goodspeed - Kommentare

Alle Kommentare von goodspeed

  • 10

    „Vor 40 Jahren gab es Harold & Maude. Vor 20 Jahren gab es Wallace & Gromit. Jetzt ist die Zeit reif für: MARY & MAX“

    Eine Tagline, die den Kern des Films sehr treffend definiert. Der australische Regisseur Adam Elliot blieb mit dem Kinodebüt seinen erzählerischen Wurzeln treu. Wie sein Oscar prämierter Kurzfilm „Harvie Krumpet“ lebt auch „Mary & Max“ von den losen Erzählungen seiner Hauptfiguren. Eine eigentliche Handlung existiert nicht, viel mehr entsteht der erzählerische Sog aus emotionalen Momentaufnahmen und ausgesprochenen Gedanken. Die Charaktere sind der Film. Kein Wunder also, dass die beiden mit unendlich vielen kleinen exzentrischen Eigenschaften und Anekdoten ausgestattet wurden, die nicht selten an die liebenswerte Verschrobenheit eines Jean-Pierre Jeunet Films erinnern.

    Bei „Mary & Max“ handelt es sich um keinen niedlichen Kinderfilm. Das beweisen die eingestreuten Themen wie Suizid, Depression, Autismus und diverse Formen von Angstzuständen, die sich stets unter dem Schleier der süßen Charaktere verstecken, was aber nicht ihre Wirkung schmälert. Besonders gegen Ende wird der Zuschauer in ein Wechselbad der ausufernden Emotionen gestürzt und in diesen Momenten beweist der Film sein einzigartiges Wesen zwischen Knuddelplastik und ernster Melancholie. Auch visuell wurden eigene Wege gegangen, um den Kontrast zwischen eines scheinbar kindgerechten Stop-Motion Animationsfilms und den psychologisch anspruchsvollen Aspekten der Themen zu unterstreichen. Entstanden ist ein in Schwarzweiss- und Sepiatönen getauchter Film, der tatsächlich irgendwo zwischen dem sanften Anarchismus von „Harold & Maude“ und der cartoonigen Liebenswürdigkeit von „Wallace & Gromit“ zu finden ist.

    Musikalisch sollte man genau hinhören. Selten entfalten alte Klassiker einen solch dichten neuen Zauber wie im Falle von „Mary & Max“. Leroy Andersons „The Typewriter“ findet man ebenso auf der Tonspur wie „Zadok der Priester“, besser bekannt als die UEFA Hymne. Sergei Prokofievs „Tanz der Ritter“ gesellt sich neben den Oldie „Qué Será, Será“. Ein griechischer Sirtaki neben Puccinis „Humming Chorus“ aus „Madame Butterfly“. Eine einzigartige, wenn nicht sogar verrückte Mischung voll fremder Assoziationen. Und doch schafft es der Film alle bisherigen Erinnerungen auszublenden und die Lieder in ein völlig neues Licht zu setzen. Mary und Max selbst werden von dem, ebenfalls zweckentfremdeten Lied „Perpetuum Mobile“ akustisch umrahmt. Das Stück ist bereits im Trailer zu hören und verleiht den beiden Hauptcharakteren eine liebevolle, zarte, beinahe zerbrechliche Melancholie.

    Mary und Max verbindet eine ganz besondere Freundschaft, die alle bestehenden platonischen und romantischen Grenzen sprengen. Der Film ist zum Schmelzen schön, steinerweichend niedlich, besitzt einen eigenen entwaffnenden Humor und zielt mit seiner tief verwurzelten Melancholie mitten ins Herz.
    Es bleibt nur eine Frage: Warum wurde dieser Film bei den diesjährigen Oscarverleihungen schamlos übergangen?

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    • 10

      Jeux d’enfants gehört, wenn man sehr viel Glück hat, zu den Filmen, die sich einem ins Herz und den Verstand brennen und ein Leben lang nicht mehr los lassen. Als ständige Erinnerung wie vielschichtig, inspirierend aber auch selbst zerstörerisch Liebe sein kann.

      Die Ideen, die dieser Film besitzt, sind so schön, so feinfühlig, so überraschend, so tragisch, so andersartig, so...ich muss es sagen, so französisch wie es nur geht.
      Der Film verlässt sich nicht allein auf Konventionen, sondern geht für sein Ziel, eine nicht alltägliche Liebesgeschichte zu erzählen, andere Wege. Der Kampf, den die beiden Hauptfiguren ausfechten, hat innere Beweggründe. Ihr Spieltrieb und ihre Art wie sie miteinander umgehen, steht im harten Kontrast zu ihren Gefühlen. Und das ist die Hürde die sie meistern müssen. Äußere Konflikte gibt es so gut wie gar nicht sondern nur die selbst auferlegten Regeln (ich staune jedes mal über die Genialität, wie das Drehbuch diese Schwäche zu einer Tugend erhebt).
      Der ganze Film besteht nur aus Reaktionen. Reaktionen ausgelöst durch direkte gegenseitige Beeinflussung. Die ganze Welt als eine persönliche Bühne. Aber warum? Der Film könnte als klassische Romanze nach 30Minuten enden, aber stattdessen beginnt eine Odyssee der selbst zerstörerischen Art. Egal wie erniedrigend die Streiche auch sind, ständig schafft es der Film auch in den abwegigsten Szenen einen Hauch von Romantik zu erzeugen.
      Keine Romantik des Kitschs mit Samt oder rosa Herzchen sondern eine der inneren unausgesprochenen Sehnsucht. Sie lieben sich und bewerfen sich trotzdem mit Dreck. Sie hassen sich und können trotzdem nicht voneinander lassen.

      Eine solch einzigartige Geschichte muss natürlich auch entsprechend inszeniert werden und da hat sich Regisseur Samuell kräftig ins Zeug gelegt. Michel Gondry oder Jean-Pierre Jeunet hätten es nicht besser machen können. Mit vollen Farbeimern, markanten Schnitten, surrealen Visual Effects und bissigem Voice-Over wird hier eine Atmosphäre zwischen kindlicher Unschuld und erwachsener Leidenschaft erzeugt.

      Auch akustisch beweist der Film seine Qualitäten. Der Score ist feinfühlig und verspielt, emotional geladen und doch kühl distanziert wenn es darauf ankommt.
      Die unzähligen Chansons Covers garnieren das Ganze mit einem wohligen Gefühl.

      Einzige Kritik, die ich anbringen kann, zielt auf die letzten, traumähnlichen Szenen des Films. Vielleicht bekamen es die Macher mit der Angst zu tun oder waren von der eigenen Waghalsigkeit schockiert. Wie auch immer, die letzten paar Minuten verwässern den ganzen Film indem sie ihn seiner Intensität und Kraft berauben. Manchen mag ein solches Ende vielleicht Mut und Hoffnung vermitteln, aber das wäre ein Ende um des reinen Selbstwillens und im Widerspruch zum Rest des Films.
      Man muss die Schönheit in der abschließenden Ironie erkennen. Liebe kann verblassen, weichen und auch verschwinden. Aber nicht wenn man sie an ihrem Zenit festhält und nicht mehr loslässt. In Stein gemeißelt, für immer.

      • 9 .5

        Bin sprachlos. Überwältigend. Fühlt sich an wie eine Mischung aus Kubricks The Shining, Cronenbergs The Fly und Aronofskys eigenem Requiem for a dream. Natalie Portman fickt den Zuschauer um den Verstand. Wahnsinn!

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        • 9 .5

          Als ich den Film zum ersten mal sah, war ich regelrecht aus dem Häuschen. Ich liebte die Figur von Elwood, seine Sanftmütigkeit und seine naive Art. Der ewige Optimist, der sich irgendwann dazu entschlossen hat, dem Leben nur noch mit Liebeswürdigkeit zu begegnen.
          Die Geschichte gerät nie in Versuchung die Handlung auf den Boden der Tatsachen zu holen. Oder liegt es an Elwoods entwaffnenden Charakterzügen, die dem Film gar nicht die Chance gaben in Erklärungsnot zu geraten? Ebenfalls ganz groß die vielen kleinen Zufälle, oder eben vielleicht doch Harveys Spiel mit dem Schicksal, das alles scheinbar zufällig in die richtigen Bahnen lenkt.

          Wundervoll sind die Szenen in denen die Geschichte auf ihre eigene selbstverständliche Naivität baut, sich aber gleichzeitig die ganze Metapher dahinter zu erkennen gibt. Beispielsweise die Szene mit Veta, als sie erläutert, dass Fotografien nur die Oberfläche zeigen, Gemälde dagegen das Innere, die Träume und Wünsche offenbaren, der Kontext in der Szene aber völlig Kopf stand. Perfekt!

          Der Film ist eine einzige Metapher für Toleranz, Individualität oder vielleicht auch einfach nur eine Erinnerung an die vielen kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen und die wir leider zu oft vergessen.

          "In this world, you must be oh so smart or oh so pleasant. Well, for years I was smart. I recommend pleasant. You may quote me."

          1
          • 9 .5

            Drei Filme schaffen es im Schnitt pro Jahr, mir eine vergoldete 10 zu entlocken. Sie müssen nicht perfekt sein, aber sie müssen mich innerhalb der ersten fünf Minuten zum Strahlen bringen und mit demselben Strahlen wieder nach Hause entlassen. Dazwischen möchte ich das Leben bejahen, verfluchen und vor Freude und Trauer einfach drauflos schreien dürfen. Das sind die seltenen Filmerlebnisse, nach denen ich täglich Ausschau halte - und heute war es wieder so weit: The Help

            Spielbergs Die Farbe Lila trifft auf Irvings Gottes Werk und Teufels Beitrag. Bevor ich mich erdreiste, diesem Film eine ausführliche Kritik aufzudrücken, muss ich morgen als allererstes das Buch kaufen - und auffressen!

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            • 9 .5
              über Brick

              Ein Genrefilm außerhalb seines schwarzen Genres. John Hughes Chinatown tanzt zum Cowboy Bebop - inklusive des inspirierendsten Match Cuts seit Kubricks 2001. Aber eigentlich bin ich nur geplättet und sprachlos...

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              • 9 .5

                Gibt es einen schöneren Appell für den Kampf um Liebe und den täglichen Erhalt von Romantik als diesen Film? Gut, er ist vulgär, er ist triefend vor Kitsch und ja, Eier-Schädel Adam Sander ist auch dabei. Dennoch, dieser psychologisch-verkappte Murmeltiertag atmet Romantik in Reinform und stimuliert mit seiner cleveren Vermischung von Drama und Komödie alle Sinne, besonders die Ohren: Wouldn't it be nice!

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                • 9 .5

                  Es war mal ein Film, dessen Trailer wirkte wie ein sonderbarer Kampffilm, in dem sich soziale Außenseiter in filmisch zelebrierten Untergrundkämpfe die Köpfe einschlugen. Bestenfalls die Kenner der Vorlage, auf der der Film beruhte, dürften geahnt haben, dass hinter den stilisierten Hochglanzbildern und gewalttätigen Auseinandersetzungen mehr stecken könnte. In den Kinos war dem Film kein Erfolg gegönnt, aber bereits dort attestierten die Kritiken dem Film herausragende, beispiellose Qualitäten. Der Name des Films: „Fight Club“. Der Rest ist Geschichte. Heute bezweifelt niemand mehr, dass mit „Fight Club“ ein Film geschaffen wurde, der eine ganze Generation mitprägte und der mit ihrer Stimme sprach. Mit „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“ hielt nun ein Blutsverwandter Einzug in die deutschen Kinos, der inhaltlich zwar komplett andere Wege geht, aber dem ein ähnliches Schicksal bevorstehen könnte.

                  „Scott Pilgrim“ kann auf drei Arten betrachtet werden. Entweder man sieht in den bunten, epileptischen Bildern nur ein hypernervöses Videospiel, das irgendwie den Weg in die Kinos schaffte. Oder man findet sich in der Flut von ausufernden Zitaten zu recht und verliert sich in der nerdigen und äußerst unterhaltsamen Show. Eine Show fernab jeglichen Realitätsansprüchen, übersprudelnd mit Kreuzverweisen auf den aktuellen Zeitgeist, die direkt einen Generationen übergreifenden Nerv trifft, irgendwo zwischen Nintendo- und Youtube Ära.
                  ODER, man empfindet den Film wie eben beschrieben, blickt aber zusätzlich hinter die Neon-Fassade und erkennt in dem knallbunten und zuckerhaltigen Bonbon einen tieferen Sinn. Denn genauso wenig, wie „Fight Club“ nur ein Film über kämpfende Männer der Arbeiterklasse ist, stellt „Scott Pilgrim“ ein Film über verliebte Tweenies, die zu viele Videospiele gespielt hatten dar. Der Film funktioniert auf einer metaphysischen Ebene, wo die sieben „bösen Exfreunde“ jeweils für einen Aspekt von Ramona Flowers Psyche stehen. Wenn man sich ihren Charakter näher betrachtet, ihre Zurückhaltung gegenüber Scott Pilgrim, ihr ständiges Verschwinden, ihre Ablehnung Gutes in ihr Leben zu lassen oder die Tatsache, dass die Kämpfe stets nur in ihrer Gegenwart stattfinden, wird erkennbar, dass Scott Pilgrim nicht gegen reale Menschen sondern gegen manifestierte Personifikationen von Ramonas Unterbewusstsein kämpft. Selbst Anzeichen einer Borderline Persönlichkeit könnten auf den Film projiziert werden und würden dem ganzen eine zusätzliche Fassette verleihen. Aber auch ohne diese Deutungen stellt „Scott Pilgrim“ der kreativste, frischeste und zumindest in audiovisueller Hinsicht innovativste Kinofilm dar, den man dieses Jahr sehen durfte.

                  Regisseur Edgar Wrights neuster Geniestreich (Shaun Of The Dead, Hot Fuzz) wurde im Vorfeld als der „Citizen Kane“ der internetaffinen Generation betitelt. Große Worte, die doch ein Fünkchen Wahrheit enthalten. Tatsächlich würde jedoch der Vergleich mit dem anfangs erwähnten „Fight Club“ dem Film besser zu Gesicht stehen. „Scott Pilgrim“ zeichnet sich weniger durch soziale Kritik, als durch psychologische Auseinandersetzung mit den Unzulänglichkeiten der Generation 2.0 aus. Früher waren es Filmzitate, heute ein Feuerwerk an intermedialen Kreuzverweisen und selbstreflexiven Erkenntnissen. Kurzum, Spaß Spaß Spaß, aber auf clevere und tiefsinnige Art. Zumindest wenn einem der Sinn danach steht.

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                  • 9 .5

                    Es gibt nur wenige Filme im Jahr, die es wirklich verstehen mich zu begeistern und wirklich berühren. Mich persönlich thematisch, visuell und auch akustisch ansprechen und in mir den Wunsch keimen lassen, es wäre mehr als "nur" ein Film.

                    (500) Days Of Summer ist erfrischend unkonventionell. Der Film springt wie es ihm beliebt zwischen den Titel gebenden 500 Tagen umher ohne genaue Chronologie. Das erscheint auf den ersten Blick etwas unsinnig, macht schlussendlich aber den großen Unterschied aus. So werden Szenen verknüpft die Wochen und gar Monate auseinander liegen und die mit dem neu erschaffenen Kontext und Kontrast zwischen völliger Hingabe und totalem Liebesfrust eine eigene Dynamik gewinnen.
                    Zooey Deschanel und Joseph Gordon-Levitt sind für sich alleine zauberhaft und in ihren besten gemeinsamen Momenten noch zauberhafter. Aber wirklich Eindruck hinterlassen sie am Ende wenn sie in gereifter Form wieder erscheinen (um es mal spoilerfrei auszudrücken).

                    Am Ende des Films lässt einem der Film mit diesem einen besonderen Gefühl zurück. Jenes Gefühl, das meiner Meinung den Zauber des Kinos definiert. Wenn man es als Filmemacher schafft, den Zuschauer so zu beeinflussen, dass er sich am Ende des Films erlöst und inspiriert fühlt - nicht bloß darüber nachdenkt sondern wirklich körperlich empfindet - dann darf man sich meiner Meinung nach wirklich Filmemacher nennen. Und dieser Hinsicht haben beide Autoren und der Regisseur, den Gipfel bezwungen
                    Gerade weil der Film von sich behauptet kein Liebesfilm zu sein und während der Hälfte seiner Laufzeit nur Zweifel und Frustration schürt, berührt er die Herzen. Auch dank der wunderschönen, bitter-ironischen Schlussaussage - eine Kunst, für die die Franzosen bislang bekannt waren.

                    (500) Days Of Summer ist sarkastisch in der Inszenierung, verträumt-naiv im Herzen , ehrlich in seiner Aussage. Das macht aus ihm einen unvergesslichen Film und beschert ihm einen Platz in meiner Liste der zeitlosen Klassiker, die mich immer auf die selbe Weise packen und faszinieren werden!

                    "Most days of the year are unremarkable. They begin, and they end, with no lasting memories made in between. Most days have no impact on the course of a life.".

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                    • 9

                      Schwer zu sagen, was den Reiz von "Man on Wire" ausmacht. Sind es seine narrativen Feinheiten, die die Spannung eines raffinierten Heistfilms mit der Faszination einer gut recherchierten Dokumentation verbindet? Oder die unbehagliche Spannung, die aus den Archivaufnahmen der Twin Towers entspringt und der Dokumentation unterschwellig eine völlig neue, nachdenkliche Dynamik verleiht, die an unserer Post-9/11-Generation nicht spurlos vorbeizieht? Tatsächlich werden die Terroranschläge mit keinem Wort und mit keiner Silbe erwähnt - und gerade deswegen erlangt der Film eine immense symbolische Kraft. Oder ist es doch Protagonist Petit als leidenschaftlicher, charismatischer Künstler und egozentrischer, abgehobener Entertainer - dessen wahren Wesenszüge am Ende dem ganzen Film bitter-ironische Züge verleihen?

                      Die dargestellten Ereignisse sind von sprühender Situationskomik und tief verwurzelten Sehnsüchten geprägt. Wäre es eine fiktive Geschichte, man würde vor dem Autor den Hut ziehen. Aber so bleibt nur festzustellen, dass das Leben selbst wie so oft die besten Geschichten schreibt.

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                      • 9
                        über Rubber

                        Rubber ist ein ekstatisches Erlebnis. Stimulierend, befreiend, vielleicht der schönste Mittelfinger, der je in Richtung Traumfabrik ausgestreckt wurde. Quentin Dupieux entsagt den Regeln, verformt und bricht sie. Warum? No Reason!

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                        • 9

                          Bolt bedient sich bei soviel althergebrachten Konzepten, man weiß gar nicht wo man anfachen soll: Der Protagonist mit der verzerrten Wahrnehmung, der sich der Realität stellen muss. Das Kind mit dem treuen Hund an seiner Seite, das gerettet werden muss. Die streunenden Haustiere auf einem Roadtrip quer durchs Land. Ein Film im Film Szenario. Eine Parodie auf die Traumfabrik. Flucht in Ketten. Buddymovie in Reinform und und und. Doch auf diese Weise täte man dem Film unrecht. Heutzutage zählt weniger Originalität als Kreativität im Umgang von Storyelementen. Das Geheimnis des Films sind seine Charaktere. Ganz Tier nach außen, ganz Mensch im Innern und perfekt aufeinander abgestimmt. Hund, Katze, Hamster und Tauben, die moderne Fassung der Bremer Stadtmusikanten.

                          Ansonsten: Der erste wirklich gelungene CG-Film aus dem Hause Disney. Großartige und sehr spritzige Inszenierung, erstklassige Ideen im Storytelling, frische Gags und endlich (und hier ist John Lasseters Einfluss nach seinem Amtsantritt als Chief Creative Officer Of Animation vor allem zu spüren) eine emotionale Nähe wie es lange Zeit nur Pixarfilme besaßen. Die ersten 30 Minuten glänzen mit einer schönen Portion Action gepaart mit filmischer Selbstironie, die letzten mit einem emotional befriedigendem aber nicht zu aufdringlichem Ende. Dazwischen präsentiert sich ein schlicht und ergreifend schönes Roadmovie. Ein rundum gelungener Film mit vielen Zutaten aber einer einheitlichen Note. Für Haustierliebhaber ein besonderer Leckerbissen.

                          • 9

                            Mel Brooks trifft auf Russ Meyer und zusammen ziehen sie mal gehörig das High- und Low-Fantasy-Genre durch die Arschspalte. Conan und Sauron verkommen zu Windelpupsern in Angesicht von Ronals behaarten Ei....nhandaxt. Entweder habe ich eben meinen neuen Lieblingsfilm entdeckt oder der peinlichste Film aller Zeiten hat mich einer Gehirnwäsche unterzogen. Kaum ein Spruch zielt über die Gürtellinie. Der Look und die Animationen erinnern an die Zwischensequenzen von 15 jährigen Videospielen. Aber alles so herzzerreissend sympathisch, dass es nur so scheppert und rockt. Man bekommt es hier mit einer pobackendicken Überraschung aus Dänemark zu tun - von den Machern von "Terkel in Trouble".

                            Apropos Rock: Der Film zelebriert und parodiert den 80er Heavy Metal-Lifestyle ohne Ende und ohne Gnade. Dazu geht er auch mit homosexuellen Witzen nicht gerade zimperlich um. Der Film ist peinlich, der Film ist obszön. Fest steht, der Film polarisiert. Aber trotzdem ist er urkomisch und besitzt die spritzigsten Dialoge (hoho) seit langem - und die deutsche Fassung steht dem kaum nach, dort werden ebenfalls sämtliche Schimpf- und Schandregister in diversen Dialekten gezogen. Nur hört man auf diese Weise leider nicht die bezaubernde Stimme von Brigitte "Sword & Sorcery Queen" Nielsen. Zum Schrecken aller, verfügt Ronal sogar über eine solide aufgebaute Story und achtet auf die meisten dramaturgischen Stolpersteine (besser als so manche A-Produktion aus den Staaten).

                            Ich vergebe 9 von 10 Punkten um einen Hauch von Seriosität zu bewahren - aber damit wir uns richtig verstehen, insgeheim wäre es eine lattenharte 10! \ . . /

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                            • 9

                              Ein Film, wie eine 150min lange Zündschnur, die direkt ins Herz des Zuschauers führt. Ein Film, der Freundschaft auf einen Sockel stellt und mit aller Kraft für sie einsteht, bis zum bitteren, aber erlösenden Ende! Ein Film, der sich endlich wieder traut sentimental zu sein ohne sich dafür zu schämen - ein einziges Bekenntnis zum emotionalen Kino und das aus der Hand von Guillaume Canet!

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                              • 9

                                Es gibt Filme, die verpacken die älteste Geschichte der Welt - Junge trifft Mädchen, Junge verliebt sich in Mädchen - in einem ironischen Gewand, das seinen romantischen Reiz aus dem sarkastischen, manchmal sogar bitter-bösen Geschlechterkrieg bezieht. Filmklassiker wie „Leoparden küsst man nicht“, „Harry und Sally“ oder der wundervolle „Liebe mich wenn du dich traust“ aus Frankreich verwendeten dieses Stilmittel und begeisterten sowohl Romantiker als auch Zyniker.

                                „Shoppen“-Regisseur Ralf Westhoff ging mit „Der letzte schöne Herbsttag“ genau diesen Weg und erzählt die Geschichte von Claire und Leo. Im Grunde sind die beiden glücklich, doch zahlreiche Missverständnisse und Schwierigkeiten stellen die Beziehung regelmäßig auf eine harte Probe. Claire hat insbesondere das Gefühl, dass Leo oft nicht richtig bei ihr ist und sie vergisst, sobald er alleine unterwegs ist. Leo hingegen ist überfordert und weiß oftmals nicht, wie er mit seiner Freundin Claire umgehen soll. Ähnlich wie in „Harry und Sally“ ist „Der letzte schöne Herbsttag“ fragmentarisch aufgebaut und springt zwar chronologisch, aber recht sprunghaft durch die Beziehung. Verbunden werden die Episoden durch Monologe von Leo und Claire, die sie direkt an den Zuschauer richten. So wird das Publikum in der Rolle des Therapeuten direkt in den Film miteinbezogen. Ein Kniff, der die Parallelen zu „Harry und Sally“ unterstreicht.

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                                • 9

                                  Völlig unbedarft, ohne das Buch von John le Carré noch die BBC-Verfilmung zu kennen, eröffnete sich mir ein Film, dessen entschleunigte Oberfläche wie Balsam auf der gereizten Cineastenhaut wirkt. Alte Männer spielen Kalter Krieg fernab von Agentenklischees und Actionszenen. Darunter offenbart sich eine der verschachtelsten und forderndsten Erzählungen seit langem. Man wird von Informationen nahezu erschlagen, reiht im Kopf A an B und versucht mit dem Film Schritt zu halten. Wie in seinem Meisterwerk "So finster die Nacht" beweist Regisseur Alfredson auch in "Dame, King, As, Spion", dass er den eisigsten Szenarien einen Funken zwischenmenschliche Wärme und Romantik abringen kann, selbst dem Kalten Krieg. "Drei Tage des Condor" trifft auf "Die üblichen Verdächtigen" mit einem Starensemble, dass mit Blicken statt mit Worten dem Zuschauer zusetzt und die Suspense greifbar werden lässt.

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                                  • 9
                                    über 39,90

                                    Der Vergleich ist schnell gezogen: "99 francs" (auf deutsch: "39.90") wirkt wie der pazifistische, verdorbene Bruder von "Fight Club". Anstatt mit Hawaiihemd und Seife kommt dieser im Designeranzug und einer Menge Kokain daher. Zwei Filme, zwei Herangehensweisen, eine Aussage: Alles was du hast hat irgendwann dich!

                                    Dabei geht "39.90" etwas oberflächlicher zu Werke, als David Finchers moderner Klassiker und beschränkt sich auch nur auf die Werbeindustrie. Dafür versucht der Film erst gar nicht seine Botschaften und Seitenhiebe in eine Geschichte zu verpacken, sondern konzentriert sich ganz auf seinen Protagonisten und Ekelpaket Octave. Und das zurecht, denn Octave IST die Geschichte. Sein Werdegang vom seelenfressenden Werbefachmonster zum reumütigen und liebesbedürftigen Gutmenschen enthält alles, was eine Satire braucht. Warum der Film teilweise als Komödie beworben wurde und auch im Trailer diesen Anschein erweckt, steht wohl in den Sternen. Es würde auch niemand auf den Gedanken kommen "Fight Club" als Kampffilm zu definieren, oder??

                                    Der Film besitzt eine audiovisuelle Kraft, die ihres gleichen sucht und vielleicht als eine Mischung aus "Fight Club" und "Requiem For A Dream" beschrieben werden kann. Videoclipästhetik, Werbeklischees und eine epileptische Tour de Force prägen Octaves selbstzerstörerische Odyssee.
                                    Der Standpunkt des Films ist von Anfang an kein Geheimnis. Der Film will anklagen, bloßstellen und sensibilisieren. Dabei passiert alles mit einer solchen Leichtfüßig- und Belanglosigkeit, dass man wirklich auf der Hut sein muss. Das Lachen bleibt einem nicht bloß im Hals stecken man verschluckt sich regelrecht daran.
                                    Besonders beeindruckend ist die Erzählweise des Films. Charaktere, die direkt mit den Zuschauern sprechen sind heutzutage ein nettes Stilmittel, aber nicht wirklich revolutionär. Eine solche Zuwendung des Regisseur an den Zuschauer lässt jedoch schon eher aufhorchen. Es ist eine Wonne zu sehen, wie Regisseur Jan Kounen die erzählerischen Ebenen durchbricht. Es soll nur soviel verraten werden. Der Abspann verleiht dem Film eine völlig neue Ebene. Das Filmende ist wie die Werbeindustrie selbst manipulierend. Es beendet nicht bloß den Film, es veredelt ihn und zeugt von einer begnadeten Selbstironie.

                                    Lange Rede kurzer Sinn:
                                    Eine Satire in Perfektion mit einem formidablen Hauptdarsteller und einem Regisseur, der es noch schafft sowohl inhaltlich als auch visuell zu überraschen. Ein Film wie ein Stimulanzmittel für Sinne und Verstand.

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                                    • 9

                                      Warum wird eigentlich Radio Rock Revolution nicht als Jahrhundertwerk angebetet? Wenn herausragende Filmkunst darin besteht, seine ganze Leidenschaft in einem Film zu bündeln und beim Zuschauer wieder zu entfachen, dann ist dieser Streifen ein von Gott geküsstes Opus Magnum! ROCK 'N' ROLL!

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                                      • 9

                                        Der zweite Film von Maria voll der Gnade Regisseur Joshua Marston begibt sich ins Hinterland von Albanien und stellt eine Jahrzehnte alte Familienfehde in seinen Filmfokus. The Forgiveness Of Blood ist keine klassische Auseinandersetzung, die in Gewalt oder Racheakten ausufert, sondern das Leben der unterlegenen Familie schildert, die dazu verdammt wurde im eigenen Haus in Isolation zu Leben.

                                        Nur die Frauen können gefahrlos die eigenen vier Wände verlassen, während sowohl der Vater als auch die beiden Söhne zum Abschuss freigegeben werden, sollten sie es wagen, das Haus zu verlassen. Die Eltern haben sich mit ihrem Schicksal abgefunden, solange sie alle in Sicherheit wähnen können. Die älteste, fünfzehnjährige Tochter übernimmt die Botenarbeit des Vaters und sorgt auch mit kleinen Nebengeschäften dafür, dass die Familie zumindest finanziell über die Runden kommt. Sie erachtet es als Pflicht, sich nun um die Familie zu kümmern. Etwas was der älteste Sohn überhaupt nicht versteht. Er leidet zusehends an der immer klaustrophobischer werdenden Enge des Hauses, vermisst seine Freunde und vor allem seine große Liebe, mit der er kurz davor war, zusammen zu kommen.

                                        Dieser Kontrast zwischen der Tochter, die sich selbstlos aufopfert und ihrem Bruder, der sich in seinen egoistischen Verlustängsten versteift, wird zum Dreh- und Angelpunkt des in ergreifenden erdigen Tönen festgehaltenen Films. The Forgiveness Of Blood macht den Druck beider Figuren spürbar und kanalisiert ihn bis zum unausweichlichen Ende, wo beide Geschwister für sich eine Entscheidung fällen müssen – zwischen Leben und Tod, Freiheit und völliger Selbstaufgabe. Ein sehr zurückhaltendes und psychologisches Werk, das sich größtenteils in den Köpfen seiner Charaktere und auch des Zuschauers abspielt. Bewegend, beklemmend und doch wunderschön – wer hätte das gedacht, dass sich der letzte Wettbewerbsbeitrag als mein heimlicher Favorit erweisen sollte?

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                                          Man wünscht sich, man wäre wieder Kind. Dann wäre Hugo einer der Filme, die einem bis ins Erwachsenenalter prägen. Doch verstünde man auf diese Weise wohl kaum Scorseses leidenschaftliche Hymne auf die frühen Anfänge des Films und die Faszination, die das Medium bis heute auf uns ausübt. Allein die wundervolle Schlusssequenz macht aus der unspektakulären Stereoskopie eine Pflicht, bei der Scorsese Méliès zaghafte Räumlichkeit verleiht und damit eine noch nie dagewesene Symbiose schafft. Aber Achtung, oberflächlich gesehen ist und bleibt Hugo ein naiver, langsam und schnörkellos erzählter Kinderfilm. Der Anspruch liegt dahinter, wie ein feines Uhrwerk hinter einem einfachen Zifferblatt.

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                                            über Pina

                                            Der Trailer von Pina sprudelte vor visueller Poesie und einer Tanzakrobatik, die Tanz- und Pina Bausch Unkundigen die Sprache verschlug. Das fertige Werk offenbarte nun, dass der Trailer keine abgekarterte Sache war, sondern den Film aus tiefster Seele widerspiegelte. Der Dokumentation gelingt der Spagat als tränenreiche Ehrerbietung für alle Kenner und Verehrer der Tänzerin zu funktionieren, aber auch als sehr intime Künstlerbiografie für Menschen mit weniger Vorkenntnisse. Ohne kalte Fakten über das “wer”, sondern mit persönlichen Eindrücken von Tanztheater-Ensemble, von Menschen, die mit der Künstlerin 20 Jahre und mehr verbrachten.

                                            “Man kann sagen, dass diese Technik auf dem falschen Fuß angefangen hat. Wir kennen im Moment ja nur Animationsfilme oder computergenerierte Spektakel in 3D. Filme, die vor realer Kulisse gedreht wurden, gibt’s ja noch fast gar nicht. Ich glaube, die Zukunft dieser Technik liegt nicht unbedingt da, wo sie gerade angewendet wird.”
                                            Wim Wenders ist ein Befürworter des neuen 3D-Trends und sieht enormes Potential in der Technologie abseits der herkömmlichen Animationen und Blockbustern und mit Pina trat endlich ein Film den Beweis an, dass die wahren Innovationen im Independent- und Kunstfilmsektor stecken. Wim Wenders Dokumentation ist in meinen Augen der ersten stereoskopische Film, der der 3D-Technologie inhaltliche Relevanz verleiht. Brian de Palma war ein Meister, wenn es darum ging, den Raum einer Szene für den Zuschauer begreiflich zu machen. Wim Wenders geht einen Schritt weiter und nutzt die Stereoskopie, um den Zuschauer selbst zum Teil der berühmten Stücke von Pina Bausch werden zu lassen. Der Zuschauer gehört zum “Café Müller”, schlüpft in die Haut der Tänzer und Tänzerinnen, nur um Sekunden später wieder die Bühne wie ein Schachbrett vor sich zu sehen, das einem das Gefühl vermittelt, man könnte direkt eingreifen.

                                            Der große magische Moment des Films geschieht, wenn er von seiner inszenierten “Café Müller”- Aufführung unbemerkt und beinahe fließend zu originalem Schwarzweiß-Archivmaterial von Pina Bausch wechselt. Der Zuschauer wird von den leidenschaftlichen und kraftvollen Darbietungen in den Bann gezogen und plötzlich wird einem klar, dass kein plastisches 3D-Bild mehr zu sehen ist, sondern dass der Zuschauer die echte Pina Bausch in ihrer Glanzrolle beobachtet. Es sind keine leichten Stücke, die die Künstlerin zu ihren Lebzeiten zusammen mit ihrem Ensemble schuf. Und diese Schwere wird auch in Pina spürbar. Aber Wim Wenders wirkte dem mit einem einfachen Trick entgegen. Er fügte sporadisch kleine Sketch ähnliche Szenen ein, die mit einem wundervollen Sinn für Situationskomik ausgestattet wurden und Wuppertal als Handlungsschauplatz eine ganz eigene Schönheit entlockte. Damit zauberte der Film neben einem ernsten, ergriffenen Gesichtsausdruck auch ab und an ein Grinsen auf mein Gesicht. Poesie pur und eine Liebeserklärung an eine beeindruckende Künstlerin.

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                                              Wie soll ein Film bewertet werden, der bereits vor Veröffentlichung von einem dominierenden Schatten erdrückt wird und das, obwohl die Regisseure scheinbar gegen Windmühlen ankämpfend betonen, dass sie das zu Grunde liegende Buch und nicht den Filmklassiker neu aufbereiten wollten? Die Rede ist natürlich von "True Grit", dem Spätwestern der Coen Brüder, den die beiden Filmemacher zwar als Buchverfilmung anpreisen und vehement verteidigen, aber die ganze Welt zu aller erst ein Remake des heilig gesprochenen John Wayne Klassikers "Der Marschall" darin erkennt.

                                              Es war bereits an der Pressekonferenz zu "True Grit", die während der Berlinale stattfand, nicht zu übersehen, dass die Welt und die sie repräsentierenden Journalisten kein Interesse an Buchverfilmungen hatten. Jede Frage drehte sich um den Duke, John Wayne, den Klassiker, um Absichten hier, Interpretationen dort, Parallelen überall. Die Coens konterten mit Augenrollen und betontem Remake-Widerwillen. Das erste und letzte mal hätten sie "Der Marschall" in ihrer Kindheit gesehen, kaum die beste Voraussetzung ein Remake umzusetzen. Aber ohne Erfolg, selten waren sich zwei Filme zu ein und demselben Buch so nah und doch so Grund verschieden.

                                              Was den Filmemachern in erster Linie gelang ist ein für ihre Verhältnisse geradliniger, klassisch erzählter und auch versöhnlicher Anti-Western, voller dreckiger und brutaler Charaktere. Das kleine Mädchen Mattie Ross ist der Stein der das Korn mahlt. Ihre Schandmaul lässt die von Jeff Bridges und Josh Brolin gespielten Rollen wie duftende Gänseblümchen wirken. Es ist ein Genuss, einer solchen Frauenrolle, die dazu noch so jung und unverdorben ist, zuzusehen, wie sie das Klischee beladene Machogehabe ihrer Begleiter nach um nach demontiert. Sie fährt wortwörtlich der Herren der Schöpfung vor den Karren und als Zuschauer kommt man aus dem Staunen für dieses kleine Geschöpf - das ihrer Zeit um ein Jahrhundert voraus ist - nicht heraus. Kudos an die Oscar-nominierte Schauspielentdeckung Hailee Steinfeld!

                                              Lange sah man die Coens nicht mehr so versöhnlich und unanarchisch mit ihren Charakteren umgehen. Teils aus Respekt vor der Buchvorlage, aber auch weil es die Figuren verdienten. Lediglich im Epilog wagten sie noch eine Spur Coen'sche Disharmonie einzubauen, um ihren Film vom Buch und der früheren Verfilmungen abzuheben, was etwas zu Lasten von Mattie Ross ging und sie in eine unschöne Schublade steckte. Die Schauspieler beweisen Mut zur Hässlichkeit, noch nie sah man Jeff Bridges, Josh Brolin und vor allem Barry Pepper so runter gekommen und mit herrlich abstoßenden Prothesen versehen. Es wird geschlachtet, massakriert und getötet was die Waffen hergeben und auch verbal hält "True Grit" nicht hinterm Zaun. Umso verwunderlicher erscheint die Freigabe ab 12 der FSK. Denn das Schandmaul des Mädchens und der lockere Zeigefinger von Rooster Cogburn allein würden mindestens eine FSK16 rechtfertigen.

                                              "True Grit" ist kein bloßes Aufflackern eines verstaubten Genres, sondern eine lange überfällige Wiedergeburt im breiten Rampenlicht. Spätwestern wie "Erbarmungslos", "Open Range" oder die alle Konventionen sprengende HBO-Serie "Deadwood" vermochten zwar Kritiker, aber nur bedingt auch die Massen zu begeistern. Coen dagegen lieferten mit ihrem Western ihren bislang erfolgreichsten Film ab, der in den kommenden Tagen weltweit die 200 Millionen Dollar Marke durchbrechen wird. Lange mussten die Westernfans darauf warten, doch nun ist ihre Zeit gekommen und nach unzähligen Sci-Fi- und Piratenfilmen hat auch endlich ihre Stunde wieder geschlagen, den Coens sei Dank!

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                                                Stephen Frears hat es wieder getan. Der britische Tausendsassa, der sich mit Verfilmungen wie „Gefährliche Liebschaften“ und „High Fidelity“ einen Namen machte und sich regelmäßig auch bei Kritikern beliebt macht - wir erinnern uns an „The Queen“ - bewies auch mit „Immer Drama um Tamara“ (aka „Tamara Drewe), dass er nach wie vor zu den talentiertesten Regisseuren des vereinigten Königreichs gehört. Mit seinem neusten Film gelang ihm ein Kunststück, das ihm bereits mit „High Fidelity“ gelang: Eine selbstständige Filminterpretation einer bekannten Vorlage zu schaffen, die mit einem einzigartigen Mix aus popkulturellen Anspielungen, sarkastischem Witz und auf den Kopf gestellter Romantik zu überzeugen vermag.

                                                „High Fidelity“ wurde zu seiner Zeit zu einem Filmphänomen für Musikaffine, das sich mit Hilfe einer exzellenten Mund-zu-Mund-Propaganda gleichermaßen in die Herzen von Film- und Musikliebhabern katapultierte. Ähnliches könnte „Tamara Drewe“ gelingen, beginnt der Film doch mit einer nicht enden wollende Reminiszenz an die Literaturszene. Das Schriftstellertum wird zynisch aber auf sehr liebevolle Art auseinandergenommen und der aufmerksame Zuschauer darf sich auf unzählige kleine Anspielungen auf die Welt der Lyrik und Prosa freuen. Neben [...]

                                                Kurzum, „Tamara Drewe“ ist subversiv, staub trocken und doch an der richtigen Stellen einfühlsam. [...]

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                                                  Als ob Bonnie & Clyde es mit Mary & Max auf dem Rücksitz von Black Dynamites Karre treiben und dabei über Kick-Ass, Jesus und Juno samt Kind hinweg donnern - und sie in ihren Gedärmen liegend am Straßenrand zurücklassen...Ich wusste, dass der Film seinem Namen alle Ehre machen würde, aber mit seiner Genre sprengenden Durchtriebenheit und Furchtlosigkeit sowie psychologisch erstaunlich tiefschürfenden Ansätzen ließ er mich dann doch etwas (euphorisch) schockiert zurück.

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                                                    Eine bemerkenswerte Variation von Léon, die von einem beinahe poetischen Minimalismus geprägt ist. Nur Carey Mulligan wird leider zur rehäugigen Statistin degradiert. Regisseur Refn blieb sich in puncto Härtegrad treu und beweist Mut, dem gefassten und ruhigen Grundton des Films solch explizite Darstellungen entgegenzustellen.

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