Sigmund - Kommentare

Alle Kommentare von Sigmund

  • Schöne Liste!

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    • Ja, schwacher Film. Manchmal haben längere Finanzierungsphasen immerhin den einen Vorteil, dass man die Zeit nutzen kann um am Drehbuch zu feilen. Hier hat man, wie es aussieht, nach dem Go von Netflix eine beschämende Frühfassung vorschnell runtergekurbelt.

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      • Die Inarritu-Protz-Theorie ist schon ne steile These. Aber ich steh drauf, dass die Redakteure hier eigene Meinungen haben dürfen. 👌💪👏

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          Kurze Warnung:
          Der junge Regisseur dieses Films ist überaus talentiert, keine Frage. Auch wenn er sich in seinen enorm hohen, soziopoetischen Ambitionen hier in manchen Momenten verhebt, und die eine oder andere Szene dann umkippt in Effektkitsch und gelegentlich auch Trash – Aster hat wieder einen bemerkenswert eigenständigen Film geschaffen, mit gleich mehreren (!) ikonischen Szenen. Großen Respekt dafür.
          Gleichzeitig erscheint mir der junge Mann so unreif zu sein wie eine grüne Banane. Warum? Vor allem wegen eines inszenatorischen Ärgernisses, wie ich es sonst nur von den Trotteln oder eben Arschlöchern unter seinen Kollegen kenne. Aster hat nämlich ein paar gekonnte, extrem explizite Gore-Momente im Angebot, die er dem Zuschauer leider sehr viel rücksichtsloser als nötig – ich versuche seine Subtilität mal in Worte zu fassen: in die Fresse hämmert.
          Erfahrene Erzähler wissen, dass nicht alle Zuschauer bereit sind, sich jeder Dosis an Rohheit ungefiltert auszusetzen. Deshalb lassen sie dem Zuschauer die Wahl, selbst zu entscheiden ob er sich Bilder ansieht, die er vielleicht nie wieder vergisst. Zum Beispiel, indem sie solche Bilder durch eine kleine, erzählerische „Rampe“ vorbereiten und dem Zuschauer so ermöglichen, sich rechtzeitig abzuwenden. Green Banana Ari Aster dagegen ist wie ein kleiner, fieser Schuljunge und will einfach maximal schockieren. Mehrfach schneidet er ohne Ankündigung (zB als Szenenanfang) auf Close-ups von zertrümmerten Schädeln und Gesichtern, die leider sehr viel realistischer gestaltet wurden als in gemütlichen Gore-Klassikern wie Evil Dead.
          Dabei würde er die anderen Schuljungs, die gerne damit angeben wie heftige Sachen sie schon gesehen haben, doch auch kriegen, wenn er dem restlichen Publikum die Rampe lassen würde!
          In einer Welt, die sich um seelische Zusammenhänge schert, würde ich vorschlagen, solche Nettigkeiten mit hohen Geldstrafen zu belegen, und spaßeshalber vielleicht auch noch mit ein paar strammen Peitschenhieben auf den nackten Po. Hier will ich aber mal nicht so sein und vor allem die Qualitäten des Films in seine Bewertung einfließen lassen. Um keinen zu hohen Preis für den Genuss von „Midsommar“ zu zahlen, empfiehlt es sich allerdings wegen der besagten Momente, ein möglichst abgestumpfter Klotz zu sein.

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            Sigmund 14.10.2019, 13:27 Geändert 19.11.2019, 16:55

            Private Filmgeschichtchen, Folge 18:
            Gestern hatte ich einen kurzen, geschäftlichen Termin auf dem Cologne Filmfestival. Vier Stunden mit dem Zug aus Hamburg hin und nochmal vier Stunden zurück, für gerade mal zwei Stunden Arbeit in Köln. Also sah ich mich dort um, ob nicht zufällig ein interessanter Film des Festivals die übrige Zeit meines Kurztrips versüßen konnte.
            Und tatsächlich, der neue Roy Andersson passte mit seinen schmalen 78 Minuten perfekt in den Zeitplan. Ich liebe seine Filme. Der schwedische Filmemacher hat eine so unverwechselbare Form entwickelt, die auch noch dermaßen gut zu dem passt was er zu erzählen hat, dass man ihn inzwischen bekanntlich zu den Granden zählt.
            Trotzdem hatte ich nicht geahnt, was für ein Geschenk „Über die Unendlichkeit“ für mich sein würde, zumal ich den Film ausgerechnet in Köln sehen durfte. Überraschenderweise enthält er nämlich eine Szene, die von genau dieser Stadt erzählt – und zwar denkbar erschütternd und zutiefst berührend. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mir da die Tränen nur so die Wangen hinunter kullerten.
            Diese Ergriffenheit mag auch daher kommen, dass Köln mir viel bedeutet, weil ich in der Nähe aufgewachsen bin und von meinem Kindheitsbalkon bei gutem Wetter den Kölner Dom sehen konnte. Es war sicher auch die Sorgfalt, die mich berührte, mit der Andersson und seine Szenenbildleute die Ruinenwüste der bombenzerstörten Stadt minutiös als wirklichkeitsgetreues Modell nachgebildet hatten, inklusive der gesprengten Rheinbrücken (bitte unbedingt im Kino ansehen). Obendrein spielte bei diesem magischen Moment sicher eine Rolle, dass der Film im größten Saal des Festivalkinos lief, der mit etwa dreihundert Menschen gut gefüllt war – was bei einem Roy Andersson Film leider nicht sehr oft der Fall sein dürfte. Am meisten bewegte mich aber der Zusammenhang, den ich hier nicht vollends spoilern möchte, in den der Film diese Stadt Köln stellt, die vor dem Zweiten Weltkrieg noch für ihre Schönheit bekannt war.
            Es klingt vielleicht ein bisschen hochtrabend, aber manchmal genügt eine Filmszene um einem so etwas wie ein Fenster zu einem tieferen Verständnis der Wirklichkeit zu öffnen.
            Vorsichtshalber merke ich mal an, dass man von „Über die Unendlichkeit“ nicht unbedingt das erwarten sollte, was man normalerweise von Filmen eben erwartet. In mancher Hinsicht steht Andersson der Bildenden Kunst näher als den gängigen filmischen Narrativen, gerade in diesem Fall. Wer aber Freude am Philosophischen hat oder an altersmilder Weisheit im ganz großen Stil, der wird einiges mitnehmen können aus diesem lakonischen Panoptikum über die Tragik und Schönheit unserer Existenz.

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            • Hab erst ein paar Folgen gesehen. Aber wow! Genial freigeistig. Klug. Superwitzig. Und die ehrlichste Serie die ich kenne. Auch wenn es manchmal ein bisschen wehtut. <3

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              • Schönes Fazit. Danke Dir für Deinen Einsatz!

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                • Sigmund 26.03.2019, 10:50 Geändert 26.03.2019, 12:30

                  Surprise, Surprise! Da kommt jemand genauso primitiv rüber wie seine zynischen Filme.

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                  • Sigmund 04.03.2019, 11:31 Geändert 04.03.2019, 11:34

                    Sehr schöne Liste! Macht Spaß sich da durchzuwühlen, auch wenn es bestimmt niemanden gibt, der alles was ihr hier raushaut 1:1 unterschreiben würde. Aber dafür sind die verschiedenen Geschmäcker, Wertewelten und Gewichtungen ja da: um ordentlich Thermik zu machen, weil jeder überzeugt davon ist, sein Urteil sei das einzig richtige.
                    Wobei ich hier tatsächlich ziemlich oft eurer Meinung bin! Und wenn ihr euch noch ein bisschen mehr Film- und Lebenserfahrung draufschafft, werdet ihr sicher auch bald die Meisterschaft von BIRDMAN erkennen :D :-*

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                    • 5 .5

                      Wie schön, wenn sich erfolgreiche Filmemacher zu Projekten hinreißen lassen, die in kein gewöhnliches Gefälligkeitskorsett passen. Fatih Akin haut hier ein bemerkenswertes Brett an funkelnder Hässlichkeit raus. So gut wie alle Figuren seines neuen Films sind zerfurcht von Alkohol und Selbsthass, Einsamkeit, Verzweiflung. Zwischen Verwesungsgeruch, Erbrochenem und nicht enden wollenden Demütigungen ist es vor allem das Gefühl der Hoffnungslosigkeit in diesem fratzenhaften Absturzmilieu der „Totalverlierer“, das an Fassbinders Galligkeiten erinnert wie schon lange kein anderer Film mehr. Leider aber nicht auf demselben Niveau.
                      Akin lässt viel Potenzial liegen, vor allem bei der Zeichnung seiner Hauptfigur. Honka ist mit dem 23jährigen Jonas Dassler viel zu jung besetzt - im Vergleich zum historischen Honka sowieso, aber auch weil Dasslers sichtliche Körperfitness nicht recht zusammenpassen will mit Honkas vom täglichen „Vernichtungstrinken“ brachial ruinierter Gesundheit. Honka wirkt durch und durch künstlich. Aber nicht im Sinne einer gelungenen Karikatur oder Überhöhung. Selbst die extremsten Charaktere können sich wahrhaftig anfühlen. Dieser nicht. Das liegt wohl auch an einigen seiner Grimassen, die an uninspirierte B-Film-Psychopathen erinnern und dazu führen, dass der filmische Honka nie zu der Art von Lebendigkeit erwacht, die im Grunde jede starke Filmfigur ausmacht.
                      Man könnte argumentieren, dass es im Falle von drastischen Abgründen sinnvoll ist, dem Zuschauer ein wenig Distanz zu gewähren. Hier aber ist die Distanz zur Hauptfigur so groß wie zu den Pappkameraden eines Horrorkabinetts.
                      Stellt sich die Frage: Kann man als Ottonormalmensch überhaupt eine gewisse Nähe aufbauen zu einer so „kaputten“ Existenz wie Fritz Honka? Klar kann man das! Eine Ahnung davon kommt im Mittelteil des Films auf, wenn Honka als sehnsuchtsvoller Nachtwächter bei aller Überzeichnung auf einmal eine Handvoll glaubwürdiger, nuancierter, starker Momente bekommt. Leider nur für kurze Zeit. Der Rest bleibt blass wie eine konzepthafte, unbelebte Behauptung, da hilft auch der Bezug zur Wirklichkeit nicht viel.
                      So ist der Zuschauer letztlich unterfordert. Und darf weiter ganz unbehelligt der bequemen Illusion aufsitzen, dass ihn mit den gezeigten Abgründen keinerlei Schnittmenge verbinde. Schade!

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                      • Eine Logo-Aktualisierung als "große Änderung" (!) zu verkaufen... so beschädigt ihr eure schöne Website.

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                        • 7 .5

                          Berlinale-Gewinner haben in den letzten Jahren oft polarisiert, doch keiner so sehr wie Touch me not. Kann man hier überhaupt noch von polarisieren sprechen? Fast könnte man sagen, die Jury um Tom Tykwer stand mit ihrer Ehrung des Films auf einer einsamen Insel im Ozean der Verrisse.
                          Wird ein Film von ernstzunehmenden Filmexperten so sehr hochgehalten, während er von anderen ernstzunehmenden Filmexperten dermaßen niedergemacht wird, dann scheint er einen Nerv getroffen zu haben. Spannend! Rührt er sogar an einem Tabu? Vielleicht.
                          Während die Tabus der Vergangenheit normalerweise schnell begreifbar sind, wie zB Homosexualität, Gewaltdarstellung oder die Entblößung von Genitalien, sind die Tabus der Gegenwart nicht immer auf den ersten Blick als solche erkennbar. Für gestern wie heute gilt aber: Ein Tabu kratzt in irgendeiner Weise an einer Wahrheit, die von vielen Menschen als unangenehm empfunden wird. So unangenehm, dass man noch nicht bereit ist, diese Wahrheit ins Bewusstsein vordringen zu lassen. Ihr lieber ausweicht. Nicht darüber spricht. Oder sie leugnet.
                          Manche Dinge lassen sich sehr einfach leugnen, andere weniger, zB die eigene Sterblichkeit. Um die weiß ja nun wirklich jeder. Und doch klingt die vollkommene Auslöschung des Selbst irgendwie unerträglich. Wie könnte man sie also akzeptieren? Vermutlich nur mit einem spirituellen Überbau. Religiöser Glaube ist in der westlichen Welt über weite Teile der Gesellschaft allerdings nicht mehr populär. Zweifel haben sich breit gemacht.
                          Deshalb ist es heute besonders naheliegend, Dinge beiseite zu schieben, die uns an das Unausweichliche erinnern. ZB dass der Mensch eigentlich eine ziemlich kartoffelige Kreatur ist, die mit den Jahren immer schrumpeliger wird, voll von vielen, nicht immer wohlriechenden Körpersäften und mit begrenzter Haltbarkeit. Eine schlichte Wahrheit, die schnell zur Zumutung werden kann, wenn am Ende des Weges nur noch der schwarze Tod auf einen wartet.
                          Aber kann die Lösung sein, das immer wieder wegzuschieben? Wir sind halt nicht aus Plastik oder Porzellan. Hinzuschauen, gerade dort wo es nicht angenehm ist, wo es schmerzlich persönlich wird, im Außen wie im Inneren, ist doch ein guter Weg sich selbst und andere besser kennenzulernen! Natürlich gehört Mut dazu, die schrumpelnde Kreatur wieder in ihrer ganzen Komplexität zu entdecken, die sie auf so vielen Ebenen ausmacht. Aber dann kommt wie von selbst auch wieder mehr Schönheit ans Licht.
                          So ist es auch in diesem unglaublich intimen, manchmal prätenziösen, sperrigen, interessanten, großen, kleinen Film.

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                            Sigmund 05.11.2018, 19:57 Geändert 07.11.2018, 17:17

                            Musterbeispiel für einen vermutlich gut gemeinten, aber leider schlecht gemachten Film. Wobei mit schlecht gemacht nicht die offensichtlichen Kategorien gemeint sind. Bei Kamera, Szenenbild, Schauspiel, Schnitt und den meisten übrigen Gewerken wurde handwerklich schon sauber gestaltet, wenn auch in erster Linie auf Gefälligkeit getrimmt. Mit schlecht gemacht meine ich vor allem das wirklich schlimme Drehbuch und die peinigende Regiearbeit.
                            Filme kosten viel Geld, und deshalb sollen sie ihrem Publikum auch gefallen. Ein guter Film schafft das unter anderem dadurch, dass er seinen Zuschauern den einen oder anderen Einblick in unser Wesen offenbart. Und wenn es auch noch gelingt, jener Tragik, die viele unserer inneren Widersprüche nun einmal mit sich bringen, mit Humor zu begegnen, dann kann man dieser Tragik vielleicht etwas von ihrer Schwere abtrotzen, und jeder ist froh auf der Welt zu sein.
                            „Toni Erdmann“ oder auch „25km/h“ und selbst „Das schönste Mädchen der Welt“ sind Beispiele für deutsche Filme der letzten Zeit, denen es gelingt, derart Beglückendes zu vermitteln und dabei anhand von filmischen Charakteren greifbar und spürbar über Menschen aus Fleisch und Blut zu erzählen. Genau das gelingt „Was uns nicht umbringt“ ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Hier fühlen sich alle Figuren konzepthaft an. Ausgedacht. Lebensfern. Und fast noch schlimmer: sehr, sehr uninteressant.
                            Das liegt zum einen daran, dass die meisten Beziehungs-Konstellationen dieses Ensemblefilms eher mit Pseudokonflikten aufgeladen sind als mit dem, was Menschen tatsächlich umtreibt. Wenn beispielsweise die arg naiv gezeichneten Rollen von Bjarne Mädel und Jenny Schily nicht gleich zusammenkommen können, dann liegt das hier an einem Missverständnis, das entsteht als Bjarne seinen Job im Zoo ganz selbstlos kündigt, damit Jenny ihren dort behalten kann. Die Ärmste weiß das aber nicht und denkt seitdem, er halte sich für etwas Besseres. Konstruierter geht es kaum.
                            Ähnlich süßlichen Schmonzes muss der Zuschauer schlucken, wenn der schwule Fritz den Leichnam seines verstorbenen Freundes nicht sehen darf, da dessen Familie das mit dem Schwulsein eben nicht so toll findet – bis er laut krakeelend im Krankenhausflur gebändigt werden muss, von einem Pfleger und einer Krankenschwester, die das trotz maximaler Melodramatik erstaunlich locker hinbekommen.
                            Überhaupt ist der Film voller falscher Töne. Wenn Therapeut Max einer Patientin rät: jetzt, wo sie nicht mehr FÜR ihren verstorbenen Mann schreiben könne, könne sie ja immer noch ÜBER ihn schreiben – dann sieht die Frau ihn allen Ernstes an als sei ihr, der Schriftstellerin, diese Idee noch gar nicht gekommen! Und als sei dieser geniale Geistesblitz der Weg aus ihrem Leid.
                            Autsch autsch autsch.

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                            • 6 .5

                              Surprise, surprise, Sönke Wortmann is back! Nicht einfach nur mit einem Film, sondern zum ersten Mal seit langer, langer Zeit mit einem überraschend guten.
                              Ein paar Abstriche muss man schon machen, wenn zu Beginn die Charaktere arg aufgesetzt daherkommen, wie in deutschen Komödien leider so oft. Hat man aber erstmal das Diskurshafte abgestreift, das sich um den „Adi-Gag“ entspinnt, und die Klischeedichte etwas heruntergefahren, verabschiedet sich nach und nach auch die Betulichkeit, und der Film wird mehr und mehr zu einer beachtlich treffenden Satire auf den gehobenen Mittelstand, zwischen Bildungsbürgertum und zeitgeistnahem Midlife-Narzissmus.
                              Wohl nicht zuletzt wegen der Qualitäten des Drehbuchs (¿Claudius Pläging?) und der Dialoge entwickeln die Akteure dann auch noch einiges an ungeahnter Spielfreude. Christoph Maria Herbst hat ja schon öfter seine Funny Bones bewiesen, aber auch Florian David Fitz sieht man hier gerne zu, Caroline Peters gibt einen wirklich virtuosen Monolog, und selbst Justus von Dohnanyi chargiert sich zur Abwechslung mal nicht um Kopf und Kragen. Ich habe gut gelacht.
                              Wenn ganz am Ende der Erklärbär vorbeischaut um die Aussage des Films seinem Publikum plump vorzukauen, ist es fast schon schade, dass es einem doch recht schwer gemacht wird den Film als echte Mainstream-Perle zu empfehlen. Besser als seine klemmige, französische Vorlage ist er allemal.

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                              • Steile Thesen. Aber im Kern schon zutreffend. Schöner Artikel!
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                                Für erfahrene Filmegucker sind die entsprechenden Inhalte und Schemata dann allerdings arg durchsichtig. Hinzu kommt, wie im Video angesprochen, dass die Filme auf gestalterischer Ebene so gesichtslos sind wie Zahnpastawerbung. Wegen der teuren Produktionskosten werden schwer kontrollierbare Experimente (zB. individueller Ausdruck) leider gescheut, was konkret bedeutet: so gut wie keine Ecken und Kanten, kaum Lebendigkeit, null Originalität.
                                Da kann man mit Recht lange drüber klagen. Es ist nun aber wie bei allen Produkten so, dass der eigentliche Produzent der Konsument ist. Sprich: So lange Disney und Marvel schwarze Zahlen schreiben, kann man ihnen kaum zum Vorwurf machen, dass sie mit anspruchslosen Fastfoodfilmen die Kinos vollspammen.

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                                  Man könnte ja schon ein paar Punkte springen lassen für diesen Film. Das tolle Ensemble, die sorgfältig arrangierten Songs, das durchaus gekonnte Sommerlaune-Wohlfühlprodukt.
                                  Nur schlägt das Wohlgefühl in meinem Fall auch mal um, wenn das an sich künstlerische Medium allzu kalkuliert und schablonenhaft daherkommt. Zu sehr bin ich mit der Branche verstrickt, um hier nicht in jeder Dialogzeile, jeder Wendung, jedem Setting die Marketingstrategie vor Augen zu haben.
                                  Zynisch wird es, wenn nicht einmal die Macher an all das Glück glauben, das sie dem Zuschauer da verkaufen. Wenn sie von Vätern erzählen, die ihre wichtigsten Geschäftspartner sitzen lassen um der Tochter eine Freude zu bereiten. Wenn Menschen nicht handeln wie Menschen, sondern wie die Erfüller von Sehnsuchtsphantasien. Wenn die Figurenzeichnung so flach und austauschbar ist, dass fast jede Rolle mit einem einzigen Wort umrissen werden kann. Wenn Tanzchoreografien so gleichmacherisch sind wie der Stechschritt von namenlosen Soldaten, denen man jede Individualität genommen hat. Brrr, da lauert hinter der gefälligen Wohlfühlwärme die Zombikälte.
                                  Dazu passend hat man sich fürs Finale die gute Cher aufgehoben, mit ihrem straffen Antlitz und dem Hals einer 30jährigen. Nur ihr manchmal etwas steifer Gang verrät, dass darunter das Greisenalter modert. Und vielleicht ist es genau das, was Kitsch ausmacht: Da ist etwas auf den ersten Blick irgendwie schön – aber wenn man genauer hinschaut, blättert die Tünche ab, und es tun sich Abgründe auf.
                                  Hätte man diese Art von Absurditäten noch betont und die recht klebrige Soße wenigstens mit einem Augenzwinkern kredenzt, der Film hätte eine tolle Satire werden können. Und das meine ich wirklich ernst. Aber wenn ein Film dem Zuschauer nahelegt, lieber nicht genauer hinzuschauen, dann reicht es, zumindest bei mir, nicht einmal für einen halben Punkt.
                                  Und ich liebe ABBA!

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                                  • Gerade die ersten 10 Minuten gesehen. Nicht gut genug um sich damit den Hintern abzuwischen.

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                                    • Sigmund 17.06.2018, 14:20 Geändert 17.06.2018, 14:21

                                      Mein fast perfekter Doppelmord droht wegen eines kleinen Fehlers aufzufliegen, doch ist es am Ende ausgerechnet dieser schicksalshafte Lapsus, der mich bei der Polizei entlastet.

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                                        • Ein <3chen für Tully und Reitman und Jen.

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                                          • Schwieriges Thema, ziemlich komplex. Gibt einiges an für und wider, aber mir gefällt die Cannes-Entscheidung.
                                            Wenn man wie Netflix kinotaugliche Filme grundsätzlich nicht mehr im Kino zeigt, ist das kulturell erstmal doof. Das Kino ist der wohl einzige Ort, an dem Filme die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers bekommen können und ihre volle Wirkung überhaupt entfalten – gerade wenn sie für die große Leinwand gemacht sind, wie z.B. "Auslöschung".
                                            Wenn Berlinalechef Kosslick sagt, er gehe nie ins Kino, dann ist er der falsche Mann für den Job. Wenn ein Streamingportal sich aus wirtschaftlichen Gründen dem Kino verschließt, dann ist es – unabhängig von der Qualität der eigenen Filme – genauso wenig ein Freund des Kinos.
                                            Netflixfilme werden auch in Cannes weiter laufen, allerdings nicht im Wettbewerb. Finde ich eine gute Entscheidung und das richtige Maß.

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                                            • Jenny <3
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                                              Dann muss ich Moviepilot wohl doch wieder mehr Zeit widmen :-)

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                                              • Leider ein sehr treffender Artikel über die Verarmung des Kinos.
                                                Aber: Es ist auch Trost in Sicht, denn der Niedergang dürfte inzwischen dem ultimativen Tiefpunkt recht nahe sein. Was immerhin bedeutet, dass eine weitere Verschlechterung der Lage so gut wie ausgeschlossen ist. Und der nächste filmkulturelle Aufschwung nur eine Frage der Zeit.

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                                                • Lustig an dem Artikel sind die Zahlen in Klammern, gleich hinter dem jeweiligen Usernamen. Normalerweise wird so ja das Alter der betreffenden Person angegeben. Und auch hier macht es Sinn. Dass man beispielsweise mit zweieinhalb noch nicht die Reife und Qualität von "Toni Erdmann" so richtig erfassen kann, ist nachvollziehbar. In dem Alter kann man ja nun wirklich noch nicht sehr viele Filme gesehen haben.

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