Medienjournal - Kommentare

Alle Kommentare von Medienjournal

  • 8 .5

    [...] Eigentlich wollte ich mich ja bereits am Wochenende wortreich zur ersten Staffel "Sandman" geäußert haben, doch dann wurde recht unerwartet die Veröffentlichung einer elften Bonus-Episode angekündigt und vollzogen, so dass ich dieses Special, auch wenn es nicht im klassischen Sinne zur Staffel gehören mag, natürlich im Text mitberücksichtigen wollte. Aber beginnen wir von vorn: Im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte gab es sicherlich so manch ambitionierte Buch- oder eben auch Graphic-Novel-Adaption, denen mehr oder minder viel Erfolg beschieden war und von denen vielen gemein war, dass ihre Vorlage bislang als unverfilmbar galt, wobei diese Art vielbeschworener Fluch ja im Grunde bereits seit Jacksons "Der Herr der Ringe" ad acta gelegt worden sein dürfte. Nichtsdestotrotz ist insbesondere Netflix schon des Öfteren mit und an derartigen Adaptionen gescheitert, ob es sich um das prestigeträchtig angekündigt und prompt eingestellte "Jupiter’s Legacy" handelt oder das sang- und klanglos abgesetzte, weitestgehend enttäuschende "Cursed", derweil man ja beispielsweise mit "The Witcher" oder "The Umbrella Academy" durchaus bewiesen hat, es zu können. Langer Rede kurzer Sinn, galt das von Neil Gaiman über acht Jahre hinweg bis in die Mitte der 1990er hinein veröffentlichte Magnum Opus "Sandman" ebenfalls als unverfilmbar, ganz davon ab, dass Norman Mailer ihn "einen Comic für Intellektuelle" nannte, was schon erahnen lässt, dass es sich vielleicht nicht um das zugänglichste, massentauglichste Material handelt, das man hier in eine Fernsehserie zu verwandeln gedenkt. [...]

    • 7 .5

      [...] Nun ist also mit "Ms. Marvel" auch die (bislang) neueste Marvel-Serie bei Disney+ zu Ende gegangen und ich bin weiterhin irritiert von dem doch sehr verhaltenen bis negativen Tenor, der einem so im Netz zur Serie entgegenschlägt, denn auch wenn diese bei weitem nicht so episch oder bombastisch sein mag wie manch anderes, was dieser Tage im Serienformat veröffentlicht wird, hat sie doch dafür ganz eigene Qualitäten und Vorzüge. Die offensichtlichste aber auch naheliegendste dürfte hierbei Iman Vellani sein, die Kamala Khan mit entwaffnender Natürlichkeit zum Besten gibt und damit streckenweise locker vergessen lässt, dass wir uns überhaupt in einer Marvel-Superheldenserie befinden. Des einen Freud, des anderen Leid, mag das aber natürlich auch für manche Stein des Anstoßes sein, derweil ich es als Indiz dafür betrachte, dass die Marvel-Produktionen längst nicht so generisch und austauschbar geraten, wie gerne mal geunkt wird. So hat es auch hier reichlich Alleinstellungsmerkmale und grandiose Kniffs inszenatorischer Art, wenn Kamala ihre teils aberwitzigen Pläne beispielsweise mit ausführlichen Sketchnotes bebildert und diese sich über den Bildschirm zu bewegen beginnen, oder es im Hintergrund der Szenerie zu kreuchen und fleuchen beginnt, um den umtriebigen Geist und die übersprudelnde Kreativität zu unterstreichen, die diesem frenetischen Captain-Marvel-Fangirl innewohnen. [...]

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      • 8

        [...] Nicht nur was den ersten "Doctor-Strange"-Film von 2016 angeht, sondern auch in Bezug auf den direkten MCU-Vorgänger "Spider-Man: No Way Home" hatte "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" ein durchaus schweres Erbe anzutreten und so gut er mir in Summe auch gefallen haben mag, kann ich gleich vorwegschicken, dass er an beide genannten Werke nicht heranreicht. Das heißt nicht, dass mir das Ergebnis nicht dennoch sehr gut gefallen hätte, sondern im vorliegenden Fall nur, dass ich mir – auch anhand des Titels – etwas mehr und vielleicht auch anderes erwartet hätte. Das beginnt schon damit, dass die Pforten zum Multiversum nun offenkundig offen stehen, aber wenig Rückbezüge auf das vorangegangene Spider-Man-Abenteuer oder auch "Loki" vorhanden sind, ganz so, als wäre es eine zufällige Überschneidung, dass nun eben auch Strange persönlich noch einmal mit einem multiversalen Problem konfrontiert wird. Sei es drum, kann man mit diesem Gefühl noch gut leben, während es mich mehr stört, dass der Film beinahe zu sehr auf sein hohes Tempo setzt und dabei manche Chance verpasst, auch ruhigeren Momenten und charaktergetriebenen Entscheidungen ein wenig Raum zur Entfaltung zu geben. [...]

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        • 7

          [...] Mit "Obi-Wan Kenobi" hat es wieder einmal ein Serienprojekt, dem ich lange entgegengefiebert und in welches ich höchste Erwartungen gesetzt habe, allein schon, weil die Interpretation des Jedi-Ritters seitens Ewan McGregor einer der größten Lichtblicke in der Prequel-Trilogie überhaupt gewesen ist. Entsprechend konnten die Erwartungen beinahe nur enttäuscht werden und so betrachtet kommt die Serie letztlich besser weg, als zu befürchten stand. Dennoch muss man sich wundern, dass einem solchen Prestige-Objekt nicht mehr Sorgfalt zuteilwurde, was das Skript als solches angeht, denn so großartig einzelne Szenen und Begegnungen geraten sein mögen, driftet die Serie gerade im Mittelteil in Richtung regelrecht ärgerliche, weil wenig logische Banalität. In solchen Momenten fällt es dann auch schwer, das Fan-Herz weiter höher schlagen zu lassen und wohlwollend über allzu offensichtliche Patzer und Dummheiten hinwegzusehen, die es so eigentlich nie in die fertige Erzählung hätten schaffen dürfen. Entsprechend viel Kritik haben auch einige Episoden – in meinen Augen schießt Teil IV hier den Vogel ab – einstecken müssen, doch ausgehend von einem überzeugend vielversprechenden Start bis hin zu einem Finale, das für vieles entschädigt, was es doch eine Reise, die sich in meinen Augen gelohnt hat. [...]

          • 9 .5

            [...] Mit der Doppelspitze aus "Infinity War" und "Endgame" hat Marvel bekanntermaßen einen Höhepunkt der mehr als eine Dekade währenden Erfolgsgeschichte kreiert, der sich schwerlich toppen, geschweige denn so einfach wiederholen lassen würde. Man könnte meinen, es nun erst einmal wieder etwas ruhiger angehen zu lassen, wäre das Mittel der Wahl, doch machte bereits das Finale von "Spider-Man: Far From Home" mehr als deutlich, dass man andere Wege zu gehen gedenkt. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt – der Film ist zugleich offizielles Ende der fulminanten dritten Phase des MCU – noch niemand ahnen konnte, dass man einerseits pandemiebedingt zu einer durchaus signifikanten Durststrecke verdammt sein würde, andererseits, was die Verantwortlichen rund um Mastermind Kevin Feige für "Spider-Man: No Way Home" als Abschluss der Trilogie wirklich planen würden. Und auch wenn im Vorfeld viele Gerüchte die Runde gemacht haben, sich manches als wahr, manches als haltlos entpuppt hat, neige ich natürlich zu einer spoilerfreien Betrachtung des Films, wobei zumindest die Tatsache, dass sich der Film nunmehr dem Multiversum öffnet, mit dem wir uns seit und dank Loki "herumschlagen", ein offenes Geheimnis ist und quasi unabdingbar, um überhaupt ein paar Worte zu dem Film verlieren zu können. [...]

            • 9

              [...] Es ist Talent und Irrwitz zugleich, dass eine Serie wie "The Boys", die seit ihrer ersten Staffel mit Extremen kokettiert und lockt, es vermag, sich von Jahr zu Jahr noch zu steigern, denn wer nach der letztjährigen Gaudi gemeint hätte, dies wäre wohl kaum noch möglich, wird hier binnen Minuten eines Besseren belehrt. Damit ist – logischerweise – nicht einmal die Herogasm-Party gemeint, die mit viel Tamtam Teil der Vorab-Berichterstattung gewesen ist (und letztlich gar nicht einmal so krass ausgefallen ist, dafür aber tatsächlich erzählerisch eine Wucht gewesen ist). Immerhin, es geht in besagten ersten Minuten in eine ähnliche Richtung und schnell wird deutlich, dass man nicht gewillt ist, inszenatorisch auch nur ein My zurückzuschrauben, womit man dann auch schnell wieder mitten im Thema ist, ob die vorangegangene Staffel nun schon länger zurückliegt oder noch vergleichsweise frisch im Gedächtnis, wie bei mir der Fall gewesen. Ansonsten wirkt das dritte Jahr der "Boys" meinem Gefühl nach ein wenig aufgeräumter und zielgerichteter, so dass hier schnell ein roter Faden und gleich mehrere Plot-Points zu erkennen sind, denen es nachzugehen gilt, wobei zu Beginn noch nicht einmal sämtliche Figuren den Ring betreten haben, denn es ist ja ein offenes Geheimnis, dass diese Staffel den einstigen Helden Soldier Boy, verkörpert von "Supernatural"-Darsteller Jensen Ackles, einführen wird. [...]

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              • 8 .5

                [...] Im Fahrwasser der nunmehr bereits dritten Staffel "The Boys", die, während ich diese Zeilen schreibe, auch schon wieder das Bergfest hinter sich gebracht und in die zweite Staffelhälfte eingebogen ist, habe ich mit kaum zweijähriger Verspätung nun immerhin die zweite Staffel nachgeholt, nachdem mich der Auftakt dieser Comic-Adaption seinerzeit in der Prä-Covid-Ära 2019 bereits schwer zu begeistern gewusst hat. Und obwohl natürlich speziell solch eine Show, die sich ein Stück weit auch über ihre Exzesse, ihre Gewalt, ihre Skrupellosigkeit definiert, prädestiniert ist, sich in dem unbedingten Willen zu Höher-Schneller-Weiter zu verlieren und dabei über das Ziel hainauszuschießen, gelingt es den Verantwortlichen, sich einerseits selbst zu übertreffen, andererseits aber auch zu vermeiden, aus der Chose eine Psychopathic-One-Man-Show zu machen. Zu Teilen war sie das zwar schon immer und wird es hoffentlich auch noch lange bleiben – ja, ich rede natürlich von dem großartig-grausamen Antony Starr als Homelander – aber es wird auch vermehrt Augenmerk auf die weiteren Mitglieder der "Seven" gelegt, die dieser Tage schon das offenkundige Problem haben, dass ihr Name aufgrund von Personalmangel herzlich wenig Sinn ergibt. [...]

                1
                • 7

                  [...] Gerade erst habe ich mir mal wieder "The Big Short" angesehen und bin darüber darauf gestoßen, dass es für mich ja seit vergangenem Heiligabend noch immer "Don’t Look Up" nachzuholen gilt, den bis dato aktuellsten Film von Adam McKay, der auch zu der Fraktion an Filmen gehört, die im Zuge der Corona-Pandemie zu Netflix gewandert sind. Ohnehin hat aber die Pandemie dazu geführt, dass McKays satirisch gedachter Kommentar von der Realität mehr als eingeholt worden ist, denn eigentlich inspirierte ihn die Klimakrise zu seiner Weltuntergangsgeschichte, doch in Zeiten, in denen anscheinend auch eine Pandemie höchst erfolgreich geleugnet werden kann, scheint das abstruse Verhalten derer im Film, die das nahende Ende nicht wahrhaben wollen, nicht wirklich satirisch überzeichnet oder in irgendeiner Weise weniger glaubwürdig. [...]

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                  • 8

                    [...] Lange habe ich dem Erscheinen von "Moon Knight" entgegengefiebert und das nicht etwa, weil mir die Figur so viel bedeutet, sondern weil ich schon im Vorfeld ungemein gehypt gewesen bin, dass nun Oscar Isaac tatsächlich Teil des MCU werden sollte und dann auch noch eine der begehrten Helden- und damit Hauptrollen übernehmen sollte. Ethan Hawke als Antagonist war in diesem Kontext dann kaum noch mehr als ein Zubrot und dennoch weiterer Punkt, der mich früh für die Serie einzunehmen wusste. Was allerdings die Figur des Moon Knight selbst anbelangt, muss ich zugeben, dass wir uns mittlerweile, quasi seit "Shang-Chi" und den "Eternals" in einem Feld bewegen, wo mir die Helden nicht mehr wirklich etwas sagen und auch im vorliegenden Fall hatte ich von diesem kostümierten Götter-Avatar noch nie etwas gehört oder gesehen. Das macht die Sache im Umkehrschluss aber natürlich auch deutlich spannender als bei den alteingesessenen Helden, bei denen selbst die Nicht-Comic-Enthusiasten größtenteils grob Bescheid wissen dürften, was deren Origin und Kräfte angeht. So widmet sich die von Jeremy Slater kreierte Serie also frischen, neuen Figuren und ist allein dahingehend schon ein Novum, dass es die erste der Marvel-Serien beim hauseigenen Streamingdienst Disney+ ist, die gänzlich ohne Gastauftritte und Cameos bekannter Figuren auskommt, was natürlich einerseits ihre Eigenständigkeit unterstreicht, andererseits die Frage aufwirft, ob und inwieweit Mastermind Kevin Feige und Team schon überlegt haben, wie sie die Figur in Zukunft zu nutzen gedenken. [...]

                    • 5 .5

                      [...] Es dürfte jetzt nicht das riesige Geheimnis sein, dass ich grundsätzlich Filme mit Anna Kendrick gerne sehe und so war ich auch früh gespannt auf „Stowaway – Blinder Passagier“, auch wenn ich skeptisch war, ob ich Kendrick die Astronautin abnehmen würde. Nun hat es zwar letztlich wieder eine ganze Weile gedauert, bis ich Zeit und Muße für den Film gefunden habe, aber am Ende war das Ergebnis die Neugierde auch kaum wert, denn leider enttäuscht der Film auf so vielen Ebenen, dass seine eigentlich vielversprechende Prämisse kaum zum Tragen kommt. Die ist es nämlich, mithilfe der autarken Situation an Bord des Schiffs eine Art Weltall-Kammerspiel zu inszenieren, bei dem zunehmend philosophische, im weiteren Verlauf regelrecht existenzialistische Fragestellungen aufgeworfen und behandelt werden. So darf man sich natürlich hier auch keinen Weltraum-Thriller klassischer Bauart erwarten, gleichwohl Regisseur Joe Penna in seinem zweiten Spielfilm zuweilen gern auf diesen Pfaden wandelt. Das gelingt ihm auch gar nicht mal schlecht, doch geht die Art der Inszenierung in diesen Szenen einerseits zulasten der menschlichen, emotionalen Komponente, andererseits der Logik, die hier ohnehin oft ein Schattendasein fristet. [...]

                      • 6 .5

                        [...] Es ist nun schon eine geraume Weile her, dass mich bei Netflix ein Film namens „The Discovery“ zu begeistern gewusst hat und ich muss gestehen, im Vorfeld nicht auf dem Schirm gehabt zu haben, dass nun eben auch „Windfall“ dem Schaffen von Regisseur Charlie McDowell entspringt. Beide Filme könnten unterschiedlicher auch kaum sein, wobei sie sich ja zumindest einen Teil der Besetzung teilen. Die ist hier im Übrigen sehr spärlich geraten und es passt, dass die Idee zum Film im Zuge der Corona-Pandemie aufkam, denn schließlich ist auch das Setting recht überschaubar und konzentriert sich einzig und allein auf das abgeschieden gelegene Anwesen inmitten pittoresker Landschaften, wo sich drei ungleiche Gestalten begegnen. Seinen Reiz bezieht der Film wiederum daraus, dass vieles an dem Zusammentreffen von Einbrecher und Beraubten so gar nicht dem entspricht, was man sich verhaltensmäßig in dieser Konstellation von den Figuren erwarten würde, was zu einem zwar leisen, aber sehr gelungenen humorigen Einschlag führt, den die Geschichte die meiste Zeit mit sich bringt. [...]

                        • 6

                          [...] Die bereits zweite Kollaboration zwischen Shawn Levy und Ryan Reynolds binnen kurzer Zeit ist ein auffällig ungewöhnlicher Film geworden, was in diesem Fall allerdings leider nicht unumwunden positiv zu werten ist, sondern eher bedeutet, dass „The Adam Project“ wirkt, als würde er Fantasy-Filmen der 1980er huldigen, seine Stärken aber gänzlich andernorts ausspielt. Von der Action nämlich oder auch der Zeitreise-Prämisse an sich braucht man sich hier nichts erwarten, was man nicht schon dutzende, ach, was sage ich; hunderte Male besser erlebt hat, so dass es einzig und allein der Art der Inszenierung und den beteiligten Darsteller*innen zu verdanken ist, dass der Film stattdessen mit einigen emotionalen Momenten und durchaus anrührenden Szenen zu punkten vermag, wohingegen der Rest wirklich gnadenlos auf der Strecke bleibt. Der Auftakt wirkt dabei noch durchaus einladend und vielversprechend, zumal sich Adam und Adam, als Zukunfts- und Gegenwarts-Ich des Protagonisten, recht früh begegnen und angenehm wenig Aufhebens darum gemacht wird, welche Paradoxa das mit sich bringen und wie sich das allgemein auf den Zeitstrom, aber eben auch auf Adam auswirken könnte. [...]

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                          • 8
                            über Fresh

                            [...] Der jüngst bei Disney+ gestartete „Fresh“ ist wieder einer dieser Filme, an die man bestmöglich gänzlich unvorbereitet und bar jeder Information herangeht, wozu ich auch allen eindringlich raten mag, derweil es lobenswert ist, dass dann doch selbst der Trailer verhältnismäßig wenig wirklich verrät. Okay, dass es nicht bei der anfänglichen RomCom bleibt, das darf verraten und als bekannt vorausgesetzt werden, wobei es dennoch perfide ist, was einen dann nach der überlangen, rund dreißigminütigen Exposition erwartet, denn ausgerechnet bei Disney hätte man das so bis vor kurzem noch nicht erwartet. Gut, also man weiß, dass alles mit der klassischen Mädchen-trifft-Junge-Geschichte startet und zudem, dass es zu einem erzählerischen Bruch, einem Paradigmenwechsel kommt, der das Ganze in Richtung Horror-Thriller kippen lässt. Alles andere aber sollte man dann schon dem Film selbst überlassen, es zu erzählen. Wer jetzt übrigens schon zu wissen meint, in welche Richtung der Hase läuft, wird sicherlich in vielen Punkten recht behalten, aber beinahe ebenso oft falsch liegen, denn Drehbuchautorin Lauryn Kahn versteht es trefflich, mit Erwartungshaltungen und Genre-Klischees zu spielen. [...]

                            • 6

                              [...] Schon die von Kenneth Branagh realisierte Neuverfilmung von „Mord im Orient-Express“ wusste mich seinerzeit nicht restlos zu begeistern, aber doch gut zu unterhalten, weshalb für mich außerfrage stand, nun auch dem Besuch in Ägypten beizuwohnen, zumal „Tod auf dem Nil“ ganz ohne Zusatzkosten ohnehin beim Streamingdienst Disney+ aufgeschlagen ist. Gerne würde ich nun behaupten, dass sich das Ergebnis sehen lassen könne, doch leider ist die Angelegenheit – wenn auch solide inszeniert und besetzt – eher eine Enttäuschung geworden, wobei der Film spürbar auch als Opfer der Corona-Pandemie ist, wenn ich ihm einfach mal wohlwollend attestiere, dass manches anders – und besser – inszeniert worden wäre, hätte es nicht einschlägige Einschränkungen und Hemmnisse gegeben. So aber krankt diese neue Agatha-Christie-Verfilmung alleine schon an ihrem Setting, denn ungeachtet dessen, dass natürlich der Orient-Express optisch deutlich mehr hermacht als ein Schiff auf dem Nil, wirkt ausgerechnet diese Kulisse – im Studio gebaut und um Hintergründe ergänzt – reichlich steril, beinahe trist, aber keineswegs lebendig, schwül, exotisch, schillernd. [...]

                              • 8 .5

                                [...] Zugegebenermaßen bin ich erst mit „The Favourite“ auf Yorgos Lanthimos gestoßen, beziehungsweise aufmerksam geworden, doch dafür habe ich mich dann nun auch einem seiner Vorgängerwerke gewidmet, das gefühlt ein ziemliches Schattendasein führt, denn obwohl hochkarätig besetzt und von der Prämisse her mehr als nur ein wenig neugierig machend, ist „The Lobster“ hierzulande lediglich auf DVD erschienen. Beispielsweise bei Netflix allerdings steht das gute Stück zum Abruf bereit und ich möchte schon jetzt eine Empfehlung aussprechen, bevor ich mich weitergehend mit Lanthimos‘ erstem englischsprachigen Spielfilm beschäftige, der voller Qualitäten und Einfälle steckt, sich ehrlicherweise sein Publikum aber auch wirklich suchen muss, denn die Geschichte dieser verzweifelt nach Liebe suchenden Menschen, die bei einem möglichen Misserfolg in Tiere verwandelt und dergestalt den Rest ihres Daseins fristen würden, ist vom Mainstream schon merklich entfernt und auch die Art des Storytelling oft so bedächtig, dass es manchem schlicht zu getragen und behäbig sein dürfte (auch wenn dadurch gewisse Gewaltspitzen und Überraschungsmomente nur umso offensiver und drastischer ins Gewicht fallen). [...]

                                • 7 .5

                                  [...] Zu meinem großen Glück wusste ich ja dank David Lowerys „A Ghost Story“ grob, was für eine Art Film mich erwarten würde, denn ich kann und mag mir kaum ausmalen, wie es jemandem erginge, der „The Green Knight“ mit der Erwartungshaltung zu sehen beginnt, ein klassisches Mittelalter-Abenteuer oder gar Mainstream-Fantasy präsentiert zu bekommen. Vom Look und der Optik her mag sich das Werk sicherlich kaum verstecken brauchen, doch davon abgesehen gibt es nicht mehr allzu viel, womit Regisseur und Autor Lowery das Publikum nicht zu verprellen imstande wäre, denn egal, ob es um ein dramaturgisches Konzept in drei Akten, eine zufriedenstellende Auflösung oder tiefschürfend charakterisierte (Neben-)Figuren geht, Enttäuschung lauert theoretisch allerorten bei diesem Film, der sich so ziemlich allem verweigert und verschließt, was man dieser Tag als üblich betrachten würde. [...]

                                  • 6 .5

                                    [...] Ich habe mich durchaus länger bereits im Vorfeld auf und über „The Bubble“ gefreut, was einerseits an der Besetzung, andererseits am zugrundeliegenden Konzept des Ganzen lag, das in Kombination durchaus erfrischende Unterhaltung zu liefern versprach. Zugegebenermaßen waren da der erste Trailer und die ersten (negativen) Pressestimmen bereits ein erster Dämpfer, zumal man ja durchaus weiß, wie man speziell bei Netflix solche zunächst vielversprechend klingenden Projekte an die Wand zu fahren weiß. In dem Fall haben sich – für mich – aber die zurückgefahrenen Erwartungen als Glücksfall erwiesen, denn auch wenn es Fakt ist, dass viele der witzigsten Momente bereits im Trailer verbraten werden, dass die Autoren Judd Apatow und Pam Brady manches Mal übers Ziel hinausschießen, dass vieles schmissiger und stringenter hätte inszeniert werden können, ist es doch immer noch ein streckenweise anarchisches, zuweilen zeitgeschichtliches Dokument, das zwar nicht immer dann am besten ist, wenn es komplett freidreht, dafür aber oft einen schelmischen Aberwitz erkennen lässt, der über handwerkliche Schwächen hinwegsehen lässt. [...]

                                    • 5

                                      [...] Es ist verdammt schwierig, sich eine wirkliche Meinung zu „Get a Job“ zu bilden, der nun auch schon wieder zehn Jahre auf dem Buckel hat, obwohl der Film erst 2016 erschienen ist, was schon nicht gerade für ihn und seine Qualitäten spricht, wenn er sage und schreibe vier Jahre im Giftschrank des Studios verharrt hat, bevor er überhaupt auf die Menschheit losgelassen wurde. Kein Wunder, dass er nun noch mehr wie aus der Zeit gefallen wirkt, denn was "damals" noch aktuell gewirkt haben mag (in Bezug auf die Bedeutung von Online-Redaktionen, in Bezug auf Apps und den Vormarsch von Social Media) ist nun eben längst nicht mehr up to date und der ganze Aufhänger, eine Schar planloser Millennials auf Jobsuche zu begleiten, lockt natürlich ebenjene Millennials – zu denen ich übrigens auch zähle – längst nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Auch sonst, so muss man einräumen, ist der Film nun wahrlich kein dramaturgisches Meisterwerk geworden und auch in Sachen Humor geht man oft und gern den Weg des geringsten Widerstands, so dass viel von dem kruden Witz ebenfalls längst nicht mehr zeitgemäß wirkt, ganz zu schweigen davon, dass es auch schon zu Zeiten der Dreharbeiten – also 2012 – nicht unbedingt witzig gewesen sein muss. [...]

                                      • 7 .5

                                        [...] Eigentlich wollte ich mich ja heute der dritten Staffel der Vampir-Mockumentary „What We Do in the Shadows“ widmen, doch dann sprang mich gestern bei Amazon Prime unvermittelt die Empfehlung für „Wolf Like Me“ an und nach einem kurzen Blick auf die Besetzung habe ich kurzerhand und wohlgemut eingeschaltet, ohne so recht zu wissen, was mich überhaupt erwarten würde. Meine Unwissenheit, meine Naivität ging sogar so weit – man mag es kaum glauben –, dass mir zunächst entging, dass mich eine Werwolfs-Geschichte erwarten würde, denn bei dem Wolf im Titel habe ich zunächst nur an den Wolf im Schafspelz und im übertragenen Sinne an Geheimnisse und Intrigen in der Nachbarschaft gedacht, während ich über das durchaus präsente Wolfs-Stofftier in der ersten Episode herzlich schmunzeln musste. Klar, so fehlgeleitet und schief gewickelt muss man erst einmal sein, aber was ich damit sagen will ist, dass man sogar gehörigen Spaß mit dieser australischen Miniserie haben kann, wenn man selbst von der Prämisse im Vorfeld keinerlei Ahnung hat. Zu sehr großen Teilen mag das zwar auch an der formidabel gewählten Besetzung liegen, doch die meiste Zeit wird die eben auch von einem durchaus cleveren und in vielen Nuancen frischem und unverbrauchten Skript unterstützt. [...]

                                        • 8

                                          [...] Im Grunde ist es eine Schande, dass „Nightmare Alley“ weder in den Staaten noch hierzulande ein sonderlicher Kinoerfolg beschieden war, ganz davon abgesehen, dass die Chancen dafür dieser Tage so schlecht stehen wie selten, zumal es sich eben nicht um einen leichtfüßig-unterhaltsamen Bombast-Blockbuster handelt sondern vielmehr ein vielschichtiges und abgründiges Drama vor schwelgerischer wie phantasmagorischer Kulisse, das ganz unverkennbar die Handschrift von Regisseur und Mit-Drehbuchautor Guillermo del Toro trägt. Im Umkehrschluss hat es natürlich auch sein Gutes, wenn man – wie ich – noch nicht recht gewillt ist, in die Lichtspielhäuser dieser Welt zurückzukehren, denn so hat es der Film keine drei Monate nach deutschem Kinostart zum hauseigenen Streamingdienst Disney+ geschafft und steht nun dort seit dem 16. März ohne Zusatzkosten und in bester Qualität zum Abruf bereit. Nicht, dass der Film dank fulminanter Optik und liebevollster Kulisse und Ausstattung auch auf der großen Leinwand zu glänzen gewusst hätte, gefiel mir letztlich die vergleichsweise intime Atmosphäre hier ganz besonders, um mich auf dieses zweieinhalbstündige Drama der besonderen Art und Güte einlassen zu können, dass del Toro hier kredenzt. [...]

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                                          • 6

                                            [...] Viel Wirbel und Aufregung gab es bereits im Vorfeld zu “Tiefe Wasser“, wobei das alles kaum filmischer Natur gewesen ist, sondern sich mehr auf die – mittlerweile schon wieder beendete – Romanze zwischen den beiden Hauptdarstellern fokussiert hat oder darauf, dass Disney sich entschieden hat, den Film weder in die Kinos, noch hierzulande zum hauseigenen Streamingdienst zu bringen, sondern stattdessen die Rechte verhökert hat, so die Chose in unserem Fall nun eben bei Amazon gelandet ist. Der Film selbst ist allerdings auch kaum die Aufregung wert, wie man schnell feststellen wird, wenn man dem wahlweise als Psycho- oder Erotik-Thriller vermarkteten Werk eine Chance gibt, denn auch wenn man damit werben wollen mag, dass Regisseur Adrian Lyne nach zwei Dekaden aus der Versenkung zurückkehrt und eben auch für – in der Sparte Hollywood-Erotik – kultige Werke wie „9 ½ Wochen“ verantwortlich zeichnet, ist das Ergebnis doch sehr handzahm, bemüht und zuweilen beinahe langatmig geraten. [...]

                                            • 8

                                              [...] Noch bevor man hierzulande wirklich Gelegenheit gehabt haben dürfte, Wes Andersons aktuellen Film „The French Dispatch“ im Kino zu begutachten, nachdem er pandemiebedingt mehrfach verschoben worden ist, landete die pittoreske Liebeserklärung des eigenwilligen Regisseurs mit der einzigartigen Handschrift bereits am 23. Februar auf Disney+ und erfreut dort seither die Abonnent*innen, so man sich denn für Andersons Schaffen grundsätzlich erwärmen kann. Mehr denn je ist es diesmal nämlich Geschmackssache und persönliche Entscheidung, ob man dem Regisseur mit Kusshand und Begeisterung begegnet oder dessen Werke verschmäht. So gab es schließlich in beispielsweise „Moonrise Kingdom“ oder „Grand Budapest Hotel“ noch eine durchgehende Geschichte und treffend skizzierte Charaktere, während sich Anderson hier mehr denn je auf visuellen Einfallsreichtum und skurrilen Gestus verlässt, denn immerhin vereint er in dem kaum zweistündigen Reigen gleich vier Geschichten, angereichert noch durch einleitende Eröffnung und den abschließenden Nachruf auf Herausgeber Arthur Howitzer Jr., der wiederum als Reminiszenz an Harold Ross verstanden werden darf, der wiederum Mitbegründer des wöchentlichen Magazins „The New Yorker“ war, dessen prestigeträchtige Geschichte ganz allgemein Pate stand für das fiktive „The French Dispatch“. [...]

                                              • 7

                                                [...] Nachdem ich mich jüngst erst über ein Wiedersehen mit Kristen Bell in der Netflix-Thriller-Satire „The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window“ freuen durfte, stand nun an anderer Stelle – in dem Fall Amazon Prime – ein nächster Pflichttitel auf dem Programm, denn seit dem 20. Februar steht hier nun die Krimi-Komödie „Queenpins – Kriminell günstig!“ zum Abruf bereit und lockt mit einer aberwitzigen Story und Prämisse, die bislang noch kaum je in einem Film thematisiert worden sein dürfte. Hier geht es um nichts weniger als einen Millionen-Dollar-Betrug, der auf dem – insbesondere in Amerika wohl – ungemein beliebten Couponing beruht, wobei das nur die Ausgangslage ist für einen immer weitere Kreise ziehenden Trickbetrug, bei dem sich die Protagonistinnen eine goldene Nase verdienen. Ernst nehmen sollte man – auch wenn die Geschichte damit kokettiert, zumindest von wahren Ereignissen inspiriert worden zu sein – hier aber besser nichts, denn dafür liegen die Sympathien viel zu offenkundig bei den beiden Hobby-Verbrecherinnen, obwohl die nun wirklich keinen Grund dafür hätten, sich in bester Robin-Hood-Manier zu Rächerinnen der Entrechteten aufzuschwingen, die den skrupellosen Großkonzernen jetzt mal zeigen, wie der Hase läuft. [...]

                                                • 7 .5

                                                  [...] Beinahe zwei Jahre lang hat man alle Begeisterten und Interessierten warten lassen, was eine zweite Staffel „Upload“ anbelangt und ich muss zugeben, dass ich zwischenzeitlich durchaus damit gerechnet habe, entweder von der sang- und klanglosen Absetzung der Serie zu erfahren oder selbige gar bereits verpennt zu haben. Umso erfreulicher war die Meldung der Veröffentlichung der Folgestaffel am 11.03.22, dicht gefolgt von der Ernüchterung, dass diese diesmal lediglich sieben Episoden umfasst, im Vergleich zu immerhin zehn Episoden in der ersten Staffel „Upload“. Quantität bestimmt ja aber bekanntermaßen nicht über das Maß an Qualität und erfreulicherweise sind die sieben Episoden wieder allesamt sehenswert geraten und sogar eine Spur weniger von oft doch eher kindischem Humor durchzogen als noch in der ersten Staffel. Das soll jetzt keineswegs heißen, dass die Serie nun weniger witzig wäre, aber einen Hauch mehr Niveau gibt es dann doch schon und darüber hinaus eben wieder allerhand spleenige Einfälle, speziell was das Leben im digitalen Jenseits von Lakeview angeht. [...]

                                                  • 8 .5

                                                    [...] Geschlagene achteinhalb Jahre ist es nun her, dass mich ein gewisser Thomas Vinterberg mit „Die Jagd“ zu begeistern gewusst hat und entsprechend war schnell meine Neugierde geweckt, als ich das erste Mal von „Der Rausch“ Kenntnis nahm, der nun eben auch den Regisseur und Drehbuchautor Vinterberg mit Schauspieler Mads Mikkelsen zusammenführt, der schon das eingangs genannte Werk zu einem emotional eindrücklichen Film gemacht hat. Nun spricht eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht automatisch für eine weitere von ähnlicher Güte doch in diesem Fall sieht sich die Annahme bestätigt, denn Vinterberg und Mikkelsen gelingt ein eindrückliches Portrait einer Gesellschaft, die gleichsam vom Alkoholkonsum beflügelt, im selben Maße aber auch verdammt wird. Das führt zu einer Gratwanderung, die den Film zu einem Paradebeispiel einer Tragikomödie werden lässt, denn nach anfänglich euphorischer Hochstimmung brechen sich selbstredend auch zunehmend Probleme im Alltag Bahn, die sich mitnichten mit (noch mehr) Alkohol lösen lassen, was zunehmend die tragische und fatalistische Komponente offenbart, die einer Erzählung wie dieser zwangsläufig innewohnt. [...]