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Wir müssen aufhören, weniger zu erwarten!

15.10.2014 - 14:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
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Polygram Filmed Entertainment
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Kennt ihr das nicht auch? Euer Lieblingsregisseur dreht einen neuen Film oder der von eurem Lieblingsschauspieler steht schon in den Startlöchern, aber ihr traut euch nicht in Euphorie auszubrechen, weil ihr Angst habt, dass der Film euch enttäuschen könnte. Was klingt wie eine Seifenoper über die Höhen und Tiefen der Liebe zum Film, ist eigentlich auch genau das. Ein kleines Plädoyer über große Erwartungen und warum wir diese auch haben dürfen.

Erst neulich habe ich mich mit einem Moviepiloten über Interstellar unterhalten. Ich sagte, dass ich mich sehr auf den Film freue, aber mir keine weiteren Trailer dazu ansehe oder mir irgendwelche Kritiken durchlese. Ich möchte mich ja überraschen lassen. Im Klartext heißt das, ich möchte mir nicht zu viel Hoffnung machen und zu hohe Erwartungen aufbauen. Meistens ist es tatsächlich so, dass man damit auf der sicheren Schiene fährt und man nach dem Film weniger enttäuscht ist, wenn er doch nicht der große Reißer geworden ist. Aber gleich nach diesem Dialog habe ich mir gedacht, dass es das doch nicht sein kann. Ich stelle meine Erwartungen und meine Vorfreude zurück, um dann so wenig emotional wie möglich darauf reagieren zu können, wenn mein heiß ersehntes Kino-Highlight floppt? Würden dann nicht eigentlich die besten Wut-Kommentare entstehen? Das kann eigentlich nicht der richtige Weg sein. Das ist Pessimismus nie! Ich denke mir, dass, wenn ich 7 bis 12 Euro für ein Kinoticket ausgebe, ich doch den Anspruch darauf habe, hohe Erwartungen zu hegen. Na klar verdammt, ich bezahle dafür! Und wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, dann kann ich das wohl auch zum Ausdruck bringen. Leider hat sich die Low-Expectations-Methode bei mir festgesetzt. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich meiner Freude für einen kommenden Filmstart mal so richtig Luft gemacht habe. Dieses Jahr habe ich mal öfter erwähnt, wie sehr ich mich auf Sin City 2: A Dame to Kill For freue. Aber auch hier habe ich versucht im Vorhinein so wenige Informationen wie möglich einzuholen und die Hoffnung auf die Knaller-Fortsetzung zu dämpfen. Tja, leider ist er bei mir gefloppt und die LE-Methode hat mich wieder davor bewahrt, dass mein kleines Herzlein zerbricht.

Meine Vermutung ist allerdings, dass wir da in einer teuflischen Spirale drin stecken. Wir gehen mit niedrigen Erwartungen in einen Film. Bewerten ihn danach mit milder Nachsicht. Die Filmemacher denken, es ist alles paletti, denn immerhin waren die Kritiken okay und der Film hat seine Kosten wieder eingespielt. Also, wird gleich mal das nächste Drehbuch verwurstet, bekannte Schauspieler engagiert und mit wenig Leidenschaft und Liebe eine neue Fließbandproduktion auf den Markt geschmissen. Die uns natürlich wieder nicht vom Hocker reißt und uns dazu legitimiert an unserer freudlosen Methode festzuhalten. Eine unendliche Spirale, die uns zu resignierenden Zombies macht, die nur mit dem kleinen Fünkchen Hoffnung im Herzen in die Kinos strömen, um vielleicht noch den einen Superknüller der Filmgeschichte miterleben zu dürfen, der sie wieder reanimiert. Ich wette da draußen mangelt es nicht an guten Geschichten oder Drehbüchern, sondern an Produzenten und Regisseure, die noch genug Hingabe für den Film aufbringen können. Denen blinken hauptsächlich die Dollarzeichen in den Augen und die Bedürfnisse des Publikums verschwinden hinter Box-Office-Zahlen.

Genauso wie das mit den Wahlen ist, mit der Öko-Bewegung oder mit sauberen Straßen – es fängt immer bei einem selbst an. Daher nehme ich mir jetzt mal vor, weniger milde zu sein. Zuckerbrot und Peitsche ist ja schon lange ein beliebtes Konzept. Irgendwas muss ja dran sein. Ein bisschen mehr Strenge und ein bisschen mehr klare Worte können so verkehrt nicht sein. Außerdem möchte ich mir vornehmen, meine Erwartungen nicht mehr künstlich unten zu halten. Wenn ich das so schreibe, fällt mir auf, wie dämlich das klingt, aber leider ist es ja so. Und das wichtigste von allen: Ich will meiner Vorfreude freien Lauf lassen. Ich will über das neu angekündigte filmische Glanzstück lesen und schreiben und schwärmen so viel es mir eben gefällt. Sollte der Film dann ‘ne Gurke sein, scheiß drauf. Dann bekommt er seine berechtigte Bewertung und eben auch einen Kommentar voller Enttäuschungen. Dann kann auch jeder wissen, dass der Trailer das Beste am Film ist und eigentlich nur die vom Marketing ihren Job gut gemacht haben. Und wenn der Film richtig gut wird, kann ich zu allen sagen: „Ich hab’s euch ja gesagt!“. Es wird natürlich zukünftig beides geben, aber ich befreie mich jetzt mal von allem und habe einfach nur Spaß an der Sache. Denn das ist der Grund, warum ich ins Kino gehe, warum ich hier bin und warum ich so gerne in Filme eintauche. Und meine Erwartungen an diesen Spaß, ja die sind echt hoch und das ist auch gut so.


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