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Willkommen im Club

29.08.2015 - 09:00 Uhr
Fight Club
Fox
Fight Club
8
12
Aktion Lieblingsfilm 2015


Worüber schreiben? Etwas persönliches, dass der eigenen Anforderung gerecht würde? Einen Film der die Co-piloten bewegt? Das Ergebnis der Überlegungen... so einfach, so offensichtlich, so unkreativ: „Fight Club“, einer der vermeintlich besten Filme aller Zeiten, hier auf Moviepilot wohl am häufigsten unter den persönlichen Favoriten zu finden.

Fight Club, meinen…


“No, wait. Back up. Let me start earlier.”

Ein Junge, welcher vor nicht allzu langer Zeit angefangen hatte sich dem Zufall nach Filme auszuleihen, besucht malwieder die Videothek seiner Wahl…Dieser Abend soll das wichtigste filmische Erlebnis seines Lebens werden. Doch das weiß er natürlich noch nicht…er ist auf der Suche nach Unterhaltung. Irgendwas mit Action und ab 18, natürlich…Plötzlich entdeckt er das Cover eines Films, mit dem Typen aus Troja. In der Hoffnung der Titel sei Programm nimmt er den Streifen mit nach Hause…und erwacht Stunden später wie aus einem Traum. Er fühlt sich der Rolle des Jugendlichen entflohen, wie ein anderer Mensch oder doch eher wie neu geboren...

“It’s only after we’ve lost everything that we’re free to do anything.”

Nie zuvor hatte er etwas gesehen, dass sein Leben, seine Prinzipien, den Sinn seiner Existenz derart in Frage stellte, nie einen Film der ihn derart in seinen Bann zog, der aus seiner Sicht absolut perfekt war. Den einen Film der seine Einstellung diesem Medium gegenüber für immer ändern sollte.

“The things you own end up owning you”

Was nun anfangen mit den neuen Erkenntnissen über die Perversion der modernen Gesellschaft in ihrem sinnlosen Streben nach irrelevantem materiellem Besitz...ihrer Oberflächlichkeit?
Die Entscheidung fiel ihm zunächst leicht, gleich noch mal den Film schauen, das Erlebnis versuchen zu wiederholen, die Emotionen erneut erleben …
Aber danach? Wäre es sinnvoll sein Leben der Suche nach vergleichbaren Filmen zu widmen, oder gleiche dies einer unendlichen Odysee?
Er kommt zu dem Entschluss, dass der Versuch es nur wert sein konnte.
So entfachte Fight Club in einem Jungen die Liebe zum Film und auch wenn es ihm bisher nicht gelang die filmische Erfahrung eben jenes Abends zu wiederholen, er bisher kein Werk fand welches ihn derart begeistern konnte wie der für ihn noch immer nicht minder faszinierende benannte Film der seine Jugend tiefgehend prägte, so bereut er es doch heute nur selten so viel seiner Zeit dieser Suche gewidmet zu haben. Willkommen im Club. In der Welt derjenigen, die gezielt Filme schauen, nicht zum alleinigen Zeitvertreib sondern aus dem Bedürfnis heraus Visionen der Regisseure zu teilen, die Filmkunst zu erleben...
But lets get back to why you’re reading this...

“People are always asking me if I know Tyler Durden.”

Wer ist Tyler Durden? Mit dieser für den Film essentiellen Frage beginnt Fight Club, der einem auf filmischer Ebene so einiges bietet. Zum einen zwei mit Edward Norton& Brad Pitt perfekt besetzte sowie exzellent gespielte Protagonisten, zum anderen eine durch David Fincher grandious zynisch in Szene gesetzte Geschichte, eine Parabel auf den Drang nach Ausbruch aus der Monotonie, welche sich durch polarisierende Bilder und den Gänsehaut hervorrufenden Soundtrack für immer im Gedächtnis festsetzt.
Aber Fight Club lässt sich eben nicht nur auf jene rein objektive Ebene beschränken, denn so wie der namenlose Protagonist den Zuschauer teilweise direkt anspricht, so ist es auch die Intention des Filmes, den Zuschauer durch die Dia- doch eigentlichen Monologe anzusprechen, ihn in die gesehenen Erlebnisse mit einzubeziehen und existenzielle Fragen zu stellen, die jenen dann selbst in Monologen über das eigene Leben philosophieren lassen...

“Do you know Tyler Durden?“

Ist er unser aller Albtraum oder doch ein mit Argwohn zu betrachtendes Vorbild?
Jemand der einfach das tut, was ihm grade in den Sinn kommt, der sein Leben in Simplizität von Tag zu Tag lebt wie es kommt, so wie wir es eigentlich auch leben möchten, aber eingeschränkt durch gesellschaftliche Konventionen nicht können. Albtraum gesellschaftlicher Strukturen während Vorbild für Individuen in eben jener?

„We buy things we dont need with money we don’t have to impress people we don’t like”

Eine Person, welche sich nach Erleben dieses Filmes nicht die Frage stellt, ob sie mit ihrem Konsumbedingten Dasein glücklich ist, ob auf derart sinnentleerte Weise wirklich das doch so kurze und so einmalige Zeitpensum verbraucht werden sollte, ganz ohne dem Bedürfnis zu folgen etwas zu ändern, ob das momentane Erlebnis der Existenz wirklich im eigenen Interesse liegt, ja solch eine Person wäre beneidenswert.

“This is your life, and it’s ending one minute at a time.”

Wollen wir unser Leben nicht lieber in vollen Maßen ausleben? Was wenn wir jetzt auf der Stelle alles hinwerfen könnten um das vermeintliche Glück, das vermeintliche Ziel zu erreichen?...Ich würde es vermutlich tun...und ebenso tun es auch der Protagonist...

“Hitting bottom isn’t a weekend retreat. It’s not a goddamn seminar. Stop trying to control everything and just let go! LET GO!”

Dabei ist es für die Realitätsflucht des Charakters nebensächlich, ob alles aufgegeben wird um auf eine einsame Insel zu ziehen, oder sich eben einer Gruppe angeschlossen wird, deren Ziel der Abschluss mit Bisherigem und resultierend die absolute Anarchie ist.
Nur das Ende der Langeweile, das Ende der ewigen Monotonie ist wichtig.
Nur das ehrliche Erleben des Lebens zählt!
“God Damn! We just had a near-life experience, fellas.”

Durch die Verwendung der Anarchie als einzigen ersichtlichen Ausweg ist Fight Club auch als Warnung zu deuten.
Als Warnung davor wie leicht wir uns beeinflussen lassen, wie leicht wir unsere Prinzipien verwerfen, wie leicht wir selbst zu „Weltraumaffen“ werden, die tun was ihnen gesagt wird solange sie nur zu etwas neuartig Aufregendem geführt werden.
Es braucht lediglich einen Animator, jemanden, der es schafft uns von seinen Prinzipien zu überzeugen, uns für seine Einstellung zu begeistern und unsere Verachtung für die breite Masse braver Schafe auf ihrem einseitigen Weg zur Schlachtbank zu fördern.

“What do you want? Wanna go back to the shit job, fucking condo world, watching sitcoms? Fuck you, I won’t do it.”
Und dann, wenn wir erst einmal Freiheit genossen haben, die uns die Abwesenheit von Regeln und Gesetzen bietet, würden wir dann wirklich diese uns gegebene Freiheit wieder aufgeben? Denn wieso sollten wir? Wenn uns die moderne Gesellschaft dieses Recht verwehrt, warum nehmen wir es uns nicht einfach?
Doch wie viel ist dir deine Freiheit wirklich wert?
“Time to stand up for what you believe in!“
Streben wir letztendlich alle danach frei zu sein, zu tun was wir wollen?

Ein weiteres Gedankenspiel des Films befasst sich mit dem, in engem Zusammenhang mit der Frage nach Sinn der Existenz und dem Verlangen nach Ausbruch aus der Gesellschaft stehendem, in frage gestelltem Motiv der Männlichkeit innerhalb der modernen, westlichen Welt.

“Is that what a real man should look like?“
Zum einen die Frage, weshalb wir uns doch so oft nach den gängigen Schönheitsidealen richten, die uns die Werbung sowie die gesellschaftliche Norm vorschreibt.
Sind wir nicht eigenständig denkende Wesen, die selbstständig entscheiden können und sollten, wie sie auszusehen und sich zu verhalten haben? Nicht individuelle Charaktere deren Inneres zu jeder Zeit im Äußerem gespiegelt werden darf? Und dennoch werden wir in unsere Rolle gezwungen, ungeachtet unserer animalischen Triebe und Verhaltensweisen, die uns als Mann definieren.

“We’re the middle children of history. No purpose or place. We have no Great War. No Great Depression. Our Great War’s a spiritual war…our Great Depression is our lives. We’ve all been raised on television to believe that one day we’d all be millionaires, and movie gods, and rock stars. But we won’t. And we’re slowly learning that fact. And we’re very, very pissed off.”
Damit verbunden steht die Frage nach dem Sinn “Mann zu sein”, in einer Zeit in welcher der letzte wahre Sinn der großen Liebe zu selten mehr als einem feuchten Traum verkommt. In einer Zeit die uns jegliche Möglichkeit nimmt unsere Männlichkeit auszuleben, haben wir doch nichts zu beschützen, müssen nicht mehr um unser Überleben kämpfen...
Ein Motiv welches im Fight Club aufgegriffen wird, etwas, dass uns aus ebenjener Langeweile und Sinnlosigkeit des Lebens retten könnte, dass unserer Existenz wieder einen Sinn geben würde...falls wir es denn zulassen...

“Without pain, without sacrifice, we would have nothing.”
Denn schließlich sind wir Männer, wir wollen nicht länger in Watte gepackt durch ein statisch gewordenes Leben torkeln, dessen Fortführung zu einfach ist.
Wir brauchen etwas für das wir kämpfen können, für das es sich zu kämpfen lohnt, etwas, dass uns wieder aufleben lässt…!

Und genau deshalb,
weil Fight Club zur Selbstreflektion anregt, uns über das Leben und dessen Sinn nachdenken lässt sowie uns letztendlich mit der wichtigen aber eben auch schmerzhaften Frage zurücklässt, ob wir im Hier und Jetzt wirklich glücklich sind,
ja deshalb schreibe ich hier eben nicht nur über einen Film.
Ich schreibe
über Kunst mit einer Aussage
über ein wahrhaftiges Meisterwerk über Emotionen
über meinen Lieblingsfilm!

~

Dieser Community-Blog ist im Rahmen der Aktion Lieblingsfilm 2015 entstanden. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Medienpartnern und Sponsoren für diese Preise:



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