Die besten Musikdokumentationen von 2006 aus Nordamerika

  1. Full Metal Village
    6.7
    7.3
    102
    43
    Dokumentarfilm von Sung Hyung Cho mit Uwe Trede und Lore Trede.

    Wenn der Kirchenchor "Großer Gott, wir loben Dich" anstimmt, ertönt ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt auf der Black Metal Stage ein lautes Grollen. Dort grölt der Leadsänger von "Kreator" gerade "Enemy of God" ins Mikrofon und brüllt etwas vom grenzenlosen Hass, der Unsterblichkeit des Bösen und von Visionen des Tötens. Der kulturelle Unterschied zwischen den Bewohnern von Wacken und den aus der ganzen Welt angereisten Heavy Metal Fans kann bei oberflächlicher Betrachtung nicht größer sein. Hier Spitzenblusen, goldene Kruzifixe und dunkle Einreiher, da schwarze Lederhosen, Nietenhalsbänder, tätowierte Teufel und schulterlange Haare. Einmal im Jahr, am ersten Wochenende im August, ist es in dem kleinen schleswig-holsteinischen Dorf Wacken vorbei mit Ruhe und Beschaulichkeit, die sonst das Leben in der 2000-Seelen-Gemeinde prägt, denn dann findet für drei Tage das Wacken Open Air Festival statt. Angefangen hat das alles vor 17 Jahren in einer Kuhle mit ein paar hundert "Headbangern". In den darauffolgenden Jahren kamen ein paar Tausend. Jetzt ist das Wacken Open Air mit 40.000 Metallern aus aller Welt so etwas wie ein Wallfahrtsort geworden. "Full Metal Village" setzt sich mit dieser kuriosen, liebenswürdigen Begegnung zweier Kulturen auseinander. Der Film dokumentiert jedoch - über das temporäre Musikereignis hinaus - das Bild einer ländlichen Gemeinde, deren Identität und deren Zusammenhalt ohne das Heavy Metal Festival nicht mehr denkbar scheint. Da ist zum Beispiel der schlaue Bauer Trede, der sich neben der traditionellen Landwirtschaft mit einer Biogasanlage, mit Aktiengeschäften und mit der Verpachtung der Festival-Wiesen seine "Nebeneinkünfte" sichert. Darüber hinaus koordiniert er Jahr für Jahr über 150 Ordner und Helfer auf dem Wacken Open Air Festival. Bauer Plähn hingegen scheint dies alles nicht zu interessieren. Wenn er zigaretterauchend im Stall sitzt und wartet, bis die Milch auf 40 Grad erwärmt wird, scheint die Zeit für eine Weile still zu stehen. "So macht Landwirtschaft Spaß", sagt er und seufzt. Norbert, Mitbegründer des Festivals vor 17 Jahren und seit ein paar Jahren arbeitslos, geht inzwischen nur noch als Besucher auf das Festival. Seinen Ausstieg bedauert er inzwischen. Für die 16-jährige Kathrin bietet das Festival die Möglichkeit, einmal im Jahr aus der Enge des Dorflebens auszubrechen und mit Leuten aus aller Welt zu feiern. Am liebsten würde sie mal verreisen, was anderes sehen, "Urlaub in Bayern, oder so". Ihre Oma Irma hält hingegen nichts vom Wacken Open Air und der schauerlichen Musik, den Teufelsanbetungen und blutigen Ritualen, von denen man sich erzählt. Auf dem Festival war sie allerdings selbst noch nie... Das Dorf scheint seit cirka 17 Jahren einen gravierenden Wandel durchzumachen. Das reicht von den Umwälzungen in der unrentabel gewordenen Milchwirtschaft bis zu einer Neudefinition des jahrhundertealten, bäuerlichen Selbstverständnisses. Vielleicht meint Bauer Trede genau diesen Mentalitätswandel, wenn er sagt: "Menschen sind besser zu melken als Kühe".

  2. 5
    7
    1
    Dokumentarfilm von Sven Halfar mit Adé Bantu und Daniel Kretschmer.

    D-Flame, Mamadee und Adé begegneten sich zum ersten Mal, nachdem der Schwarze Alberto Adriano in einem Dessauer Park von drei Jugendlichen erschlagen wurde. Über zwanzig der bekanntesten afrodeutschen Musiker schlossen sich daraufhin zu dem Bandprojekt "Brothers Keepers" zusammen, spielten die Maxi Adriano (Letzte Warnung) und das Album Lightkultur ein, an dem sich auch das weibliche Pendant "Sisters Keepers" beteiligte. Sie zogen durch ostdeutsche Schulen, um selbst mit den Kids zu sprechen. Vor diesem Hintergrund entstand der Dokumentarfilm Yes I Am! von Filmemacher Sven Halfar, der die drei Musiker Adé, D-Flame und Mamadee eindrucksvoll und einfühlsam portraitiert. Anhand der persönlichen Lebensgeschichten der Protagonisten erzählt der Film von den Schwierigkeiten, eine afrodeutsche Identität zu entwickeln und der Problematik der Integration in die deutsche Gesellschaft.

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  4. ?
    5
    Dokumentarfilm von Elser Maxwell.

    Auch zehn Jahre nach dem Tod von Rio Reiser ist die Faszination, die von ihm ausgeht, ungebrochen. Aktuelle Buchveröffentlichungen, Bühnenprogramme, Cover-Versionen und Filme bewahren die Erinnerung an den charismatischen Sänger der "Ton Scheine Scherben" und wagen einen neuen Blick auf seine Persönlichkeit und sein Werk. Diese filmische Hommage, zusammengestellt vom ehemaligen Manager der Scherben, Elser Maxwell, zeigt unter anderem Ausschnitte aus Lesungen von Hollow Skai (zusammen mit Marius del Mestre) und Kai Sichtermann (die nicht ganz unumstrittene Biografien von Rio und der Band geschrieben haben) und altes Super-8-Filmmaterial von Egon Bunne, das den Alltag der Scherben-Kommune in Fresenhagen zeigt. "Für Immer Und Dich" ist kein nostalgischer Rückblick, sondern eine Hommage an einen Künstler, der so Kompliziertes wie Liebe und Politik klar und poetisch auf den Punkt bringen konnte und dabei gleichzeitig eine streitbare und vielschichtige Persönlichkeit war, und beides strahlt noch heute eine große Faszination aus.

  5. 8.1
    13
    3
    Musikdokumentation von Nico Raschick.

    Breakdance wurde schon oft totgesagt - und ist so lebendig wie eh und je. Der "Kopf der Woche" geht dem Phänomen nach, stellt die traditionelle Begleitmusik, den Hiphop, vor, zeigt Breakdancer und ihre Geschichte in Ost und West und porträtiert Künstler, die den Schritt aus der Subkultur in die Festspielhäuser geschafft haben. Nico Raschick zeigt in seinem Debütfilm "Here we come - Breakdance in der DDR" ein völlig unbekanntes Bild des Arbeiter- und Bauernstaates: Graffiti auf der Ostseite der Mauer, Breakdance-Moves im Schatten der Volkskammer, Ghettoblaster auf dem Trabbi-Parkplatz. Er erzählt von einer Generation, deren jugendliche Leidenschaft so heftig brannte, dass selbst die Stasi nicht dagegen ankam. Freundschaft, Zusammenhalt und selbstgebastelte Beats waren stärker als jeder sozialistische Betonkopf.

  6. 7.9
    36
    3
    Musikdokumentation von Jeff Feuerzeig mit Daniel Johnston.

    Regisseur Jeff Feuerzeig portraitiert in seiner Dokumentation den vor allem in den 80er Jahren sehr populären Singer/Songwriter Daniel Johnston, der mit dem wachsenden Erfolg an Depressionen erkrankte und sich in Folge dessen von der großen Bühne zurückzog.

  7. ?
    10
    Musikfilm von Julien Temple mit Björk und David Bowie.

    Musikfilm über das älteste Open-Air-Festival der Welt und Europas größtes und beliebtestes Musikevent. 1970 öffnete ein junger Farmer aus Südwestengland namens Michael Eavis erstmals seine 60 Hektar große Land- und Ackerfläche für ein Wochenende. 1.500 Leute kamen und zahlten jeweils ein Pfund, um die Auftritte einer Handvoll Pop- und Folkstars zu sehen. Das Glastonbury Festival war geboren! Und in den folgenden Jahrzehnten wurde die Worthy Farm zum Zentrum außerordentlicher Open-Air-Konzerterlebnisse. Über 35 Jahre, unzählige Live-Performances der größten Rock- und Popstars und Millionen von Konzertbesuchern später existiert das Glastonbury Festival noch immer. Es gilt heute als das am längsten existierende und erfolgreichste Festival der Welt. Glastonbury steht für Live-Musik der größten Bands und Künstler unserer Zeit, für berüchtigte Exzesse aller Art, für Hippies, Rocker, Punks, Freaks, Aussteiger, ganz normale Fans, die ihrem Alltag entfl iehen - und natürlich für Schlamm. Regisseur Julien Temple hat über Jahre hinweg von jedem einzelnen Glastonbury Festival Filmmaterial gesammelt. Amateuraufnahmen, Archivmaterial und von Temple selbst gedrehte Aufnahmen lassen das Festival und seinen Mythos lebendig werden. Konzert-Highlights unter anderem von Coldplay, Morrissey, Faithless, Stereo MCs, Pulp und vielen anderen bringen das Live-Feeling von der Bühne direkt auf den Bildschirm.

  8. 6.5
    15
    5
    Musikfilm von Maja Classen.

    Berlin 2005: Techno ist zurück im Untergrund - exzessiver als je zuvor. Und Berlin ist erneut zum Sehnsuchtsort all derer geworden, die es ernsthaft wissen wollen. "Feiern" zeigt sie dabei, verschwitzt, verstört und überglücklich. "Feiern" läßt die Menschen erzählen, die ihr Leben der Musik, den Clubs und den Drogen widmen. Zugezogene aus Chile oder England, die erst die endlose Abfahrt fanden und dann eine Wohnung in Mitte. Türsteher, Barleute und Tänzer. Berliner DJ's, die ihr erstes Speed auf dem Schulhof kauften um gerüstet zu sein für eine Nacht im Bunker, dem "hardest club on earth". Es sind kaputte Geschichten und Geschichten voller Zärtlichkeit. Alle erzählen von der Suche nach Glück - dem Moment kollektiver Ekstase, der richtigen Platte zur richtigen Zeit, dem 8-Stunden-Gespräch mit einem Unbekannten, der über Nacht zum besten Freund wird, dem Gefühl im Darkroom eines Clubs nichts anderes zu sein als "ein Stück Fleisch das benutzt und benutzt wird." Gespräch für Gespräch wird "Feiern" zum Familienporträt, zur melancholischen Hommage an eine Subkultur, die solange feiert, bis der Husten zur Lungenentzündung und der Blackout zur Psychose wird. In Berlin, so der Londoner DJ und Produzent Ewan Pearson, könne man mit einem Löffel auf einen Kochtopf schlagen; solange es im Rhythmus wäre, würde niemand nach Hause gehen. Lächelnd gibt er seinen Freunden einen Ratschlag mit auf den Weg: "Don't forget to go home!" Wenn sie nicht gegangen sind, so feiern sie noch heute.

  9. 6.5
    18
    4
    Musikfilm von Andreas Geiger.

    Donzdorf am Rande der Schwäbischen Alb. Ein Dorf wie jedes andere mit spitzem Kirchturm, Supermarkt und Neubaugebiet. Doch in Donzdorf hat "Nuclear Blast Records" seinen Sitz, eine der erfolgreichsten unabhängigen Heavy-Metal-Plattenfirmen der Welt. Ihr Chef, Markus Staiger, wuchs wie viele Landjugendliche mit Heavy Metal auf und schuf aus seiner Leidenschaft ein Imperium mit Filialen in Los Angeles und anderen Weltstädten. Hausfrauen des Dorfs arbeiten im Versand und verschicken blutige Totenköpfe an jeden erdenklichen Ort. Listening Sessions finden gerne in der Dorfwirtschaft statt, wo das Dargebotene vom Stammtisch wie von der internationalen Journaille gleichermaßen kommentiert wird. Der Film beobachtet das teilweise skurrile Miteinander von beschaulichen Dorfbewohnern und einer kruden Hard-Rock-Szenerie. Doch die Vorzeichen haben sich inzwischen geändert: Wo früher Heavy Metal noch ein Ausdruck der Rebellion gegen provinzielle Traditionen und Konventionen war, ist er heute fernab von den städtischen Subkulturen zum festen Bestandteil des ländlichen Lebensstils geworden.

  10. 6.5
    23
    9
    Biopic von AJ Schnack mit Kurt Cobain und Michael Azerrad.

    Der Musikjournalist Michael Azerrad interviewte Kurt Cobain in den Jahren 1992 und 1993. Aus diesen über 25 Stunden langen Aufnahmen entstand die Biografie “Come as you are: The Story of Nirvana”. Bis kurz vor seinem Tod gewährte er Azerrad zutiefst ehrliche Einblicke in sein Leben. AJ Schnack nutzt dieses bisher unveröffentlichte Material, Kurt Cobains mit seinen eigenen Worten zu porträtieren. Entstanden ist eine sehr persönliche, stimmungsvolle und sensible Dokumentation über einen Künstler, der viel diskutiert war, jedoch wohl nie richtig verstanden wurde.