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Wie die Zukunft unsere Vergangenheit beeinflusst

25.11.2014 - 15:02 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Toller Film, bescheuerte Logik.Concorde Filmverleih GmbH
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Schon im Kino sind mir LOOPERs Logiklücken auf den Sack gegangen. Nun habe ich mir den Streifen ein zweites Mal zu Gemüte geführt und beschlossen, etwaige Ungereimtheiten in einem Artikel zu entlarven!

In den meisten Zeitreise-Geschichten gilt folgendes Prinzip: Alles beeinflusst alles. Selbst kleinste Veränderungen haben verheerende Folgen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Butterfly Effect: Jedes Mal, wenn Evan von einer Reise in die Vergangenheit zurückkehrt, hat sich seine Gegenwart komplett verändert. Alles, was ihm bleibt, sind Erinnerungen an die Zeit vor seinem Zeitsprung. Zu diesen gesellen sich im Augenblick seines Erwachens ganz viele neue, so viele, dass er davon Kopfschmerzen bekommt. Sein Gehirn stößt an die Grenzen seines Fassungsvermögens.

Looper hingegen verfolgt ein ein bisschen anderes Prinzip: (Achtung: SPOILER!) Die Situation ist folgende: Ein Zeitgereister verliert Schritt für Schritt Gliedmaßen. Zuerst nur einen Finger, dann die ganze Hand, schließlich seinen kompletten Unterarm. Und so weiter. Die Ursache: Sein jüngeres Selbst wurde gefangengenommen. Um den Zeitgereisten an seiner Flucht zu hindern, schneidet man seiner habhaft gewordenen Variante einen Finger nach dem andren ab. Der Zustand des Fliehenden aktualisiert sich. Klingt logisch, ist aber nicht so. Denn theoretisch müsste sich der ganze Raum um den Entflohenen verändern! In dem Moment, da sein jüngeres Ich beide Beine verliert, kann seine zukünftige Version unmöglich entwischen! Was so viel heißt wie: Seth wäre erst gar nicht in diese Lage gekommen!

Nichts anderes gilt für den Schluss: Joseph Gordon-Levitt erschießt sich, weil er sieht, was der Tod der Mutter aus dem kleinen Cid macht: einen wütenden Jungen, der später einmal „Regenmacher“ genannt werden wird. Im Augenblick seines Todes löst sich sein zukünftiges Ich in Luft auf. So weit, so gut. Dann passiert etwas sehr Dummes, nämlich: nichts!

Tatsächlich müssten wir uns mit Josephs Tod in einer völlig anderen Szenerie wiederfinden. Indem er sich selbst tötet, beraubt er nämlich seine zukünftigen Richter der Möglichkeit, ihn in 30 Jahren zurück zu schicken. Er wird seinen Loop nie schließen können, geschweige denn so sterben, wie er es getan hat, was ein Paradoxon ist ...

Aber okay, sind wir mal nicht ganz so kritisch, gestehen wir dem Film sein löchriges Logikkonzept zu und schauen uns dafür die Handlung etwas genauer an: Der Regenmacher wird zum Regenmacher, weil er mit ansehen muss, wie seine Mutter von einem Looper erschossen wird. Nun wird dies allerdings von Simmons verhindert. Folgerichtig wird es den Regenmacher nie geben. Und damit auch niemanden, der einem kleinen Jungen nach dem Leben trachtet.

„Zeitreisen sind noch nicht erfunden“, heißt es, „aber in 30 Jahren werden sie es sein!“ Was nicht heißt, dass man bis dahin verstanden hat, wie sie funktionieren! – In einer Szene sehen wir Joseph seinen Loop schließen und mit seinem ganzen Geld nach Asien verschwinden. In der Wirklichkeit allerdings, die wir als Zuschauer von Anfang an verfolgen, nicht. In der Zukunft begehrt Bruce Willis gegen seine Richter auf, streift seine Vermummung ab und setzt sich in die Zeitmaschine. In der Gegenwart erscheint er ohne, was sein Konterfei dazu veranlasst, zu zögern. Sein zukünftiges Handeln beeinflusst also die Vergangenheit, etwas – cinematographisch betrachtet – vorher noch nie Dagewesenes! (SPOILER-Ende)

Ich muss an Interstellar denken: Hier wurden Zeit und Raum von der Liebe eines Vaters zu seiner Tochter überwunden. In Looper ist es die Liebe zwischen Mann und Frau, die jedweder Logik trotzt und selbst die Fesseln der Vorherbestimmung sprengt.

Anders kann man sich Looper nur so erklären: Es gibt unendlich viele Versionen von Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Und die Zeitsprünge Loopers finden nur in solchen statt, die sich nicht allzu sehr von ihren Ausgangsbedingungen unterscheiden. Was allerdings bedeutet: Was mit einem „Zeitreisenden“ passiert, hat nicht unbedingt weltimmanente Konsequenzen. Was die Story ad absurdum führt …

Es gibt Filme, die haben etwas Besonderes. Die sind detailverliebt, kultig (Zurück in die Zukunft) oder handeln eigentlich mit einer ganz anderen Thematik (Interstellar, Butterfly Effect). Bei ihnen kann man schon mal ein Auge zudrücken, über aufklaffende Logikkrater hinwegsehen. Bei Looper allerdings nicht. Da springt einem das Absurde schreiend ins Gesicht.

Nichtsdestotrotz hat er gute Schauspieler und eine beeindruckende Performance vorzuweisen. Lässt man sich auf die Physik des Filmes ein, kann er durchaus Spaß machen. Wenigstens eine Reise, die einem niemand madig machen kann! ;-)

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