Von wegen Party mit Tom Cruise: Die Wahrheit über Hollywood-Stars bei Festivals

23.05.2022 - 10:45 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Tom Cruise war in Cannes, um Top Gun: Maverick zu promotenParamount
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Die Filmfestspiele in Cannes gelten als das glamouröseste Festival der Welt. Die Realität sieht jedoch anders auch – selbst wenn Tom Cruise vor Ort ist.

6.59 Uhr an einem warmen Morgen im französischen Cannes. Ich starre angestrengt auf den Bildschirm meines Laptops. Genauer gesagt: auf das Gesicht von Mads Mikkelsen. In wenigen Tagen wird der Phantastische Tierwesen-Star in einem der Festival-Kinos an einem Panel-Gespräch teilnehmen und Fragen zu seiner faszinierenden Schauspielkarriere beantworten. Die Art von Event, von dem man träumt, wenn man an exklusive Zugänge in Cannes denkt. In genau einer Minute kann ich endlich die Tickets dafür buchen.

"Rendez-vous with Mads Mikkelsen" nennt sich die Veranstaltung. Als die Uhr auf 7 springt, aktualisiere ich die Seite. Halte den Atem an. Doch der Buchungs-Button ist ausgegraut. Innerhalb von nicht einmal aller Sekunde sind alle Sitze im Saal weg. Oder waren für mich nie buchbar. Das Gleiche passiert einen Tag später mit Dune-Schauspieler Javier Bardem. Ich bin enttäuscht, aber nicht überrascht. Denn wer wie ich dachte, dass prestigeträchtige Festivals bedeuten, Ikonen der Filmbranche auch abseits der großen Leinwand zu sehen, könnte nicht falscher liegen.

Instagram-Fotos und wilde Party-Geschichten vermitteln einen falschen Eindruck von Filmfestivals

Die Filmfestspiele in Cannes sind vielleicht das glamouröseste Filmfestival der Welt – aber eben nur für die Leute, die sowieso schon glamourös sind. Für den Großteil der Anwesenden besteht Cannes aus einem schier endlosen Ablauf aus Tickets für Pressevorführungen buchen, in sehr langen Warteschlangen vor Kinosälen und Pressekonferenzen anstehen, Filme gucken, hastig Texte in den überallhin mitgeschleppten Laptop tippen und das Zeitfenster herbeisehnen, in dem es auf der Dachterasse kostenlos Wein und Bier gibt und man sich beim Panorama-Blick über den Yachthafen auch einmal ganz kurz fühlen darf wie ein wichtiger Mensch.

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Medienschaffende werden durch unterschiedlich farbige Umhänge-Ausweise in unterschiedliche Gruppen eingeordnet, nach denen sich der Einlass zu Veranstaltungen und die Verteilung in den Kinosälen selbst richtet: Weiß und Pink mit gelbem Punkt sind wichtig, Pink (die Akkreditierung, die wir für Moviepilot bekommen haben) ist die Journalismus-Mittelschicht, Blau und Gelb haben in Sachen Tickets oft das Nachsehen. Nur ausgewählte Journalist:innen haben mit sehr viel Glück und weitreichenden Kontakten die Chance auf Premieren-Tickets, Party-Einladungen und Interviews mit den richtig wichtigen Stars.

Ausgerechnet Tom Cruise ist der zugänglichste Star in Cannes

Die ganz großen Hollywood-Ikonen, die in der Festivalzeit Cannes bevölkern und erhaben über den roten Teppich schreiten? Sieht man in der Regel höchstens bei einer Pressekonferenz, nach der sie unmittelbar von Security-Leuten in den nächsten Aufzug gescheucht werden, um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Selbst der rote Teppich ist vom Festivalgelände her kaum einsehbar. Dass Julia Roberts, Jon Hamm und Sharon Stone vor Ort sind, erfahre ich wie der Rest der Welt über Instagram.

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Nur das Rendez-vous mit Tom Cruise findet in einem der größten Kinosäle statt – was bedeutet, dass auch Personen wie ich Karten buchen können. Und ist damit der eine große Star-Moment des Festivals, der sich auch für die Nicht-Auserwählten besonders anfühlen kann. Über eineinhalb Stunden stehen Medienschaffende in der brütenden Mittagshitze Schlange, um die gleiche Luft wie Tom Cruise atmen zu können und über Insta-Stories den Eindruck zu vermitteln, dass man hier in Cannes ganz nah dran ist an den Hollywood-Größen. Auch wir – aber ein klitzekleines bisschen Glamour und Exklusivität muss man ja mitnehmen.

Denn ansonsten bleiben die Stars bei Filmfestivals unter sich, während wir uns im Untergeschoss des Gebäudes um belegte Baguettes für 8 Euro prügeln. Das hier ist übrigens keine Beschwerde, sondern ein Reality-Check. Denn auch mir hatten Party-Berichterstattung und Social Media ein komplett falsches Bild von Filmfestivals vermittelt. Also vergesst Glanz, Glamour und rauschende Parties. Das wirkliche Privileg in Cannes bleibt es, Filme zu sehen, die sonst noch niemand sehen kann. Und das ist ja eigentlich auch ziemlich toll.

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Interessiert ihr euch bei Festivals auch für Stars – oder nur für die gezeigten Filme?

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