Schon seit einigen Jahren versuchen die Organisatoren der Academy Awards, den Oscar auch für eine jüngere Generation von potentiell Mitfiebernden attraktiver zu machen. Das Projekt wurde auf verschiedene Art und Weisen angegangen. Für das Jahr 2010 wurde die Zahl der Nominierten auf zehn angehoben, was Filmen wie Oben, Avatar – Aufbruch nach Pandora oder District 9 zumindest als am Ende sowieso nicht prämiertes Zuschauerlockmittel einen Platz in der Liste zum Besten Film einbrachte. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Zehn Filme, nur um Blockbustern eine Chance zu geben, waren einfach zuviel. Beim Oscar 2011 waren es dann James Franco und Anne Hathaway als Moderatoren, die die Show auflockern sollten, dieses Ziel aber leider vollkommen verfehlten.
Die 5%-Hürde sorgte dieses Jahr beim Oscar 2012 dann dafür, dass eine zehnfache Nominierungsriege akzeptiert werden konnte. Nur Filme, die bei mehr als 5% aller Kritikern Top-Wertungen erhielten, haben ein Recht auf einen Platz unter den “Besten”. Schließlich haben Blockbuster ebenso eine Bedeutung, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene.
Kultur ist überall
Filme, die einen Oscar gewinnen wollen, glänzen im Normalfall mit dem schwer zu umreißenden Attribut “kulturelle Signifikanz”. Zweifelsohne ist das ein wertvolles Auswahlkriterium, belohnt es immerhin Filme wie Tödliches Kommando – The Hurt Locker oder Einer flog über das Kuckucksnest. Die Kehrseite der Medaille sind Filme wie Titanic, die im gleichen Atemzug sehr auf die Tränendrüse drücken. Die Oscar-Filme sollen (meistens) zum Nachdenken anregen, über wichtige Sachverhalte meditieren oder diese auf besonders künstlerische Art und Weise verarbeiten. Wie gesagt kann kulturelle Signifikanz aber vieles bedeuten.
Warum ist Twilight 4: Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht – Teil 1 nicht kulturell signifikant genug? Twilight hat Millionen Fans, auch oberhalb der 13-Jahres-Grenze. Hölle, an nicht wenigen Schulen in den USA halten sich die Teenies teilweise für echte Vampire. Das Franchise ist zu einer Subkultur avanciert und wird auch noch einige Jahre im Kollektivgedächtnis bleiben. Dasselbe gilt natürlich für einige andere Franchises und Twilight ist dabei zugegebenermaßen noch eines der besseren. Der Einfluss des Franchises ist überall spürbar. Nur, weil es tief in unsere Geldbeutel greift, muss es nicht inhaltsleer sein. Twilight berührt viele Themen, wenn auch oft auf eine fragwürdige Art und Weise.
Mehr Äkschn für die Proles?
Das sah auch Vin Diesel so und sagte letzten Sommer, dass Fast & Furious Five doch auch einen Oscar verdient hätte. Nur weil diese Filme für die Arbeiterklasse gemacht werden, heißt das nicht, dass sie nicht großartig wären. Abgesehen davon, dass der Kommentar von Vin Diesel wohl etwas unglücklich formuliert wird, stimmt er in gewisser Weise. In der Tat handelt es sich bei Fast & Furious 5 um einen der besseren Auto-Action-Filme, den nicht nur das sowieso nicht mehr existierende Proletariat genießt. Das Ziel des Films wird erreicht und von einer nicht geringen Zuschauerschaft geschätzt. Aber auf die kommt es bei den Oscars ja nicht an. Natürlich gibt es auch andere Kategorien, in denen derartige Filme punkten können, zum Beispiel bei den Special Effects. Aber auch dafür reichte es bei zugegeben mehr als starker Konkurrenz nicht aus.
Wenn ihr es bei einem macht, geht es auch bei anderen
Viele fanden es gerechtfertigt, andere sahen das wohl weniger so. Bei der Oscar-Verleihung im Jahr 2004 ging Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs als Sieger hervor, nachdem die Vorgänger Der Herr der Ringe: Die zwei Türme und Der Herr der Ringe: Die Gefährten in den Jahren 2003 und 2002 nominiert waren. Das Finale der Filmreihe wurde noch einmal gewürdigt. Darauf hofften auch die Macher von Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2 bei ihrer Oscar-Kampagne, stießen aber letztendlich auf Granit. Warum eigentlich? Noch kein ein einziges Mal wurde ein Teil der Serie für einen Oscar zum Besten Film nominiert. Zumindest das wäre doch angebracht gewesen. Waren alle drei Teile von Der Herr der Ringe wirklich so viel besser als alle Teile des Harry Potter Franchises? Selbst bei Filmen, die von sich aus nicht überragend sind, ist eine Würdigung für besondere Leistungen einer Gesamtserie meiner Meinung auch in der Kategorie Bester Film angebracht. Das hat Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs bewiesen. Es würde wieder etwas Frische und Vielfalt in die Auswahl bringen.
Lach doch mal
Reine Komödien hatten es schon immer schwer bei den Academy Awards, das ist ein altes Problem. Natürlich sehen wir immer wieder gern wirklich ausgeklügelte Witze, die nicht gleich auf der Oberfläche lauern. Aber tatsächlich lachen wir (oder einige von uns) auch über Filme wie Brautalarm, Crazy, Stupid, Love. oder, ja, auch Hangover, beziehungsweise in diesem Jahr dessen Klon Hangover 2. Und bei Hangover 3 wird wieder gelacht werden. Die Welt ist nicht so böse und schwermütig, wie uns die Academy mit ihrer Filmauswahl manchmal glauben machen möchte. Natürlich sollte Formelhaftigkeit nicht belohnt werden, zumindest nicht immer wieder, aber Komödien funktionieren in vielen Fällen nun einmal durch Überzeichnung und Stereotypen. Es muss nicht immer gleich eine Independent-Komödie wie Little Miss Sunshine sein. Mainstream ist nicht unbedingt ein Schimpfwort, gerade bei Komödien nicht.
Sicher lässt sich dieses Thema noch viel ausführlicher auseinandernehmen. Aber im Grunde genommen sagen alle Diskussionen in diese Richtung doch nur das eine: Öffne deinen Geist, Academy, dann öffnen sich auch die Tore zu einer breiteren Anhängerschaft.
Oder was meint ihr?