Macbeth und Lady Macbeth. Scheinen die Shakespearschen Dialoge manche Szenen zu erlahmen, gelingt die Synthese von Kurzels hypertragischer Ästhetik und dem Stück des Barden am ehesten zwischen den beiden verschwörerischen Ehepartnern. Da Marion Cotillard auch in Assassin's Creed mitspielen wird, können wir uns auf eine baldige Wiedervereinigung der beiden Akteure freuen. Dabei wird viel von der Vision der Verantwortlichen bei Ubisoft Motion Pictures abhängen, welche die kreative Kontrolle über die Adaption des Franchise innehaben. Mit Justin Kurzel wurde jedenfalls einer der interessanteren Regisseure der letzten Jahre für die Videospielverfilmung an Bord geholt.

Macbeth startet in Deutschland am 29.10.2015 in den deutschen Kinos, Assassin's Creed folgt am 29.12.2016.

Wünscht ihr euch einen möglichst düsteren Assassin's Creed-Film?

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