Eine Perle der filmischen Ideologiekritik: Beurteilt man Zeit des Erwachens mit filmkritischen
Kategorien, gelangt man schnell zu dem Schluss, dass es sich um keinen besonders guten Film handelt.
Etwas mühsam ist die erste Stunde erzählt und der als liebenswürdig und possierlich getarnte
voyeuristische Blick auf dahindämmernde Patienten in einer Anstalt nervt bald und ist keineswegs
frei von einigen Geschmacklosigkeiten. Die Bilder des Films sind die, die wir so woanders schon
unzählige Male gesehen haben. Von einem ästhetischen Mehrwert keine Spur.
Immerhin mit Robin Williams und Robert De Niro gut besetzt, wenn auch die Rollenschubladen bestätigend, ist Penny Marshalls Tragikomödie. Wirklich interessant macht diesen Film jedoch etwas ganz anderes:
Offensichtlich wird die Geschichte von an der Europäischen Schlafkrankheit leidenden Patienten
erzählt, die sich seit Jahrzehnten in einem Dämmerzustand befinden, aus dem es keine Hoffnung
auf Erwachen gibt. Ein noch völlig unerfahrener Arzt, gespielt von Robin Williams, beginnt gegen
alle wissenschaftliche Erkenntnisse und gegen den Willen seiner Vorgesetzten mit den Patienten zu
arbeiten, verabreicht ihnen eine noch nicht als Arzneimittel anerkannte Substanz und kann so die
Schlafenden aufwecken. All das geschieht in dem auch sonst legendären Sommer von 1969. Wer
möchte dabei nicht noch an andere Formen der Erweckung denken? Sex, Drugs, Rock 'n' Roll und
Revolution: Die wirksame mysteriöse Substanz wird immer wieder als Droge bezeichnet – musikalisch
und sexuell wollen einige erwachte Patienten nun auch einige Erfahrungen nachholen.
Und dann
gibt es noch einen aufgeweckten Revolutionär, gespielt von Robert De Niro. Zeit des Erwachens ist
allegorisch lesbar. Im Mikrokosmos der Anstalt erzählt er die Geschichte der damaligen Revolutionen
und er erzählt vom politischen Scheitern dieser Bewegungen, die sich allzu schnell ins Private
flüchteten. Die flammende Wutrede von Robert De Niro ist der absolute Höhepunkt des Films, sie
rüttelt uns sebst auf, weil De Niro uns als Zuschauer unmittelbar anspricht. Denn auch wir sind
Schlafende.
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