Egal welcher Abschnitt der Filmgeschichte untersucht wird: Skandale gibt es immer. Vorzugsweise finden sich diese Filme auf diversen Festivals wieder und sorgen nicht nur für die nötige Publicity, sondern regen darüber hinaus zu Diskussionen und Auseinandersetzungen an. So stand auch die Berlinale 1976 ganz im Schatten des großen Skandalfilms: Im Reich der Sinne. Das Werk von Regisseur Nagisa Ôshima lenkte die gesamte Aufmerksamkeit des Filmfestivals auf sich und sorgte für zahlreiche Kontroversen. Vor allem der Vorwurf harte Pornographie wurde dem Film zu Verhängnis und infolgedessen wurde Im Reich der Sinne beschlagnahmt. Schließlich wurde die Indizierung aufgehoben und das Werk konnte ungeschnitten in den deutschen Lichtspielhäusern betrachtet werden. Der künstlerische Gehalt bleibt nach wie vor umstritten. Trotzdem inszenierte Nagisa Ôshima mit dem titelverwandten Film Im Reich der Leidenschaft ein Quasi-Sequel.
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Die Handlung von Im Reich der Sinne basiert auf wahren Ereignissen, die sich so ähnlich 1936 irgendwo in Japan zugetragen haben sollen. Sada Abe (Eiko Matsuda) arbeitet als Geisha in einem Freudenhaus. Dort begegnet sie auch Kichizō Ishida (Tatsuya Fuji), dem Mann der Besitzerin des Hauses. Da sich beide zueinander hingezogen fühlen, beginnen sie schnell eine Affäre. Doch das heimliche Liebesspiel stellt beide nur für kurze Zeit zufrieden und schon bald steht die sexuelle Obsession und das Verlangen nach mehr im Vordergrund. Ihre Welt verkleinert sich daraufhin immer weiter, bis sie schließlich vom sozialen Leben nichts mehr mitbekommen. Es gibt keine Grenzen zwischen Sada und Kichizō und am Ende wird sogar die allerletzte Barriere des Daseins durchbrochen.
Obwohl Im Reich der Sinne in Tokio gedreht wurde, musste die Postproduktion nach Paris verlegt werden, da sich in Nagisa Ôshimas Heimatland niemand an das obszöne Filmmaterial heranwagte. Allerdings verbirgt sich hinter dem Werk weit mehr als Provokation zum Willen des Selbstzwecks. Nicht nur die Handlung von Im Reich der Sinne ist frei von Konventionen, sondern der Film selbst wird zu dem, was er darstellt. Die Figuren erklären sich nicht und von handelsüblicher Narration ist weit und breit kein Spur. Stattdessen vermittelt das Werk eindrucksvoll wie kaum ein zweiter sexuelle Obsessionen und legt menschliche Urinstinkte in einem unkontrollierbaren Etwas von Film offen. Schnell vergessen ist das Reich der Sinne auf keinen Fall. Ein außergewöhnlicher Film, der nicht unreflektiert bleiben sollte.
Was: Im Reich der Sinne (1976)
Wann: 23:55 Uhr
Wo: Tele 5
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