Wir schauen Homeland - Staffel 3, Folge 2

08.10.2013 - 10:10 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Oh Saul, poor Saul!
Showtime
Oh Saul, poor Saul!
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In der grandios betitelten zweiten Episode von Staffel 3 bleibt Homeland seinem eingeschlagenen introverierten Kurs treu und setzt doch in einer strunzdoofen Szene alles aufs Spiel. Doch Homeland wäre nicht Homeland, würden die Autoren nicht mit einer lange nötigen Aussprache dagegenhalten.

Eigentlich ist es unfair, dass ein kleiner Moment eine ganze Episode von Homeland überschattet. Staffel 3 begann letzte Woche mit Tin Man Is Down gemessenen Schrittes und Uh… Oh… Ah… hält das Tempo, lässt Carries Isolation in der Agency die private folgen, während Jess und Dana endlich ihre Aussprache haben, auf die wir schon zwei Jahre warten. Es finden sich viele einprägsame Szenen in dieser Episode, die die besten Elemente von Homeland als Drama über die Heimatfront und nicht als reiner Agententhriller, was manche lieber sehen würden, verkörpern. Doch dann kommt ausgerechnet Super-Saul, The Beard, und lässt einem die Hände über den Kopf schlagen. Wie ist es überhaupt möglich, fragte ich mich im Nachhinein, dass eine Szene wie jene mit Dana und dem Gebetsteppich in der selben Episode, geschweige denn Serie, untergebracht werden kann, wie dieser unsäglich platt formulierte out of character-Dialog mit Saul, Fara und dem Kopftuch?

Was passiert: Follow the Money! Genau das ist Sauls Strategie, um an den Magician zu kommen und so führt ihn die Arbeit der neuen Transaktionsanalystin Fara (Nazanin Boniadi aus How I Met Your Mother) zu einer Bank, die sich eine goldene Nase mit der Finanzierung von Terroristen und sonstigen Leidbringern verdient und das schon seit “dem Opiumkrieg”, wie es Fara so schön erklärt. Sauls Aussage vor dem Kongressausschuss am Ende der letzten Folge hat Carries Beziehung zur CIA nachhaltig gestört. Kurz davor, wichtige Interna an die Presse weiterzugeben, wird Carrie auf Anweisung von Saul bzw. Dar Adal zwangsweise in stationäre Behandlung gebracht. Nur Quinn redet Saul ins Gewissen, was den Umgang mit Carrie angeht (“We did that to her.”), andererseits sind Sauls Alternativen in dieser Situation durchaus diskussionswürdig: Carrie nimmt ihre Medikamente nicht mehr, verweigert ärztliche wie private Hilfe und verwandelt sich von einer Gefahr für sich selbst in eine Gefahr für die Agency und mögliche laufende Ermittlungen, wenn sie zur Presse rennt. Das alles findet vor dem Hintergrund der großen Krise nach 12/12 statt, in der das Fortbestehen der CIA selbst auf dem Prüfstand steht. Es sind eben diese Entscheidungen, die abgebrühtere, politikaffine Figuren wie Estes vorher treffen mussten und von denen Saul bisher verschont blieb. Was hätte der Chef der CIA anders tun sollen?

Die Agency: Dass es schwer fällt, sich auf Carries Seite zu schlagen, liegt auch daran, dass ihre manische Phase in all ihrer enervierenden Pracht zu Tage tritt. Die Folge beginnt mit einer wie immer kurzatmigen Carrie, die ins Haus Sauls stürmt, als wäre es ihr eigenes und dessen Frau verängstigt. Obwohl die Autoren durchaus mitfühlen mit ihrer gebeutelten Hauptfigur, viktimisieren sie Carrie zu keinem Zeitpunkt. Das Mitleid mit einer verkannten Agentin – dramaturgischer Kniff so vieler Paranoia-Thriller – verschwindet neben ihrer offenbar werdenden verzerrten Weltsicht, die Carrie von allen Kollegen und Verwandten im Verlauf dieser Episode entfremdet. Carrie hat sich diese Suppe selber eingebrockt.

Trotz aller Probleme der Serie, gerade was ihre zweite Hauptfigur angeht, zeigen die Autoren und auch Claire Danes Carrie einen immensen Mut zur Entfremdung. Vom Zeitalter des Antihelden im Fernsehen schrieb Todd Van Der Werff zum Abschied von Breaking Bad. Carrie, und das überrascht immer wieder bei einer unter Showtime-typischen Kompromissen fast einknickenden Serie, braucht sich, was ihre mangelnde Anbiederung an den Zuschauer angeht, vor den Tony Sopranos und Walter Whites dieser Welt nicht verstecken.

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