William Castle – Die Horrorfilme mit Gimmick

21.05.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Zum Totlachen! Vincent Price, William Castle und Joan Crawford.
Columbia Pictures
Zum Totlachen! Vincent Price, William Castle und Joan Crawford.
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Ganz ohne 3D, CGI und Surround-Sound schuf William Castle mit seinen Gimmick-Horror-Filmen ein eigenes Genre, das die Zuschauer unerreicht zum Teil des Geschehens machte. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, oft als er selbst aufzutreten. Bühne frei!

Wenn es stimmt, dass Gegensätze sich anziehen, dann hätten der subtil zurückhaltende Val Lewton aus der letzten Woche und William Castle unzertrennlich sein müssen. Denn William Castle war vor allem eines: ein Showman reinsten Wassers! Die Gruselfilme des als William Schloss geborenen Castle fanden nämlich nicht nur auf der Leinwand statt, sondern ebenso sehr im Zuschauerraum, und das Erlebnis begann auch nicht erst, wenn sich der Vorhang hob. Castle nahm dazu Anleihen bei seinem großen Vorbild Alfred Hitchcock, trieb dessen Auftritte in seinen Trailern und Filmen jedoch auf die Spitze und reicherte alles mit überkandidelten Gimmicks an, die den Fieberträumen eines lachgassüchtigen Geisterbahnbesitzers entsprungen zu sein schienen.

Als William Castle sich Ende der 50er-Jahre neben dem Regie Führen auch dem Produzieren zuwandte, hatte er bereits einige Dutzend B-Filme quer durch alles Genres gedreht. Beginnend mit Macabre fing er jedoch an, seiner Leidenschaft für multimediale 360-Grad-Zuschauerbespaßung freien Lauf zu lassen. Seine Horrorfilme sollten dabei keine tiefgründigen Botschaften vermitteln oder Einblicke in die Conditio humana gewähren, sondern schlicht und ergreifend unterhalten, wobei sie sich nie besonders ernst nahmen. Neben einer Reihe an eher unbekannten Mimen ließ Castle auch Stars wie Vincent Price und Joan Crawford antreten. Mindestens ebenso wichtig wie die Schauspieler war jedoch die Leinwand- und Vor-Ort-Präsenz von William Castle selbst.

Nicht nur in den Vorschauen wandte er sich persönlich an das Publikum, auch zu Beginn seiner Filme trat er häufig auf, um mit seiner beschwingten Freude am Makaberen die Zuschauer darauf einzustimmen, welches Gimmick diesmal den Filmgenuss würzen würde. Oft wurde der Zuschauerraum zudem von Überraschungen heimgesucht, deren unvermutetes Auftreten manch einem Besucher einen größeren Schrecken eingejagt haben dürfte als das Geschehen auf der Leinwand. Castle selbst reiste gern mit seinen Filmen durchs Land, um seine Einfälle an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Macht euch bereit für die bizarrsten Gimmicks des Kino-Schaustellers William Castle!

Versicherungen, Skelette und ein Kribbeln
Alles begann noch relativ simpel: Jeder Zuschauer von Macabre, in dem ein Arzt seine von einem Fiesling lebendig begrabene Tochter retten muss, bekam vor Filmbeginn eine Versicherungspolice über 1000 Dollar ausgehändigt, falls er oder sie vor Angst sterben sollte. Vor den Kinos warteten Leichenwagen, für weniger schwere Fälle standen stets einige Krankenschwestern bereit.

Für die Vorführungen von Das Haus auf dem Geisterhügel durfte es dann schon einem Nummer größer sein. Vincent Price lädt als Millionär Frederick Loren fünf Menschen in sein Spukhaus ein und verspricht jedem 10.000 Dollar. Jedem, der die Nacht überlebt! Um dies nicht zu einfach werden zu lassen, ist das Haus mit jeder nur denkbaren Falle ausgestattet … und schon bald auch mit jeder Menge Schreien! Diese dürften auch einige Zuschauer ausgestoßen haben, denn gegen Ende des Films konnte schon mal ein Skelett über ihre Köpfe hinweg schweben. Ganz in Wanderzirkusdirektor-Tradition, gab William Castle dem Prozess auch noch einen beeindruckenden Namen: Emergo!

Aller guten Dinge sind drei, und so bietet Schrei, wenn der Tingler kommt, abermals mit Vincent Price, Castles wohl berühmtestes Gimmick. Wie der von Price gespielte Pathologe Dr. Warren Chapin herausfindet, ist der titelgebende Kribbler ein Tierchen, das an der Wirbelsäule von Menschen wächst, die sich ängstigen. Nur durch einen herzhaften Schrei kann der kleine Racker wieder vertrieben werden, andernfalls wird gestorben. Um auch das Publikum in die richtige Stimmung zu bringen, waren hin und wieder einige Sitze mit vibrierenden Motoren ausgestattet. Diese wurden aktiviert, als sich der Tingler in einer Szene des Films in einem Kino herumtrieb. Der Name des Verfahrens: Percepto! Zudem wartet der Schwarzweiß-Film mit einer äußerst effektiven Farbsequenz auf, und Prices Charakter begibt sich auf einen LSD-Trip. Zu rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich. Überhaupt verleiht Price mit seinem formvollendeten Gentlemantum der absurden Geschichte eine Seriösität, die die Albernheit des Geschehens um ihn herum nur noch mehr hervortreten lässt.

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