Wir schauen True Detective - Staffel 2, Folge 3

07.07.2015 - 09:10 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Paul und Ani im Chessani AnwesenHBO
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Maybe Tomorrow führt uns an verschiedene Schauplätze, aber nicht ans Ziel. Es werden persönliche Probleme enthüllt, Zähne ausgeschlagen und eine neue Leiche entdeckt. Doch wo bleibt die Spannung?

Die dritte Folge von True Detective Staffel 2 führt uns tiefer in kalifornische Abgründe. Statt Fortschritten in der Ermittlung bekommen wir noch eine zweite Leiche und jede Menge Akteure, die an einer schnellen Aufklärung des Falls mal mehr oder weniger interessiert sind. Darauf gibt es den gewohnten Klecks düsteres Innenleben der Figuren und schon ist eine weitere wenig spannende Folge zu Ende.

Night Finds You endete mit einem riesen Cliffhanger. Der maskierte Killer schießt Ray zwei Ladungen seiner Flinte in die Brust und lässt ihn (mutmaßlich) tot am Boden liegen. Was zweifelsohne ein konsequenter und mutiger Schritt für die noch junge Staffel wäre, käme auf der anderen Seite zu Ungunsten des Zuschauerinteresses. Colin Farrell ist eben der größte Star in True Detectives zweiter Staffel und Ray Velcoro der Charakter, mit denen die meisten wohl am ehesten mitfühlen. Also überlebt er. Der Vogelmann verwendete nur Gummigeschosse, die ihm lediglich ein paar Rippen lädierten und - buchstäblich - Herzschmerzen verursachten. Die Folge beginnt daher mit einer Traumsequenz aus dem Kopf des immer noch am Boden liegenden Polizisten. Ein Conway Twitty-Imitator schnulzt einen Song während Ray in der Bar mit seinem Vater (Fred Ward) in Metaphern über den eigenen Tod spricht. Ein eindeutiger David Lynch-Vibe liegt in der Luft und erlaubt dieser Staffel zum ersten Mal etwas mehr Leichtigkeit, wenn auch nur in Ansätzen. Auch allgemein traut sich die Folge an etwas mehr Dialogwitz, der zwar nur sehr sporadisch auftaucht, aber dafür trotz des trockenen Vortrags für etwas Auflockerung sorgt:

Ray: "Bezzerides is running the case, sir"

Chessani: "Bezzerides is gonna be running a yogurt stand"

Doch die Folge schlägt bald um und die Mundwinkel hängen bei allen wieder tief. Frank (Vince Vaughn) steht unter Stress. Er kann sein Saubermann-Image kaum noch aufrecht erhalten. Der Traum des lukrativen Deals zerfällt, während er seinen Einfluss im Gangster-Milieu schwinden sieht. Das Thema Männlichkeit und (mangelnde) Potenz beschäftigt Frank genau so wie Paul (Taylor Kitsch), der in dieser Folge einen alten Freund aus der Armee trifft. Was in den letzten Folgen noch subtil angedeutet wird, schreit uns hier in jeder Szene an: Paul ist schwul, kann es aber aus gewissen Gründen nicht zugeben und ist somit verdammt, sich selbst zu verleugnen. Nichts davon wird offen angesprochen, doch Maybe Tomorrow reichen ein paar Dialogzeilen und ausführliche reaction shots, um uns unmissverständlich von Pauls innerer Zerrissenheit zu erzählen. Ray findet sich nach seinem Traum bei seinem Vater ein, der, wie jede Elternfigur in dieser Staffel viel für das miserable Seelenleben seines Kindes kann. Der Ex-Polizist fristet sein Dasein trinkend und high vor dem Fernseher und schwelgt in der Zeit "back when you could actually do police work." Ja, Vinci ist verkommen - wissen wir.

"I ain’t ever exactly been Columbo."

Die Ermittlungen in Casperes Zweitwohnsitz kommen vorerst zum Erliegen. Der Maskierte hatte die Kamera und die Festplatte mit mutmaßlich belastendem Videomaterial nach der Tat mitgenommen. Auch ein Besuch in Bürgermeister Chessanis (Ritchie Coster) Anwesen in Bel-Air, bei dem Caspere häufig nachts anrief, fördert außer interessanten Familienverhältnissen nichts weiter zu Tage. Allein ein gestohlen gemeldetes Auto, das zur Tatzeit in der Nähe des Leichenfundortes auftauchte, scheint eine neue Spur zu versprechen. Das Auto gehört zu einer Filmproduktion in Vinci ("Some collapse of civilization revenge flick."), die Caspere Geld und eine Nennung als Producer im Austausch gegen Steuervorteile einbrachte. Ani (Rachel McAdams) und Ray befragen Crewmitglieder und den Regisseur, die alle keine weiteren Hinweise zu haben scheinen.

Währenddessen versucht die Staatsanwaltschaft endlich hinter die Kulissen von Vincis Police Department und der Stadtverwaltung zu blicken. Anis Einschätzung, Ray sei im Grunde vollkommen ausgebrannt, lässt die Augen der Strafverfolgung aufleuchten. Wenn es Ani gelänge sich Ray zu Nutze zu machen, indem sie ihre weiblichen Reize einsetzt, winke ihr eine Beförderung. Ray auf der anderen Seite wird dazu angehalten, den Fall so schnell wie möglich zum Ende zu führen, in Notfall eben auch in eine gewünschte Richtung zu lenken; Hauptsache niemand schaut zu tief in die korrupten Strukturen Vincis. Ray ist es langsam wirklich leid, der Spielball für das Police Department und Frank zu sein ("Maybe this is a good excuse to take me off."), doch viel verhandeln kann er nicht.

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