Auslöschung - Diese Szene solltet ihr unbedingt im Originalton schauen

04.04.2018 - 10:00 Uhr
Auslöschung
Paramount Pictures Germany
Auslöschung
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Die Bärenszene in Auslöschung lebt von ihrem schaurigen Soundeffekt. Die Übertragung des Effekts von der englischen in die deutsche Fassung ist jedoch nicht gelungen, was ausschließlich an der Qualität des Effekts liegt.

Vorsicht, es folgen Spoiler zu Auslöschung:

Zwei der besten Szenen in Auslöschung werden maßgeblich durch ihr Sounddesign geprägt. Im Finale tanzen die Biologin Lena (Natalie Portman) und ihre frisch geborene Pantomimin zu einer dumpfen Melodie aus fünf Noten , die den streichelnden Folk, der den übrigen Film unterlegt, in Grund und Boden wummert. Der Doppelgänger-Tango mit seinem abgebrochenen Rhythmus ist ebenso beunruhigend wie eine Szene etwa zur Mitte des Films. Deren Wirkung entfaltet sich so richtig jedoch erst in der englischen Originalversion des bei Netflix abrufbaren Films, was mir aufgefallen ist, weil ich Auslöschung letztes Wochenende ein weiteres Mal in der ins Deutsche synchronisierten Fassung gesehen habe.

Der menschliche Schrei als tierisches Wimmern

In einem verfallenen Wohnhaus rastend, begegnen die vier verbliebenen Forscherinnen zum zweiten Mal dem Bär, dem das Expeditionsmitglied Cass Shepard (Tuva Novotny) zum Opfer gefallen war. Dieser Bär, so beschreibt es der Visual Effects-Supervisor  von Auslöschung, sollte dem Film als physische Manifestation der verzerrten Gene dienen, die Krankheit und exzentrische Lebensformen innerhalb des "Shimmers" hervorbringen. Denn dort zerfließen und mutieren Lebensformen. Der Bär existiert hier als eine Schraffierung verschiedener Bärenrassen, die sich in ihrer bis zur Unkenntlichkeit mutierten Haut alles andere als wohl fühlen. So führte die Zersetzung durch das Prisma des Shimmers bei dem Bär eine besonders perverse Chimäre zutage.

In Auslöschung meldet sich der Bär mit einem verzweifelten Todesschrei zurück, den er von seinem letzten Opfer, Cass Shepard, angenommen hat. Er nutzt ihn - anscheinend - als Jagdinstrument. In der Szene in dem verfallenen Haus äußert sich die Absorbierung des Schreis in einem schaurigen Jammern, das der Bär von sich gibt, während er blind um die gefesselte Crew herumstreunt.

Die Gestaltung der Szene im Original

"Help me!" raunt das Wesen durch das Zimmer schleifend. Die verzerrte Tonspur des verzweifelten menschlichen Schreis liegt dabei über einem tierischen Schnaufen. Das Tier variiert die Tonlagen des adaptierten Schreis, lässt ihn in seinem tiefen Rachen schwanken. Mal kriegen wir den Hilfeschrei als schrilles Kreischen zu hören, dann wieder als verzagtes Grunzen. Diesen Reichtum erreicht die Tongestaltung des Effektes nur in der englischen Originalfassung. Hier könnt ihr euch den Höhepunkt der Szene nochmal anhören. 

Die deutsche Fassung übersetzte den Schrei von Cass wortgetreu in ein "Hilf mir". Die Übersetzung ins Deutsche erforderte darüberhinaus die komplette Ummodellierung des Sounddesigns der Szene. Die deutsche Synchronfassung kann den originalen Toneffekt lediglich imitieren und dies aufgrund der knapp bemessenen Zeit eines Sychronisierungsprozesses auch nur unzureichend.

Die Gestaltung in der deutschen Fassung

Cass' Schrei, das Segment der Frauenstimme im Tongeflecht, ist zunächst kaum zu identifizieren und damit ist der eigentliche Trumpf des Bärenauftritts nahezu verschenkt: Die akustische Bedrohung des Monsters geht flöten. Das singende Stöhnen klingt eher wie eine zufallende, schlecht geölte Tür denn wie das mutierte Kommunikationsorgan einer zersetzten Spezies. Erst kurz bevor Josie (Tessa Thompson) von dem Bär angesabbert wird, setzt sich das Element auch in der deutschen Fassung durch. Das liegt jedoch daran, dass genau in diesem Moment auf eine deutsche Übertragung verzichtet wurde. Denn das verzerrt gekreischte "Me" ist phonetisch fast deckungsgleich mit dem deutschen "Mir".

Holt die englische Fassung, falls noch nicht geschehen, also unbedingt nach. Und wenn ihr nur die englische kennt, vergleicht sie mit der deutschen. Denn die Arbeit des Sychronstudios (die Berliner Synchron GmbH war zuständig) will ich damit gar nicht in Frage stellen. Der Vergleich zwischen den Fassungen zeigt vielmehr, dass sich ein derart origineller und komplexer Soundeffekt nicht ohne Weiteres "übersetzen" und ein aufwendig konzipierter Ton sich nicht imitieren lässt. Jede Synchronisation ist ein schwerwiegender künstlerischer Eingriff. Hier bekamen es Zuschauer und Film lediglich besonders stark zu spüren.

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