Wie das Batmobil mir fast Batman: Arkham Knight ruinierte

06.07.2015 - 11:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Batman: Arkham Knight im Test
Warner Bros.
Batman: Arkham Knight im Test
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Zum letzten Mal schwingt sich der Dunkle Ritter unter der Führung der Rocksteady Studios durch Gotham City – und zum ersten Mal rast er mit dem Batmobil durch die Straßen der Stadt. Warum mir das fast das Spiel ruiniert hätte, erfahrt ihr in meinem Review.

Be the Batman. Das war die Botschaft, die uns seit der Ankündigung von Batman: Arkham Knight  begleitete und darauf vorbereitete, dass Batmans finales Arkham-Abenteuer in den Händen von Rocksteady Studios nicht nur sein spektakulärstes, sondern gleichzeitig auch sein authentischstes werden würde. Letztendlich konfrontiert uns der Entwickler allerdings mit dem genauen Gegenteil: Nie habe ich mich in einem Arkham-Spiel weniger wie Batman gefühlt.

Schuld daran ist das Batmobil, mit dem wir schon im Vorfeld nahezu bombardiert wurden. Sehr passend im Prinzip, denn genauso aufdringlich wie es in Trailern war, ist Batmans Panzer dann auch im Spiel, wenn nicht sogar noch schlimmer.

Batman vs Arkham Knight


Zu verdanken haben wir das dem titelgebenden Arkham Knight, der gemeinsam mit einer Armee aus Söldnern die nahezu leeren Straßen von Gotham City unsicher macht, nachdem Scarecrow mit dem bisher verheerendsten Anschlag seines Fear Gas droht. Weil das den Dunklen Ritter allerdings kaum beschäftigen dürfte, terrorisieren nicht nur Two-Face und Penguin das, was von der Stadt übrig geblieben ist, sondern auch Harley Quinn ist nach dem Tod des Jokers zurückgekehrt, um da weiter zu machen, wo ihr geliebter Clown Prince of Crime aufgehört hat.

Gerade Two-Face und Penguin spielen allerdings nur eine verhältnismäßig kleine Rolle in relativ belanglosen Nebenquests. Der einzige Grund, warum sie mich bei der Stange halten konnten, war, dass sie Abwechslung zum repetitiven Panzer-Geschehen boten, auf das ich später noch eingehen werde.

Nicht, dass diese Quests unbedingt ein Quell der Vielfältigkeit gewesen wären, allerdings bot die Penguin-Mission die Möglichkeit, mit Nightwing zusammenzuarbeiten, was nicht nur hartgesottene DC-Fans freuen dürfte, sondern gleichzeitig ein spannendes, neues Gameplay-Element im Kampfgeschehen war.

Auch das bekannte Stealth-Gameplay wird durch neue Elemente noch verbessert


Bis auf weiteren Feinschliff, der die Bewegungen noch flüssiger macht, hat sich nicht viel am noch immer makellosen Freeflow-Kampfsystem geändert, für das Batman berühmt ist. Interessant ist jedoch die Gemeinschaftskomponente, sobald ihr eine Mission mit Catwoman, Nightwing oder Robin bestreitet und nahtlos zwischen den beiden Charakteren hin- und herwechseln könnt.

Die Steuerung bleibt, nur die Bewegungen verändern sich leicht – der ehemalige Akrobat Nightwing bewegt sich zum Beispiel deutlich anders als sein schwerfällig-brutaler Ex-Partner Batman und auch Catwoman ist um einiges graziler. Dank gemeinsamer Finisher ist es einfacher, besonders hartnäckige Gegner aus dem Verkehr zu ziehen, was in manchen Missionen entscheidend sein kann.

Das Teamwork zwischen Nightwing und Batman oder Robin und Batman zu sehen, war als langjährige Batman-Leserin eines meiner Highlights des Spieles, da seine Partner/Familie sonst eher als Fußnote oder Easter Eggs in Spielen aufgetaucht sind und höchstens in DLCs oder auf Challenge-Maps spielbar waren.

Batman und Robin im gemeinsamen Kampf


Familie ist eines der zentralen Themen von Batman: Arkham Knight, was dem Spiel im Vergleich zu den eher kühlen Arkham Asylum  und Arkham City  eine interessante Note gibt, die sich durch die gesamte Handlung zieht. Nicht nur die Beziehung zu seinem Ziehvater Alfred und seinen Adoptivsöhnen spielt eine größere Rolle, sondern auch die zu seiner erweiterten Familie, Jim und Barbara Gordon, die je eine andere Maske des Dunklen Ritters kennen. Obwohl es leicht wäre, Batman gerade im Bezug auf Scarecrows Angst-Spiele als emotionslos zu bezeichnen, gibt es immer wieder Momente, in denen seine Menschlichkeit durchschimmert, die er mit aller Macht zu unterdrücken versucht, um Gotham beschützen zu können.

Das Spiel mit der Angst fällt in Arkham Knight anders aus als zuvor. Dieses Mal gibt es keine surrealen Albtraumlandschaften, in denen ihr euch vor dem tödlichen Blick eines gigantischen Scarecrows verbergen müsst. Stattdessen werdet ihr auf eine Schnitzeljagd durch ganz Gotham geschickt, um einen Weg zu finden, Scarecrows Pläne immer wieder zu durchkreuzen. Denn wie es sich herausstellt, macht die tödliche Wolke, die er freisetzen will, nicht an den Grenzen der Stadt halt.

Unterstützung erfährt Scarecrow dabei vom ominösen Arkham Knight, dessen wahre Identität niemand zu kennen scheint. Er hingegen kennt nicht nur Batman, sondern auch die Art, wie der Dunkle Ritter arbeitet, bis ins kleinste Detail. Das sorgt dafür, dass Batman: Arkham Knight mit weitaus vielfältigeren Kämpfen aufwarten kann, als noch die Vorgänger – zumindest, wenn es um normale Kämpfe gibt, denn Bosskämpfe gibt es quasi keine.

Arkham Knight beeindruckt mit clevereren Gegnern


Anders als in Batman: Arkham City oder sogar Warner Bros. Montreals Batman: Arkham Origins  unterscheiden sich die verschiedenen Straßenbanden dieses Mal. Es gibt einige neue Gegnertypen, die euch das Leben schwer machen, indem sie zum Beispiel von euch bereits ausgeschaltete Kameraden wiederbeleben oder euren Detektivsinn stören oder euch durch ihn orten können. Natürlich gibt es auch neue Gadgets, mit denen ihr dem entgegenwirken könnt.

Interessant ist besonders, dass gerade die Söldner des Arkham Knights taktischer vorgehen und sich nicht so einfach ausschalten lassen wie zum Beispiel Two-Faces Anhänger. Allgemein kann Arkham Knight nicht nur mit einer größeren Gegnervielfalt, sondern auch mit einer besseren KI dienen, sowohl in Kämpfen als auch dazwischen.

Poison Ivy hat einige der wenigen Gastauftritte


Leider bezieht sich das nur auf normale Feinde, da Batman: Arkham Knight durch einen enttäuschenden Mangel an Superschurken auffällt, mit denen wir in den Vorgängern offenbar verwöhnt wurden. Nebenquests und Gastauftritte sind Mangelware, was gerade für das Finale einer Trilogie enttäuschend ist. Lediglich ein oder zwei Nebencharaktere sind so fantastisch, dass sie diese Abwesenheit fast ausgleichen können. Leider auch nur fast.

Die Unterhaltungen, die ihr belauschen könnt, sind cleverer und abwechslungsreicher als in den vorhergehenden Spielen, in denen man ab einem bestimmten Punkt das Gefühl hatte, immer wieder dieselben fünf Sprüche zu hören. In Batman: Arkham Knight hat es sehr lange gedauert bis ich die erste Dopplung gehört habe und selbst danach kamen noch interessante Diskussionen auf, die mich haben innehalten und zuhören lassen – und das nicht nur, weil sie sich über die teilweise sogar für Comicverhältnisse bizarre Handlung lustig gemacht haben.

Ich kenne das Gefühl ...


Die Geschichte von Batman: Arkham Knight ist eine Achterbahnfahrt des Irrsinns – im Guten wie im Schlechten. Während sie mit einigen interessanten Wendungen und Überraschungen daher kommt, sind Momente, die ohne Zweifel als große Schockmomente gedacht waren, sehr vorhersehbar. Nicht nur die Auflösung um den Arkham Knight, auch das eigentliche Ende lassen sich in die Schublade "gut gemeint, aber ..." stecken und sind alles in allem unbefriedigend, sowohl narrativ als auch im Gameplay.

Enttäuschend ist dabei weniger die Identität des Arkham Knight, sondern vielmehr die Lustlosigkeit, mit der er im Anschluss fallengelassen wird. Es scheint so, als wäre er für Rocksteady nur so lange interessant, wie sie mit seiner "unbekannten" Persönlichkeit spielen können, danach haben sie kaum noch Verwendung für ihn.

Eine positive Überraschung hingegen ist Gotham City selbst, das trotz der Evakuierung (anders als in Batman: Arkham Origins) vor Leben nur so vibriert. Gotham wirkt selbst unter dem konstanten Regenschleier lebendig. Ihr hört nicht nur an jeder Ecke die bereits erwähnten Gespräche, ihr könnt außerdem Banden dabei beobachten, wie sie Autos stehlen, um Spritztouren zu unternehmen, hört in der Ferne Reifen quietschen und Sirenen heulen. Bekannte DC-Charaktere haben zumindest passive Auftritte in Form von ihnen gewidmeten Clubs und die Lichter der Stadt tauchen Gotham im Dauerregen in ein Schattenspiel aus Neonfarben und Dunkelheit.

Gotham City bei Nacht


So schön Gotham City allerdings auch ist, so sehr stören mich daran zwei Dinge. Einmal, dass der Mangel an Nebenmissionen letztlich auch einen Mangel an unterschiedlichen Schauplätzen bedeutet hat, wie wir ihn aus den Open World-Vorgängern – das klaustrophobische Arkham Asylum einmal ausgeklammert – kannten. Zwar führt uns Batman: Arkham Knight sowohl in den Untergrund als auch in luftige Höhen, trotzdem lässt es sich kaum mit z.B. dem Wunderland in Arkham City vergleichen, was schade ist.

Das zweite Problem, an dem ich mich störte, ist, dass die Stadt sich immer wieder selbst aufgebaut hat, nachdem ich sie mit dem Batmobil in Trümmer gelegt hatte. Vielleicht sollte ich dafür allerdings dankbar sein, schließlich wurde ich so oft hinter das Lenkrad gezwungen, dass sonst schon nach der Hälfte des Spiels nicht mehr viel von Gotham übrig geblieben wäre.

Das größte Problem am Batmobil ist, dass die Entwickler von Rocksteady Studios nicht auf die Idee kamen, dass es vielleicht keinen Spaß machen könnte und es daher in einem solchen Übermaß in das Spiel einbauten, dass es jedes Quäntchen Spielspaß, das ich damit vielleicht gehabt hätte, unter quietschenden Reifen begrub. Oder in die Luft jagte, denn obwohl Batman bekanntlich Schusswaffen hasst, hat er offenbar kein Problem mit Raketen, Gummigeschossen oder Elektroschocks gegen Gegner vorzugehen.

Menschen lassen sich nur Schocken und mit Gummigeschossen aus dem Weg schaffen (weil das "nicht tödlich" ist – auch nicht, wenn ihr danach noch mit dem Batmobil über die leblosen Körper rollt), unbemannte Panzer hingegen mit Raketengeschossen. Schon in der Theorie ist das Batmobil so hirnrissig overpowered, dass es sogar den Entwicklern aufgefallen ist, die dann natürlich Batmans Feinde entsprechende Kommentare in den Mund legten. Was als Witz gemeint war, wirkt vielmehr wie eine traurige Wahrheit, die sich niemand ernsthaft eingestehen wollte.

Ich hasse dich


"Ohne deinen Wagen bist du nichts" hörte ich mehr als einmal jemanden rufen und ich dachte mir, dass er im Fall von Batman: Arkham Knight vielleicht recht haben könnte. Die Entwickler nutzen jede Ausrede, die sie bekommen können, euch hinter das Lenkrad zu zwingen und bieten dabei keinerlei Alternative. Wieso auch wie zuvor den Line Launcher nutzen, um eine Schlucht zu überwinden, wenn man auch mit dem Batmobil über die Decke rasen kann? Vielleicht wäre mein Urteil über das Batmobil weniger harsch, wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass es Schuld an der fehlenden Substanz ist, an der Batman: Arkham Knight an anderen Punkten leidet.

Anstatt zum Beispiel abwechslungsreiche Nebenquests mit bekannten Superschurken und Charakteren, bekommen wir eine absurde Zahl an immer gleichen Panzerkämpfen. Selbst wenn sie am Anfang noch Spaß machten, verblasste der schnell aufgrund ihrer lächerlichen Menge. Denn nicht nur, dass die Nebenquests voller Drohnen waren, die ausgeschaltet werden mussten, auch die Hauptmission zwang euch immer wieder dazu. Die Abwechslungslosigkeit dieses Gameplays ließ sich auch nicht durch neue Batmobil-Features verbessern, die den Kampf nur unwesentlich spannender machten.

Batman: Arkham Panzersimulator


Hilfreich war auch nicht, dass sich das komplette Auftreten des Riddlers ebenfalls um das Batmobil zu drehen schien. Zwar gab es in Gotham City noch immer Trophäen einzusammeln, die Riddler-Mission selbst, in der ihr Catwoman retten müsst, ist eine einzige Auto-Show, in der ihr entweder Rennen fahrt oder mit dem Batmobil banale Rätsel lösen müsst. Das Ganze mit dem Riddler in Verbindung zu bringen, ist schon fast eine Beleidigung für Edward Nigma.

Ab einem gewissen Punkt stellt sich das Gefühl ein, dass Batman in der Tat "nichts" ohne seinen Panzer ist, der so subtil ins Spiel eingeführt wird, wie das Wort "Panzer" bereits vermuten lässt. Jede Freude daran, endlich durch die Straßen Gothams rasen zu können, verschwindet früher oder später unter den Reifen des Batmobils.

Fazit

Batman: Arkham Knight ist weder das Spiel, das Fans brauchen, noch das, das sie verdient haben. Das Finale der Rocksteady-Trilogie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ein technisch wie inhaltlich unausgegorener, liebloser Abschluss einer ansonsten fantastischen Reihe zu sein. Obwohl es viele erinnerungswürdige Momente hat, kämpft es mit zu vielen Schwächen, die stellenweise zu überwiegen drohen. Zu großen Teilen solide und spaßig fehlt Arkham Knight letztlich das Batman-Gefühl der Vorgänger und gerade das hätte der Abschluss der Arkham-Trilogie von Rocksteady dringend gebraucht.

Die PS4-Version von Batman: Arkham Knight wurde uns für dieses Review von Warner Bros. zur Verfügung gestellt. Die PC-Version hatte ich vorbestellt, nur um feststellen zu müssen, dass sie unspielbar ist. Weitere Informationen dazu erhaltet ihr hier.

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