Der Zustand des 3D-Films in Deutschland und Europa

21.09.2013 - 12:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Lost Place
Warner Bros.
Lost Place
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Am Donnerstag startete mit Lost Place ein deutscher Horrorfilm in die Kinos – in 3D. Aus diesem Grund haben wir uns angeschaut, wie es denn sonst um den deutschen und europäischen 3D-Film bestellt ist.

Lost Place ist in mehrerer Hinsicht ein mutiger Film. Das Horror-Genre in Deutschland hat seit Anatomie keinen wirklichen Hit mehr gehabt. Zudem versucht sich Thorsten Klein bei seinem Regie-Debut gleich am schwierig zu handhabenden 3D. Ob es ihm gelungen ist, einen würdigen deutschen Vertreter im Horror- und 3D-Genre zu kreieren, könnt ihr seit Donnerstag im Kino sehen. Wir haben das zum Anlass genommen, zu schauen, wie es sonst um den 3D-Film in Deutschland und Europa bestellt ist.

Immernoch geteilte Meinungen
Europa gilt gemeinhin als Entwicklungsland in Sachen 3D-Film. Mit Hollywood können die Länder nicht mithalten, soweit die landläufige Meinung. Aber irgendwo müssen sie doch schlummern, die guten 3D-Ambitionen. Immerhin möchten Deutschland und Europa sicherlich auch ein Stück vom Kuchen abhaben. Auch wenn dieses Stück möglicherweise die verbrannte Kruste und der Kuchen nicht die dreistöckige Torte ist, für die Studios ihn lange hielten. Denn es ist nicht jeder so ein großer 3D-Enthusiast wie James Cameron, der für Avatar – Aufbruch nach Pandora sogar neue 3D-Techniken entwickelte und den Hype im Grunde erst auslöste. Er vertritt die Meinung, dass jede Unterhaltungsform letztendlich in S3D stattfinden und damit das 2D verdrängt wird. Sein Kollege Christopher Nolan hält dagegen und äußert seine Abneigung gegenüber 3D lautstark: “Bis wir auf die Brillen verzichten können oder den Prozess massiv verbessert haben, langweilt [3D] mich etwas.”, sagt er in einem Interview mit The Telegraph. Dem Erfolg seines IMAX-Films The Dark Knight Rises hat der Verzicht auf 3D keinen Abbruch getan. Mit Marvel’s The Avengers mag zwar ein 3D-Film den größten Box-Office 2012 gemacht haben. Aber auf Platz zwei und drei stehen reine 2D-Blockbuster.

Zwischen dieses beiden Extrema befindet sich der deutsche Regisseur Wim Wenders. Er treibt als fast einziger in Deutschland den 3D-Film erfolgreich voran und kann sich selbst nicht mehr vorstellen, zu 2D zurückzukehren. Trotzdem sieht er 2D nicht vom Aussterben bedroht. Und hält es daher mit dem Rieplschen Gesetz, das besagt, dass kein Medium, das sich bewährt hat, je von einem anderen vollkommen ersetzt und verdrängt werden kann. Über sein neustes Projekt Every Thing Will Be Fine mit James Franco sagt Wim Wenders: “Wir betreten mit diesem Projekt erzählerisches Neuland. Ich bin überzeugt, dass das Medium 3D eine ganz neue Dimension der emotionalen Nähe zu unserer Geschichte und ihren Protagonisten ermöglicht.”. Der Film wird von Wenders’ Produktionsfirma Neue Road Movies in Kooperation mit ZDF/Arte produziert und durch Gelder aus europäischen Filmförderungsprogrammen finanziert. Die 3D-Dokumentation Pina von Wim Wenders erntete Begeisterungsstürme, nicht zuletzt wegen des perfekt gelungenen 3D-Effekts. Die Symbiose aus Dreidimensionalität und Erzählstruktur ist gelungen. Angesichts effekthascherischer 3D-Actioner und billig dahingerotzten Konvertierungen, bin ich verleitet zu behaupten, dass Wim Wenders mit Pina die Quadratur des Kreises gelungen ist. Ein anderer deutscher Regisseur, der sich am 3D-Film versuchte, ist Detlev Buck. Wo für Wim Wenders mit 3D emotionale Nähe geschaffen wird, spricht Detlev Buck ganz ähnlich von einem sinnlichen Zugang, den er bei Die Vermessung der Welt nur durch den Einsatz von 3D erreichen konnte. Letztendlich scheiterte Detlev Buck an seinem Drehbuch und nicht an der dritten Dimension. Der 3D-Effekt ist ihm durchaus gelungen, auf eine jahrmarktartige und überbordende Art und Weise. Im Gegensatz zu Wim Wenders besann sich Detlev Buck nach Die Vermessung der Welt zurück auf das 2D-Kino. “Komödien und Kinderfilme funktionieren auch in 2D sehr gut.”, sagt er der Badischen Zeitung. Dass nachträglich konvertierte Filme dem Fortschritt und Image des 3D-Films schaden, darüber sind sich alle Lager einig.

Constantin zwischen 3D-Enttäuschung und 3D-Begeisterung
Die größte deutsche Produktionsfirma Constantin setzt auch ganz auf den 3D-Film. Vor allem sind es animierte Familien- und Kinderfilme in stereoskopen 3D, mit denen Constantin den Anschluss schaffen möchte. Konferenz der Tiere war der erste deutsche 3D-Animationsfilm. Demnächst folgt mit Tarzan 3D die zweite Zusammenarbeit zwischen Constantin und Ambient Entertainment aus Hannover im 3D-Bereich. Konferenz der Tiere konnte inhaltlich nicht überzeugen, da er aus Versatzstücken von Madagascar und Ice Age schlecht zusammengezimmert schien. Da hilft auch kein 3D-Effekt. Das musste auch Martin Moszkowicz, Vorstandsmitglied von Constantin, schmerzlich feststellen. Der Film Wickie auf großer Fahrt war zwar mit 1,8 Millionen Kinobesuchern ein Erfolg, aber hinter Bullys Wickie-Film (5 Millionen Zuschauer) verblasste er sichtlich. “Die Frage ist, was man erwartet hat und wie groß das Potenzial eines Films ist. Da lag ‘Wickie’ unter den Erwartung”, sagt Moszkowicz in einem Interview mit der “Südwest Presse”http://www.swp.de/ulm/nachrichten/kultur/Etwas-Blindflug-bleibt-immer;art4308,1272171.

Trotzdem wird Constantin weiterhin verstärkt auf die stereoskope Technik setzen. Auf seiner Website schreibt die Produktionsfirma, dass sie “vor dem Hintergrund des übervollen Marktes in Zukunft insgesamt weniger Filme produzieren und den Schwerpunkt auf aufwendige S3D-Produktionen [und] Filme mit Event-Charakter” setzen wird. Mit den internationalen Produktionen Resident Evil und Die drei Musketiere scheint das auch zu klappen – zumindest an den deutschen Kinokassen.

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