Mr_Phil - Kommentare

Alle Kommentare von Mr_Phil

  • 9 .5
    Mr_Phil 20.04.2020, 15:50 Geändert 20.04.2020, 16:02

    Vielleicht erkennen wir viel zu spät, dass unsere eigene Zeit vergänglich, die Zeit mit den Menschen aus unserer kleinen, persönlichen Welt aber leider noch weitaus vergänglicher ist, die einzelnen Stationen unseres Lebens viel schneller an uns vorbeiziehen und unserer Vergangenheit angehören werden, als uns je lieb sein könnte - einer Vergangenheit, die wir bald vergessen haben, da wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind. Isn’t life disappointing?

    Es gibt nicht einen einzigen Kritikpunkt, nichts auszusetzen, nichts, was nennenswert ins Gewicht fallen könnte, um dieses Meisterwerk zu Boden reißen zu lassen.
    Der Film schwebt mit all seiner Klarheit und Einfachheit über den Dingen, ohne an Höhe zu verlieren, ohne den Kurs zu ändern, ohne den Fokus zu verlieren.

    „Tokyo monogatari“ mag zunächst an der Oberfläche mit seiner Botschaft und Darstellung fast schon banal wirken, hallt durch sein perfektes Konzept aber wohl noch lange nach.
    Nur für den Bruchteil einer Sekunde fällt die Fassade, nur für einen zerbrechlichen, kleinen, nicht viel mehr als einen Wimpernschlag andauernden Augenblick wird das Innerste für alle sichtbar, nur für die Zeitspanne einer einzigen Einstellung dürfen wir den Tränen nahe sein, Gefühle und Emotionen offenbaren - der Mensch darf Mensch sein, ohne Einschränkung.
    Eine Reise nach Tokio, eine Reise zum Ursprung, vielleicht auch eine Reise zum Ende oder all dem, was sich noch so dazwischen befinden mag.
    Die gesammelten Erkenntnisse dieser Reise trägt ein Jeder so lange in sich, bis der Vorhang fällt, für immer, alles tot und lebendig zugleich ist.

    Für all die dargebotenen Weisheiten braucht manch einer Jahre, Ozu hingegen benötigt kaum mehr als 2 Stunden, eine einzige Reise, eine einzige Geschichte, ohne Rast, mit einem einfachen und zugleich eigentlich unmöglichem Ziel – Kino hin zur Reinform, ungefiltert, ehrlich, emotional.
    Vielleicht die schönste Liebeserklärung an das Wertvollste, was uns nach all dem bleiben wird – das Leben selbst.

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    • Der Anfang eines jeden neuen Jahres wird standesgemäß mit guten Vorsätzen eingeläutet.
      Manche sind realistisch, manche hingegen weniger. Da ich immer offen und ehrlich zu mir selbst bin, weiß ich, dass ich wohl auch dieses Jahr kaum mehr Kinofilme (und natürlich auch generell Filme außerhalb der Lichtspielhäuser) schaffe als im vergangenen Jahr 2019. Trotzdem möchte ich wieder ein Filmtagebuch führen (ganz gleich, wie viel Aufmerksamkeit diesem hier noch zuteil wird), denn Filme stellen weiterhin einen wichtigen Teil meines Lebens dar, wenngleich alles etwas zeitlich begrenzter geworden ist. Genau aus diesem Grund werde ich aber versuchen, meine vorhandene Zeit besonders sinnvoll zu nutzen und mir zumindest dies vorzunehmen: Qualität statt Quantität.
      Das Jahr 2019 war sicherlich nicht nur für mich sondern auch für moviepilot gewissermaßen wegweisend - eine Wertung lasse ich hier bewusst aus. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass wir uns weiterhin lesen / schreiben - also, ein frohes neues Jahr 2020 für euch alle!

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      • Mr_Phil 18.06.2019, 14:36 Geändert 19.06.2019, 08:39

        Bisher habe ich nie weiter hinterfragt, was ich hier eigentliche mache. Doch langsam meldet sich mein Gewissen und bringt meinen Auftrag in Gefahr.....

        1. Tipp: Mein Äußeres ist menschlich, mein Wesen jedoch nicht.
        2. Tipp: Der Film ist aus diesem Jahrzehnt.

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        • 1

          Wenn abwechselnd der Praktikant und der Hund mit einem Toaster filmen dürfen, die Katze (für Hund und Katze ist eben budgettechnisch auch noch locker Platz) für das Sound Design auf das Klavier geschmissen wird und die beim Casting am schlechtesten abgeschnittenen Kandidaten (Gleichberechtigung der Gleichberechtigung wegen) auch mal vor die Kamera treten und so ihr eigentlich verborgenes schauspielerisches Talent endlich unter Beweis stellen dürfen, entsteht ein Film wie Robert - wortwörtlich die Puppe des Teufels.

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          • 8
            Mr_Phil 26.04.2019, 11:35 Geändert 26.04.2019, 11:56

            Manchmal kommt man in seinem Leben an einen Punkt, an dem es keine Abzweigung, keinen Ausweg mehr gibt, alles auf das Ende einer unausweichlichen Sackgasse zu läuft.
            Viel schlimmer als dieser Umstand kann dann nur sein, das Ende dieses schier unendlich langen Weges nicht haben kommen sehen, es einen überrascht, plötzlich und unerwartet, obwohl man trotz jahrelanger Vorbereitung unvorbereitet erscheint, da die Augen vor der Wahrheit fast genauso lange verschlossen blieben.

            "The Swimmer" scheint zu Beginn lediglich eine recht banale Idee eines motivierten Mannes zu verfilmen, der hierbei sämtliche Schwimmbecken der Nachbarschaft, die sich auf seinem Weg bis nach Hause befinden, durchqueren will. Die Motivation und der Nutzen dahinter bleiben unklar und lassen sowohl den Zuschauer als auch die anfänglich eingeführten Personen, denen Ned Merrill von seinem seltsamen Plan erzählt, mit großer Verwunderung zurück, während die Wellen des sonst so stillen Wassers das erste Mal Unruhe auf seiner gerade erst begonnen Odyssee durch sein Leben ankündigen.

            Der Film lässt einen zunächst glauben, Ned schiene mit der Welt und sich im Reinen zu sein. Je weiter er schwimmt, je mehr Schauplätze und Schwimmbecken Ned jedoch durchläuft, umso mehr beginnt diese Fassade zu bröckeln und lässt die Steine der Vergangenheit unsanft ins Wasser fallen.
            Manche Menschen versuchen vor sich und ihren innersten Sorgen und Ängsten wegzulaufen - der Protagonist aus diesem Film versucht hingegen zu schwimmen, ohne zu bemerken, dass seine innersten Dämonen nicht ertränkt werden können, da sie über die Jahre selbst zu schwimmen gelernt haben.
            Wir durchlaufen Neds verpasste Chancen, was er hätte tun können, was er hätte tun sollen, was er vielleicht besser nicht getan hätte. Mit jedem weiteren Eintauchen in das Wasser tauchen wir auch vermeintlich etwas tiefer in Neds Psyche ein. Doch wie auch ein Schwimmer befinden wir uns hierbei tatsächlich lediglich an der Oberfläche, ohne wirklich die tiefsten Zusammenhänge zu erkunden und zu verstehen. Die Erkenntnisse spiegeln sich nur leicht im trüben Wasser.
            Genau aus diesem Umstand zieht der Film seine größte Stärke, da die subtile Aufarbeitung in Form von Andeutungen, Erzählungen und Gesprächen mit den Personen, auf die Ned auf seiner Odyssee trifft, eine ungewisse Gewissheit in sich tragen, die tiefen Interpretationsspielraum bieten. Die Lungen füllen sich somit immer weiter mit Wasser, ohne dass man Gefahr läuft, daran kollabieren zu können.
            Diese Metaphorik durchflutet den Film förmlich, spült Ned am Ende seines Lebensweg auch schließlich genau dort wieder an, wovor er im Grunde die ganze Zeit weg geschwommen ist. Das Ende seiner unausweichlichen Sackgasse, die viel zu plötzlich und unerwartet kam.

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            • Ein schwieriges, aber gewiss nicht unmögliches Unterfangen. Versuchen wir es:

              1. Mulholland Drive (2001)
              2. 2001: A Space Odyssey (1968)
              3. There Will Be Blood (2007)
              4. A Torinói ló (2011)
              5. Barry Lyndon (1975)
              6. Vertigo (1958)
              7. Seppuku (1962)
              8. Werckmeister harmóniák (2000)
              9. Amadeus (1984)
              10. Melancholia (2011)

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              • Auch wenn es um meine Person die vergangenen zwei bis drei Monate etwas stiller geworden ist, werde ich natürlich auch im neuen Jahr 2019 ein Filmtagebuch führen.
                Inwieweit ich meinen Filmkonsum dabei jedoch wieder erhöhen kann, bleibt zwar erstmal weiter unklar - bemühen werde ich mich aber natürlich trotzdem! :-)

                Ich hoffe zudem, dass ihr alle einen guten und erfolgreichen Start ins neue Jahr hattet.
                In diesem Sinne - auf ein erfolgreiches Filmjahr 2019!

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                • 7 .5
                  Mr_Phil 30.10.2018, 11:53 Geändert 30.10.2018, 11:55

                  Bei einigen Entscheidungen im Leben wird bereits im Vorfeld damit gerechnet werden müssen, dass sie kaum die Richtigen sein können.
                  Ausmaße und Konsequenzen sind zwar selten bis ins kleinste Detail vorhersehbar und dadurch nicht oft kalkulierbar - und doch wissen wir, dass es so gewiss nicht gut ausgehen kann.
                  Wieso aber treffen wir beinahe tagtäglich unzureichende Schlussfolgerungen, entscheiden uns für Wege, die uns schwerer ans Ziel führen oder versäumen Gelegenheiten, die wir später bereuen, nicht genutzt zu haben?
                  Wir lassen uns leiten von Gefühlen, von Impulsen, die im ersten Moment verführerisch, verlockend, temporärer Natur sind und folglich selten auf lange Sicht bestand haben können.
                  Was aber wären wir, wenn wir alles planen, alles immer rational überdenken, alle Emotionen bei der Entscheidungsfindung unterdrücken würden?
                  Nicht selten stellt sich dabei die Frage, was wirklich falsch, was wirklich richtig ist. Wir wollen ausbrechen aus Konventionen - manchmal jedoch zu einem zu hohen Preis.

                  Kein Anderer kann schließlich vollends verstehen, was wir fühlen, was wir spüren, was uns durch den Kopf geht, wenn wir (mal wieder) die vermeintlich falsche Entscheidung getroffen haben.
                  Kein Anderer muss jedoch auch mit den quälenden Gedanken leben, die wir dabei in uns tragen, wenn wir versuchen, unsere Gefühle zu unterdrücken, um doch noch die richtige Abzweigung in unserem Leben zu nehmen.

                  Als reiner Beobachter wird es kaum einen geben, der das Verhalten von Dr. Stephen Fleming und Anna Barton aus "Damage" für gutheißen wird.
                  Eine Affäre mit einer Frau, die ein Alter aufweist, mit dem sie die eigene Tochter sein könnte?
                  Unvorstellbar, zu keiner Zeit der gesellschaftlichen Norm entsprechend.
                  Als ob dies noch nicht genug wäre, entpuppt sich diese Frau dann als Freundin deines eigenen Sohnes.
                  Spätestens jetzt verlässt die meisten dann allein die Vorstellungskraft, hier etwaige erotische Gedanken zu hegen.
                  Was aber, wenn die Anziehung der Beiden so stark ist, dass sie sich dieser nicht entziehen können, da sich eine gewisse Abhängigkeit eingestellt hat?

                  Louis Malle entwirft mit "Damage" ein Kaleidoskop, welches sich durch seine Intensität, ja aber auch gleichzeitig seiner Intimität auszeichnet. In einigen Szenen lassen die Blicke nur erahnen, was in darauffolgenden Sequenzen explosionsartig ausbricht.
                  Dieser Spagat ist es dann auch, der die Fallhöhe, Stück für Stück, exponentiell ansteigen lässt und alle betroffenen in den Abgrund ziehen wird.

                  Nüchtern und sachlich, bedrohlich und einnehmend, legt sich also der Schleier der Ausweglosigkeit über das Szenario.
                  Auch wenn die Einsicht am Ende vielleicht noch gekommen wäre - manchmal hilft eben all das nichts, wenn das Leben einem bereits selbst zum Verhängnis geworden ist.

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                  • Nun neigt sich also auch ein weiterer Sommer dem Ende zu, in dem wir vielleicht nicht mehr die gleichen Abenteuer wie früher erlebt haben.
                    Es ist eben vieles anders geworden, es sind andere Abenteuer, die wir bestreiten, andere Herausforderungen, denen wir uns stellen mussten - und das ist auch gut so.
                    Jede Zeit in unserem Leben hat ihre Vorzüge, jeder Lebensabschnitt birgt neue Möglichkeiten, die wir ergreifen können, sofern wir es zulassen.
                    Es ist zwar schwer zu wissen, dass einige Momente nie mehr wieder kommen, dass einige Erinnerungen immer mehr und mehr verblassen werden im Laufe der Jahre, die unaufhörlich ins Land zu streichen scheinen.
                    Die Sonnenstrahlen auf der Haut fühlen sich vielleicht auch anders an, der Duft in der Luft riecht inzwischen vielleicht auch etwas verschieden - genau das kann aber auch als Chance angesehen werden, wenn wir die Welt nun mit anderen, neuen Augen sehen, neue Entscheidungen treffen und somit schlussendlich auch neue Erinnerungen schaffen können, in einem Sommer, den wir vielleicht nie vergessen werden.

                    Ein großes Dankeschön geht an Kängufant und das Team, welches sich Woche für Woche die Mühe macht und einem Moviepiloten einen Auftritt auf der großen Bühne von moviepilot ermöglicht.
                    Danke auch an alle lieben und netten Worte zu meinem Kommentar, da er mir persönlich tatsächlich sehr viel bedeutet. :-)

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                    • 8 .5

                      Die eigenen vier Wände.
                      Dreh - und Angelpunkt, Zufluchtsort. Die Abgeschiedenheit nie gesucht, aber stets gefunden.
                      Ein einziger Eingang, ein einziger Ausgang, nur du hast Zugang.
                      Du alleine, mit dir, deinen Gedanken, deinen Dämonen.

                      Die Geräusche um dich herum werden lauter, einnehmender, erdückender.
                      Die Schatten größer, das Licht trüber.
                      Der Schlüssel passt nicht mehr, zernagt und zerfressen von deinen immer wiederkehrenden Tagträumen, die mehr und mehr zu deiner Realität werden.
                      Was ist Einbildung, was nicht?
                      Was passiert wirklich, was spielt sich in deiner kleinen Gedankenwelt ab, die immer größer zu werden scheint? Wieso lassen dich nicht einfach alle in Ruhe?
                      Dein Misstrauen hat dich an diesen Punkt gebracht, dein Selbstzweifel lässt dich jetzt nicht mehr los, nicht mehr weiter vorankommen. Du machst einen Schritt nach vorne, nur um zu realisieren, dass du eigentlich zwei Schritte zurück gemacht hast.

                      Du bist eingesperrt in deinen eigenen vier Wänden, weder Dreh - noch Angelpunkt, ohne Zuflucht, ohne Ausgang, bloß ein Eingang.
                      Jetzt bist nur du alleine übrig, mit dir und deinen Gedanken, die unlängst zu einer Abwärtsspirale geradewegs in die Hölle geworden sind.
                      Ein Teufelskreis ohne Anfang, ohne Ende.

                      Roman Polanski erschüttert noch heute mit seiner losen Mieter-Trilogie das Publikum, reißt ihnen den Boden unter den Füßen weg, spielt mit Wahrnehmung und Einbildung, manipuliert durch Suggestion bis zum bitteren Ende. Alltägliche Momente müssen früher oder später dem Wahnsinn weichen, positive Gefühle der puren Verzweiflung. Konsequenterweise gibt es auch hier keine Erlösung - oder zumindest keine im klassischen Sinne.

                      Zu oft vernachlässigt, zu Unrecht der wohl unbekannteste Teil, ist "Le Locataire" schließlich noch immer ein kleines Juwel Polanskis, einfach furchteinflößendes, ungemütliches Kino, das einen selbst in den Wahnsinn treiben und die eigenen vier Wänden plötzlich in einem ganz anderen Licht dastehen lassen wird.

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                      Hiermit also auch von mir alles Gute, Herr Polanski.
                      Weitere Kommentare, die bei dieser tollen Aktion entstanden sind, findet ihr unter diesem Artikel:

                      https://www.moviepilot.de/news/roman-polanski-der-meister-des-makabren-wird-85-1110169

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                      • 10

                        Der Anfang vom Ende, das Ende vom Anfang. Und dazwischen? Nichts. Und doch alles. Zu viel und doch zu wenig.
                        Das letzte Aufbäumen des Menschen gegen sich selbst, gegen seinen technologischen Fortschritt.
                        Vergeblich. Vergessen.

                        Zu spät und doch zu früh. Im Weltall hört dich niemand schreien, niemand atmen. Und doch bleibt der Versuch. Ein Versuch ohne Aussicht auf Erfolg - trotz Willenskraft, trotz Ehrgeiz, trotz Mut.
                        Vergeblich. Vergessen. Verlassen.

                        Eine Symphonie ohne Orchester, eine Odyssee ohne Reise.
                        Mit und ohne uns. Gegen und für uns.
                        Der Mensch als losgelöste Komponente, als fragiles, zerbrechliches Wesen.
                        Die Sehnsucht zu groß, der Weg zu weit. Der Blick geschärft, die Sinne sensibilisiert für etwas Bewusstseinserweiterndes.
                        Fernab des menschlichen Verstandes, fernab der Erde, fernab der Zivilisation, dem Himmel so nah, der Hölle noch näher. Und dazwischen? Nichts. Der Mensch im Urzustand, kurz vor seinen ersten Schritten, kurz vor seinem Tod, kurz vor seinem Leben.
                        Vieles gelernt, noch mehr vergessen, noch mehr verdrängt.

                        Kubrick schwebt mit "2001: A Space Odyssey" über den Dingen, über den Menschen, über dem Medium Film - im Weltall, wo uns keiner schreien hört.
                        Bis heute, bis morgen. Unerreicht. Kälte und Wärme, Distanz und Emotionen. Kubrick mittendrin. Ein Monolith in der kargen Landschaft, die zu keiner Zeit betörender war.
                        Der Urknall filmischen Schaffens.
                        Das Ziel als Wendepunkt.
                        Schluss. Aus. Vorbei. Der Traum zerplatzt. Für immer. Und doch beginnt ein neuer Tag. Immer und immer wieder neue Hoffnung. Plötzlich fühlen wir uns ganz klein und doch so groß.
                        Vergeblich. Vergessen. Verlassen. Verloren.

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                        Im Rahmen der Textgeschenke-Aktion zu Stanley Kubricks 90. Geburtstag entstanden. Lest hier noch weitere Kommentare:

                        https://www.moviepilot.de/news/wir-feiern-90-jahre-stanley-kubrick-1109102

                        Ein großes Lob an alle Schreiber dieser Aktion - es sind wirklich tolle und abwechslungsreiche Texte entstanden! :-)

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                        • 4 .5
                          Mr_Phil 29.06.2018, 15:01 Geändert 29.06.2018, 19:04

                          Das gefallene Königreich, das gefallene Franchise.
                          Trevorrow gegen Bayona, Planlosigkeit gegen Inszenierungswahn.
                          Der Eine entpuppt sich also erneut als Taugenichts, der Andere versucht hingegen alles, die sinkende Insel doch noch lebend zu verlassen.
                          Aussichtslos. Zum Scheitern verurteilt.
                          Luft holen und hinein in den Abgrund, den Strudel aus durschnittlicher Blockbuster-Ware, die sich nie ernsthaft um Überraschungen bemüht.
                          Wozu auch, wir haben schließlich Dinosaurier. Viele Dinosaurier. Viele neue Dinosaurier.
                          Altbekanntes kann dem Zuschauer scheinbar immer zum Fraß vorgeworfen werden. Der Rubel rollt. Der geneigte Zuschauer applaudiert. Die Dinosaurier schreiten voran. Ohne Plan und ohne Ziel.

                          "Jurassic World: Fallen Kingdom" (schon beinahe ein selbstironischer Titel) bleibt leider ein weiterer gescheiterter Versuch, eine bereits ausgestorbene Art, eine ganze Rasse wiederzubeleben.
                          Ein Relikt aus längst vergangener, aber nie vergessener Zeit, die im Hier und Jetzt so zumindest einfach keinen Platz mehr zu haben scheint.
                          War "Jurassic Park" seinerzeit ein Meilenstein, scheint leider nun auch der neue Anlauf an seiner Ideenarmut, seinem fehlenden Interesse, sich wirklich etwas zu trauen, zu sterben. In Schönheit gestorben. Zumindest manchmal.
                          Was früher furchtlos war, ist heute stellenweise einfach fürchterlich.
                          Dass das Drehbuch unter anderem von Trevorrow geschrieben wurde, wird auch hier sehr schnell ersichtlich. Ob das gut ist? Die Dinosaurier nicken zumindest wohlwollend.

                          Hätte J.A. Bayona zumindest seine Finger nicht mit im Spiel gehabt, wäre das Königreich wohl erst gar nicht gefallen - es gäbe nämlich überhaupt keins. Hoffentlich.
                          Auch wenn das gefallene Königreich dann teilweise absolut einnehmende Momente kreieren kann, werden diese stets, mit routinierter Selbstverständlichkeit, von dem undurchdachten Drehbuch zu Boden gerungen. Trevorrow bleibt sich also immerhin dabei treu.
                          Die neue Dinosauriervielfalt (wer glaubt, dass der Film dadurch innovativ wird, soll sich bitte unverzüglich bei mir melden) kann da dann leider auch nicht mehr groß helfen, nicht mehr darüber hinwegsehen lassen, dass das Franchise ein Schatten seiner selbst geworden ist.
                          Ausgebrannt. Niedergestreckt. Im Schatten der großen, echten Dinosaurier kauernd.
                          Irgendwann nutzt sich selbst der größte Nostalgiefaktor scheinbar ab.
                          Was bleibt ist demnach ein Dinosaurier-Spaß ohne Spaß. Und das nächste Mal dann auch gerne ohne mich.

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                          • Mr_Phil 06.06.2018, 12:18 Geändert 06.06.2018, 12:23

                            Da ich aktuell im Urlaub bin, am Gewinnspiel sowieso nicht zwingend teilnehmen muss und dieses Genre mit zu meinen Liebsten zähle, muss ich euch hier meine spontane Liste so zumindest doch zeigen:

                            1. Melancholia
                            2. Under the Skin
                            3. Children of Men
                            4. Her
                            5. The Road
                            6. Ex Machina
                            7. Donnie Darko
                            8. Wall-E
                            9. 2046
                            10. A.I. Artificial Intelligence

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                            • 9
                              Mr_Phil 21.05.2018, 12:37 Geändert 21.05.2018, 12:53

                              Sein Blick schweift ab. Leere. Nichts.
                              Die Kamera versucht diesen Moment einzufangen, kreist um ihn, um die Band, um seine Person, um seinen Verlust, der ihn wie einen Schatten verfolgt, einnimmt, erdrückt.
                              Er versucht eine gewisse Leichtigkeit, eine gewisse Normalität in die Abläufe, in sein Leben zu bringen. Stattdessen Leere. Nichts.
                              Seine Gedanken sind voller Weisheit, voller Naivität, voller Lebensfreude, voller Melancholie.
                              Er fragt sich, wann genau er zu dieser bemitleidenswerten Person geworden ist, die er seither jeden Tag im Spiegel ansehen muss, doch die meisten seiner Fragen erwarten keine Antwort - die Fragen dürfte es nämlich erst gar nicht geben.
                              Die Musik scheint für einen Moment diese Leere, diese große Lücke schließen zu können. Von der ersten bis zur letzten Sekunde wird die Sehnsucht gespürt, die Trauer umarmt, die Hoffnung aufrechterhalten.
                              Jeder seiner Schritte scheint Staub aufzuwirbeln, keiner kann ihm folgen, keiner ihn verstehen.
                              Seine Worte wählt er zwar stets mit Bedacht, nur um am Ende jedoch feststellen zu müssen, dass diese Worte zu keiner Zeit sein Empfinden, seine Gefühle auch nur in diesem nötigen Maße widerspiegeln könnten, um ihn zufriedenzustellen.
                              Ausdrucksformen fehlen, müssen einer Schwere weichen, unter der er zu zerbrechen droht.
                              Der einzige Halt scheint seine Frau, seine Band, die Musik, das Album "Skeleton Tree" zu sein.

                              "One More Time with Feeling" hätte besser kaum werden können. Wir verfolgen Nick Cave und seine Band bei den Proben, während einer Autofahrt, werden Teil des Entstehungsprozesses, dürfen in Nicks Gedankenwelt eintauchen, versuchen ihn zu verstehen, doch sind auch hier, wie er selbst, zum Scheitern verurteilt.
                              Andrew Dominik ist hiermit gewiss keine gewöhnliche Dokumentation gelungen, denn er schafft es, nicht bloß einen Blick auf die Geschehnisse zu werfen - er entwirft gleich ein ganzes Portrait eines Mannes, einer Band, die den Verlust eines geliebten Menschen zu verarbeiten versucht.
                              Es ist hierbei natürlich ein schwermütiger Film geworden, der aber doch gleichzeitig so viel Hoffnung spendet.
                              Der Zuschauer versinkt bereits früh in den atemberaubenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die wohl die Seelenlage von Nick Cave nicht besser hätten widerspiegeln können. Wie gerne würden wir ihn umarmen, ihn trösten. Doch genau dieses Mitleid will er nicht.
                              Er möchte weitermachen.
                              Es muss weitergehen.
                              Mit "Skeleton Tree" ist ihm jetzt zumindest scheinbar ein erster Schritt nach dem Tod seines Jungen gelungen - mit "One More Time With Feeling" ist Andrew Dominik hingegen ein Schritt näher zu meinem Herzen gelungen.

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                              Wenn ich einen Wunsch während dieses Filmes frei gehabt hätte, dann vielleicht diesen hier: "One More Time with Feeling" hätte noch etliche Stunden so weitergehen können und stellt somit wohl die perfekte Wahl für meinen 3.000. Film hier auf moviepilot dar.
                              Ich weiß zwar nicht, wieso Andrew Dominik und insbesondere dieser Film so unter dem Radar laufen - vielleicht kann ich aber mit diesem Kommentar ja einige von euch dazu bewegen, diesen Umstand zu ändern. Ihr werdet es nicht bereuen, versprochen.

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                              • Bei einigen Vertretern dieser Liste beneide ich dich, dass du sie zum allerersten Mal sehen darfst.
                                Da sich unsere Meinungen nur selten erheblich voneinander unterscheiden, bin ich mir fast sicher, dass dir viele dieser Filme auch tatsächlich sehr gut gefallen werden! :-)

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                                  Mr_Phil 11.05.2018, 19:43 Geändert 11.05.2018, 19:43

                                  Nur insgesamt 9 Bewertungen?
                                  Liebe Moviepiloten, das können wir doch besser!
                                  Nehmt euch (am besten jetzt gleich) 18 Minuten Zeit und schaut euch diesen wundervollen Kurzfilm von Kristen Stewart an, die hiermit ihr Regie-Debüt hingelegt hat. Nur so viel sei verraten - ein gewöhnlicher Film ist dabei gewiss nicht entstanden. Aber seht ihn euch einfach selbst an:

                                  https://www.youtube.com/watch?v=u37GTEjnQv4

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                                  • Mr_Phil 30.04.2018, 17:39 Geändert 30.04.2018, 17:50

                                    Ich mache ja seit Jahren (erfolgreich) einen großen Bogen darum, "Inception" noch ein weiteres Mal zu schauen, da ich genau die Befürchtung habe, die du in deinem Kommentar kundtust - vor 4/5 Jahren hatte ich nämlich tatsächlich noch nicht viele Filme gesehen.....:-D

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                                      Mr_Phil 28.04.2018, 11:33 Geändert 28.04.2018, 12:33

                                      Zehn Jahre musste die Fans warten. Zehn Jahre auf dieses Ereignis, das alle Menschen rund um den Globus den Atem anhalten lässt.
                                      Nun ist es also soweit, die Welt steht am Abgrund und nur noch die Superhelden können Schlimmeres verhindern.

                                      "Avengers: Infinity War" sollte zu Beginn sicherlich in dem objektiven (gibt es die überhaupt noch?) Zuschauer einige Skepsis hervorrufen und die ein oder anderen Sorgen bereiten - alles was Rang und Namen hat wird in diesem Film nämlich aufgeboten, wer "Avengers: Age of Ultron" also schon für überladen hielt, wird hier erneut ähnliche Kritik üben dürfen (Kritik? Das kann weg!) und das Ergebnis von dem heiß ersehntesten Film des Millenniums ist somit eben genau (erwartbar) Selbiges: eine aneinandergereihte Episodenfolge von den Avengers, den Guardians und - der Diversität wegen - Black Panther. Spätestens im finalen Akt bricht der sonst streckenweise überraschend homogene Filme unter dieser Vielfalt an Charakteren aber ein, springt von einer CGI-Materialschlacht zur Nächsten, Zeit zum Luft holen bleibt nicht, denn jeder Superheld muss schließlich zeigen, wozu er fähig ist und gibt sich keine Blöße. Wären die Russo-Brüder ihrem anfänglichen Stil treu geblieben, hätte ein durchaus interessanter (und wirklich "anderer") Film dabei entstehen können, da zu Beginn noch Gespür und Timing vorhanden war, um den unzähligen MCU-Helden Raum zum Entfalten zu geben. Marvel wäre aber nicht Marvel und die Fans nicht dessen Fans, würden sie nicht nach weitaus Größerem streben - lauter, hektischer, hässlicher und unkoordinierter wird das Kino, oder zumindest das Spektakel, welches sich Marvel Studios nennt, jedoch (hoffentlich) nicht mehr.
                                      Wer hier zudem die Andersartigkeit aufgrund des Ablebens der ein oder anderen Figur als positiv hervortut, ist entweder naiv, hat den Film nicht mit seiner Entwicklung und den daraus resultierenden unzähligen Möglichkeiten (Marvel lässt sich nämlich bewusst alles (!) offen) wahrgenommen oder keinen Blick auf die bevorstehenden Filme geworfen - augenscheinlich hat sich also alles verändert, im Kern ist jedoch absolut alles gleich geblieben. So Geschichten schreibt eben doch nur das MCU.

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                                      Auf meinen 500. Kommentar hier auf moviepilot, der gleichzeitig einem Werk gewidmet wird, das das beste Ende eines Filmes "ever" bereit hielt (ja, der Wortlaut von der Popcorn mampfenden Meute eine Reihe vor mir war leider genau dieser), zum stundenlangen Philosophieren anregen und noch Jahre danach in den Köpfen der Menschheit herumschwirren wird, mich hingegen zumindest schlussendlich nur eines lehrt - in diesem Leben werde ich reinem Bombast-Popcorn-CGI-Kino mit vorgetäuschtem Tiefgang wohl nichts mehr abgewinnen können. Ich hoffe, dass mein 1000. Kommentar keinem Superheldenfilm mehr gewidmet sein wird, da wir mit diesem Kapitel in der Kinogeschichte dann vielleicht endlich abgeschlossen haben.

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                                      • Mr_Phil 11.04.2018, 16:25 Geändert 11.04.2018, 21:35

                                        Auch wenn es vielleicht etwas verfrüht kommt, bin ich mir doch inzwischen ganz sicher, dass an Ingmar Bergman so schnell keiner mehr vorbeikommt, weshalb er sich, insbesondere im vergangenen Jahr durch etliche herausragende Filme, seinen Platz in meiner Top 10 nun redlich verdient hat.

                                        Akira Kurosawa hingegen konnte mich nach näherer Betrachtung auch nicht immer vollends überzeugen, weshalb die logische Konsequenz sein muss, diese beiden Personen miteinander auszutauschen.
                                        Hallå, Ingmar Bergman!

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                                          Mr_Phil 02.04.2018, 11:10 Geändert 02.04.2018, 13:25

                                          Es gibt einige Abschnitte in unserem Leben, die wir gleichzeitig nicht missen aber genauso gerne auch aus unserem Leben streichen möchten, die viel zu schnell aber auch gleichzeitig rückblickend viel zu langsam vergangen sind.
                                          Die Weisheiten, die wir aus dieser Zeit dann ziehen, sind schmerzhaft und süß, vielleicht auch bittersüß zugleich.

                                          Wir laufen in die eine Richtung, entscheiden uns auf halbem Weg dann aber, dass die andere Richtung vielleicht doch die besser Wahl gewesen wäre, drehen also um, machen Halt, lassen uns treiben von unbekannten Strömungen, die wir bald unser Eigen nennen.
                                          Es ist eine Zeit ohne Rast und ohne Ziel, ohne Bestimmungen, zu vielen Verpflichtungen, zu wenigen Möglichkeiten.
                                          Wir stehen niemals still, verweilen zu lange und denken zu wenig über zu viel nach.
                                          Was haben wir verpasst, was haben wir falsch gemacht?
                                          Was hätten wir noch machen können?
                                          Die Zeit bleibt nicht stehen, rinnt uns durch die Finger, während wir mit Nichtigkeiten beschäftigt sind, die uns kein Stück voranbringen.
                                          Erwachsenwerden ist nicht leicht, doch für manche schwerer als für andere.
                                          Wir wollen hoch hinaus, doch vergessen, dass ein stabiles Fundament essentiell für die Errichtung unseres kleinen großen Turmes, der später möglichst einsturzsicher sein soll, ist.
                                          Wenn wir vermeintlich einen Schritt nach vorne machen, machen wir eigentlich zwei Schritte zurück.
                                          Wir fallen hin, stehen wieder auf, wissen im Prinzip eigentlich noch gar nicht wofür - der Weg ist das Ziel, das Ziel in weiter Ferne und doch so nah.

                                          Greta Gerwig inszeniert mit "Lady Bird" eine warmherzige, humorvolle, kraftvolle und temporeiche Coming-Of-Age-Geschichte, die exakt das Wechselbad von Gefühlen darstellt, dir wir einst durchmachen mussten, als wir unsere eigenen Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden gemacht haben. Von reif zu unüberlegt, von verspielt zu ernst, wechselt die Stimmung des Filmes stets hin und her und entwickelt hierbei einen ganz einzigartigen Rhythmus, der den ganzen Film, den ganzen Lebensabschnitt von "Lady Bird", andauern soll.
                                          Ein Film, der niemals stillsteht, sich aber trotzdem die nötige Zeit lässt, um Erfahrungen für den Zuschauer greifbar zu machen - diese Ambivalenz der jugendlichen Tugend, diese ausdrucksstarke Leere, diese willensstarke Schwächen sind dabei von unvollkommener Schönheit.
                                          Ein Film so eigen wie der Entwicklungsprozess eines Heranwachsenden eben selbst ist - so schön, so nachdenklich, so naiv, so ermutigend.

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                                          • 3
                                            über Jigsaw

                                            Manche Spiele, so scheint es, kann man nicht gewinnen, sie sind folglich verloren, bevor sie überhaupt begonnen haben - moviesforlife hat aber auch einfach cleverer gespielt, war stets einen Schritt voraus, Mr_Phil hingegen sollte seine Lektion noch früh genug lernen.

                                            "Saw" stammte aus einer Zeit, in der Mr_Phil Filme noch mit ganz anderen Augen sah. Zumindest solche Art von Filmen. Das Verbotene hatte hierbei schon immer seinen Reiz, war schon immer verlockend.
                                            Still und heimlich wurden die Spiele des Puzzle-Mörders nachts mit Freunden auf dem Dachboden verfolgt - nachts, wenn alle elterliche Fürsorge tief und fest schlief und die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden, demnach als verschwindend gering einzustufen war. Genau dies machte diese Filme dann zu etwas Besonderem in seiner Jugend, durch seine kindlichen Augen, durch seinen Drang, etwas Verbotenes zu tun, weshalb er sie auch seither nie mehr angerührt hat.
                                            Jetzt aber, durch beinahe den selben jugendlichen Leichtsinn von damals, forderte Mr_Phil sein Glück in Form von moviesforlife leider erneut heraus.

                                            Zehn Jahre sind vergangen, seit Jigsaw seine letzten Opfer einforderte.
                                            Heute war es moviesforlife, der zumindest ein Opfer einforderte.
                                            Die Regeln bei diesem perfiden Spiel hatten sich jedoch nicht geändert - auch nach zehn Jahren nicht.
                                            Also, lasst uns ein Spiel spielen - ein Spiel auf Leben und Tod....

                                            JIGSAW ist eine filmische Katastrophe und jedes Wort über den Film ist eigentlich bereits eines zu viel - die Aufmerksamkeit hat er nämlich definitiv nicht verdient. Über die Notwendigkeit muss man nach sieben (!) Vorgängern sicherlich nicht diskutieren, denn Neues zu erzählen gibt es bereits nach Teil 3 eigentlich nicht mehr.
                                            Wieso wurde die Chance nicht genutzt, um endlich eine neue Richtung einzuschlagen?
                                            Klar, die Variation ein und des selben Themas kann zwar funktionieren - muss aber nicht.
                                            Der perfekte Beweis liefert das unaufhörliche SAW-Franchise, das mit JIGSAW vielleicht endlich einsehen muss, dass nicht alle Spiele gewonnen werden können und nicht alle Spiele ewig spielbar sind - selbst die treuesten Fans müssen nach diesem Teil doch einsehen, dass das pubertärer Blödsinn ins Quadrat ist, der sich obendrein noch viel zu ernst nimmt, auf Taschenspielertricks noch immer nicht verzichten mag und Charaktere mit einer Tiefe eines Pappedeckels vorstellt.
                                            JIGSAW hat sich verzettelt - genau wie Mr_Phil.

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                                            Jigsaw, moviesforlife und Mr_Phil wünschen euch aber natürlich trotzdem ein angenehmes Osterfest und eine entschleunigte Zeit mit euren Liebsten. Spätestens beim neunten Teil sind wir dann wieder für euch da, wenn es erneut heißt: Mögen die Spiele beginnen....

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                                            • Viel Spaß bei den weiteren SAW-Teilen. Spielen wir ein Spiel....
                                              Wie weit bist du bereit zu gehen? Wie viele Teile wirst du dir anschauen? Wie viel kannst du ertragen?
                                              Ich wette, du wirst dir nicht alle Teile anschauen. Kannst du es wider Erwarten doch durchhalten, schaue ich mir im Gegenzug JIGSAW an und schreibe einen Kommentar dazu.
                                              Mögen die Spiele beginnen....

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                                                Mr_Phil 15.03.2018, 12:40 Geändert 15.03.2018, 12:41

                                                Wir alle haben innere Dämonen, die uns tagtäglich begleiten, Laster, die wir nicht ablegen können und die uns scheinbar immer mehr und mehr nach unten ziehen.
                                                Bei einigen sind dies hierbei glücklicherweise nur Nichtigkeiten, die erst gar nicht ans Tageslicht kommen, sofern nur eine oberflächliche Beziehung mit der betroffenen Person besteht.
                                                Sei es das morgendliche Aufstehen, das zur Qual wird, der Hang zum Selbstzweifel, der uns nicht vorankommen lässt oder einfach nur die fehlende Fähigkeit, Entscheidungen im Leben zu treffen - zu groß scheint die Gefahr, immer zu den falschen Weg einzuschlagen.
                                                Auch ich würde mich zur letzteren Kategorie dazuzählen, wenngleich ich nach außen sicher weitaus stärker und selbstbewusster wirke.

                                                Einige Leute stehen aber erst gar nicht vor derartigen Entscheidungen, da sie an einem Punkt in ihrem Leben angekommen, in einen Strudel, in einen Teufelskreis hineingeraten sind, aus dem es seither keinen Ausweg mehr gibt.
                                                Entscheidungen sind sozusagen gefällt, bevor sie überhaupt entstanden sind. Ein Rad greift in das Nächste, es gibt kein Entkommen, kein Entrinnen, alles ist aussichtslos, alles scheint vorbestimmt. Der Weg hat kein Ziel, das Leben als Sackgasse, ein Tag schlimmer als der Andere.
                                                Auch wenn es vermeintlich im Leben dann die ein oder andere Abzweigungen gibt - am Ende führen sie doch alle bloß wieder auf den einen Weg zurück, der geradewegs in die Untiefen der menschlichen Seele zu führen scheint.
                                                Das morgendliche Aufstehen ist dann keine Qual mehr, es ist die reinste Hölle und auch Selbstzweifel existieren nicht mehr, da man sich seiner Selbst vor langer Zeit bereits beraubt hat.

                                                Don Birnham aus "The Lost Weekend" lebt genau so ein Leben. Jeder Tag ist gleich, jeder Tag geprägt von denselben Fehler, jeden Tag gerät er in die gleiche Spirale hinein. Im Prinzip sind keine dieser Tage auseinanderzuhalten, außer zwei unterliegen einer Besonderheit - Samstag und Sonntag, da dort die Tore zur Quelle und Ursprung seines Leidens erst später öffnen und für ihn das Leben somit für ein paar Stunden nur noch unerträglicher machen.
                                                Ein Glas Whiskey ist nicht genug und auch die restlichen Gläser, die gewiss noch folgen, werden an diesem Umstand nie etwas ändern können - eins für das Gewissen, zwei aus Gewohnheit, drei zum Vergessen.

                                                Billy Wilder skizziert in seinem Noir-Drama einige Tage dieses Mannes so glaubhaft, so realitätsnah, dass eine unmittelbare Betroffenheit und Bindung zum Protagonisten entsteht. Was zu Beginn noch als harmlose Krankheit mit Hang zum Humoristischen erscheint, entwickelt sich im Zuge der virtuosen Inszenierung seitens Wilder zu einem immer zu währenden Kampf mit den Dämonen, mit längst vergessenen Träumen, mit längst verpassten Chancen. Dieser Kreislauf, der uns, nebenbei bemerkt, auch symbolisch ganz fantastisch den Film über verfolgt, ist Sinnbild für all dieses Leiden - es gibt bei einem Kreis schließlich keinen Anfang, kein Ende, wie es auch bei Don Birnham und seiner Alkoholsucht eben der Fall ist.
                                                Wie ist man aber hineingeraten, wie kommt man je wieder hinaus?

                                                "The Lost Weekend" ist dadurch natürlich ein äußerst unangenehmer, aber nicht minder wichtiger Film geworden, weil er aufzeigt, wie wichtig es ist, hinzuschauen, aufmerksam zu werden. Die Augen verschließen bringt selten etwas, Untätigkeit bedingt nur noch größere innere Dämonen.
                                                Der Film offenbart uns zwar am Ende keine Lösung und beantwortet keine Fragen - vielleicht aber ja auch nur aus dem Grund, da wir keine Fragen gestellt haben und die Lösung bereits selbst vor unseren Füßen liegt.

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                                                  François Ozon deckt mit seinen Filmen ein mehr als breites Spektrum ab, dabei häufig die sexuelle Natur der Menschen betreffend (mit all den dazugehörigen unbefriedigten Sehnsüchten), oftmals einer psychologische Aufbereitung und Auseinandersetzung mit Vergangenem gleichend, selten konventionell inszeniert und fast immer ohne dem Zuschauer die entscheidenden Hinweise mit an die Hand zu geben, wohin der nächste Schritt gehen mag.
                                                  Aber wissen wir im Leben denn immer, was als Nächstes auf uns wartet?
                                                  Wissen wir immer, wohin uns die Reise führen wird?
                                                  Wer zu viel plant, wird zu oft enttäuscht und ironischerweise überrascht werden. Voraussicht ist schön, doch zu selten besitzen wir eben genau diese in benötigtem Maße, um uns auf das vorzubereiten, was noch kommen kann oder kommen wird.

                                                  Auch in "L'amant double" gewährt uns Ozon keinerlei Voraussicht (wieso auch?) und so finden wir uns vielleicht viel schneller in den Wirrungen und Irrungen der Geschehnisse wieder, als uns lieb wäre - ohne zu wissen, ob wir einen Schritt nach vorne oder doch lieber wieder zurück wagen sollten.
                                                  Das thematisierte Doppelgänger-Motiv gehört zwar sicherlich zu keiner Neuerfindung seitens Ozon, doch trotzdem verbindet er Elemente (besonders im finalen Akt) in seinem Film gekonnt miteinander, sodass auch diese Fingerübung mit all seiner Verspieltheit und stellenweise brillanten Inszenierung die volle Laufzeit überzeugen kann - den Übergang von dem weiblichen Geschlechtsteil zu deren Pupille bereits in der ersten (!) Einstellung muss man schließlich erstmal so hinbekommen.
                                                  Die Richtung scheint also bereits früh vorgegeben, der Weg dahin bleibt hingegen ungewiss.

                                                  Auch wenn dann im Laufe des Filmes nicht jeder unserer Schritte auf festem Untergrund landen, manche Steine zu wackelig und manche Pfützen zu groß erscheinen, gehen wir den Weg doch unbeirrt weiter, zu groß wäre schließlich die Enttäuschung, etwas verpassen zu können.
                                                  François Ozon bleibt also, still und heimlich, ein kleiner leuchtender Stern am Himmel der Kinolandschaft, welche sonst zu oft den vermeintlich einfachsten und profitabelsten Weg einschlägt - selbst wenn dieser einem Trampelpfad gleicht.

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                                                  • "Special Effects von 1854 und mit dem Toaster gefilmt."
                                                    Allein wegen dieses Spruches werde ich mir "Sharktopus" wohl irgendwann ansehen müssen...:-D

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