Wir schauen Game of Thrones - Staffel 4, Folge 5

06.05.2014 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
 Game of Thrones
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Chaos is a ladder, meinte Petyr “Littlefinger” Baelish in der dritten Staffel von Game of Thrones und so langsam verstehen wir, dass es sich dabei nicht nur um eine Unglückskeksweisheit, sondern sein Lebensmotto handelt. Anders ausgedrückt: Littlefinger ist an allem Schuld, auch dem Motto dieser fantastischen Folge!

Ein neuer König wird gekrönt, vielleicht der erste seit 50 Jahren, der den Platz auf dem Iron Throne verdient hat. Mit dieser optimistischen Note beginnt die Halbzeit der 4. Staffel von Game of Thrones, First of His Name, nur um uns in den restlichen 50 Minuten darauf hinzuweisen, dass ein Titel (King of the Andals and the First Men) noch keine Macht bedeuten muss. So verfolgen wir in der von Michelle MacLaren inszenierten sowie von David Benioff und D.B. Weiss geschriebenen Episode, wie sich Schwäche in Stärke verwandelt, wie ein einfacher Mann Könige stürzt und ein gelähmter Junge einen Krieger tötet. Motive, welche die über zwei Kontinente verstreuten Sequenzen der straff konstruierten Vorzeige-Folge der Serie verknüpfen.

Der Kampf um die Macht: Tommen wird gekrönt, übernimmt die “Bürde” und folgt dem “Pfad”, auf dem so viele vor ihm frühzeitig gescheitert sind. Seine Mutter Cersei, die Margaery Tyrell bisher nur mit Herablassung oder Sarkasmus strafte, zeigt sich angenehm gesprächsbereit. Sie bietet der Tyrell-Tochter die Hand ihres Sohnes an und würzt das Angebot mit ein paar Wahrheiten über ihren verstorbenen Sprössling Joffrey (“He would have been your nightmare.”). Ein Fest vorgetäuschter Naivität und unterschwelliger Sticheleien ist die Szene zwischen Natalie Dormer und Lena Headey, in der es um viel mehr geht als die zukünftige Gemahlin Tommens. Denn es ist der erste Streich einer in dieser Folge rational und strategisch klug agierenden Cersei.

Sie will die drei Richter in Tyrions Prozess zu ihren Gunsten beeinflussen. Schritt Nummer eins ist die Verheiratung Tommens mit Margaery, um Richter Mace Tyrell und seine Sippe bei Laune zu halten. Schritt 2 ist die Akzeptanz dieser Verbindung gegenüber Tywin, der seine Tochter über die versiegte Goldader der Lannisters und die massiven Schulden bei der Iron Bank of Braavos ins Vertrauen zieht. Um die reichen Tyrells enger an die Geschicke der Lannisters zu binden, muss Cersei die Erniedrigung hinnehmen und Ser Loras ehelichen. Als letztes wendet sie sich Richter Oberyn Martell zu, Lannister-Hasser mit giftiger Vergangenheit. Auch mit ihm versucht sie Frieden zu schließen, in dem sie das Schicksal seiner 8 Töchter sowie seiner Schwester mit dem von Myrcella parallelisiert. Ein Schiff (Symbol der Freiheit?) schenkt sie dem Mädchen, das bei einem aufbrechenden Konflikt zwischen den Lannisters und Martells zur Geisel Dornes werden könnte. Denn darum geht es Cersei auch: ihre verbliebenen Kinder vor dem Zorn anderer Häuser zu schützen. Isoliert von ihren Geschwistern, instrumentalisiert durch ihren Vater, sind Myrcella und Tommen die einzige Familie, die Cersei bleibt.

“Everywhere in the world they hurt little girls", meint Cersei zu Oberyn nüchtern. Arya versucht sich mit ihrer Kill List auch dafür zu rächen. Vom ebenfalls darauf zu findenden Hound wird sie für ihre körperliche Schwäche grob zurechtgewiesen. Ob der Hound bald den Bronn gibt und ihr Trainer wird? Sansa hingegen findet sich in der Eyrie leider nicht bei einem lieben Tantchen wieder, sondern einer eifersüchtigen Psychopathin, die noch immer einen Groll gegen die tote Catelyn hegt. Wer glaubt, dass Cersei eine ungesunde Beziehung zu ihren Kindern pflegt, dem werden von der Spätstillerin Lysa Arryn ganz neue Möglichkeiten offenbart. Sansa, von Littlefinger aus King’s Landing “gerettet”, erwartet sogleich der nächste Ehemann: Robin “Sweetrobin” Arryn, der in der ersten Staffel Sansas “baby man” am liebsten durch die Moon Door geschickt hätte.

Dabei bietet die Szene, in der Petyr “Littlefinger” Baelish und seine “Nichte” Sansa die Eyrie betreten, ein großartiges Bild dafür, wie Macht aus einer Position der Schwäche heraus auch genutzt werden kann. Baelish, ein dem Titel nach unbedeutender Adliger, kontrolliert aus der zweiten Reihe die Geschicke von King’s Landing. Er hat die ihm verfallene Lysa dazu gebracht, ihren Ehemann Jon Arryn zu vergiften und den Verdacht auf die Lannisters zu lenken. Das brachte die Starks in Konflikt mit den Goldlöckchen und ihre Macht im Norden zum Zusammenbruch. Einen empfindlichen Stoß verpasste er den im Krieg finanziell ruinierten Lannisters mit der von ihm angezettelten Ermordung des Königs Joffrey. Während sich die Häuser Westeros’ also selbst zerfleischen, betritt Baelish die uneinnehmbare Eyrie ohne Armee, zu Fuß, verletzbar, jedoch mit einer wertvollen Begleiterin an seiner Seite. Eine leicht zu manipulierende Frau wartet auf ihn, er gibt ihr das, wonach sie sich sehnt und sie quittiert es mit den versprochenen Schreien.

In einer Episode, die Cersei vermenschlicht, aber auch in Erinnerung ruft, dass an ihr ein König verloren gegangen ist, bildet Lysa eine groteske Doppelgängerin. Anstatt wie Cersei jeden Winkel ihrer zusammengestutzten Macht auszukosten, hat sich die ebenfalls zwangsverheiratete Mörderin ihres eigenen Mannes und Mutter eines verhätschelten Monsters in der Eyrie und vor der Welt verkrochen.

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