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Breakfast at Tiffany's

14.10.2014 - 12:00 Uhr
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Paramount Pictures
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Meine Lieblingsszene:

"Das bezweifel ich." Seine Worte stoppten mich mitten in der Bewegung und rissen mich raus aus optimistischen Träumereien von Glück und Liebe.
"Wieso denn?", fragte ich, obwohl ich die Antwort schon ahnen, aber noch nicht realisieren konnte. Er kramte einen Brief heraus und las ihn zügig, aber doch mit vorsichtigem Stocken vor. Ich spürte, wie die verregnete Außenwelt an mir vorbeizog und fühlte mich seltsam verloren, hier in diesem kleinen Taxi.
Die ersten Passagen des Briefes zerstörten etwas in mir, ein bisschen Naivität, sehr viele Träume, unzählige Illusionen. Ich wollte die Worte nicht in mich lassen, sie verbannen, nicht wahrhaben, doch sie fraßen sich in mich hinein und manchmal, wenn alles still ist, höre ich sie immer noch. Für eine kurze Zeit war ich fassungslos, kaum noch fähig, mir die Lippen richtig zu schminken, doch dann brachte ein starker Impuls in mir mich dazu, mir energisch die Strumpfhose über die Füße und Beine zu ziehen. Ich merkte, wie meine Hände aufhörten zu zittern und sich mein Gesicht ehrgeizig verkrampfte. Ich würde diesen Brief zu Ende hören und ich würde es mit Fassung tragen. Diese paar dummen Worte sollten nicht mein Leben zerstören.
"Tja", sagte ich, als Paul fertig gelesen hatte und fing an mir die Jacke anzuziehen.
"Wenigstens ist er ehrlich. Es ist fast rührend."
"Rührend?!", antwortete ich schnippisch und entgegen meiner neu entstandenen Pläne merkte ich, dass meine Stimme doch zitterte und mir Tränen in die Augen stiegen. Ich merkte kaum noch, was ich sagte, sagte einfach nur irgendwas, um meine Wut, meine Traurigkeit und meine pure Verzweiflung zu verbergen. Ich stützte meinen Kopf in die Hände und versuchte zu weinen, doch es gelang mir nicht, dafür wogen der Schmerz und mein eigener Stolz zu schwer.
Meine Entschlossenheit wuchs wieder, als Paul betont harmlos redend davon ausging, dass ich hier in New York bleiben würde. Niemals würde ich hier bleiben! Mein Ort der Zuflucht war verseucht, ich fühlte mich eingesperrt und alleine und wenn ich hier bleiben würde, würden die Gitterstäbe des Käfigs immer näher kommen, bis sie mich zerstörten.
Ich wies den Taxifahrer an, zum Flughafen zu fahren. Ich konnte spüren, wie Paul mich fassungslos anstarrte, während ich versuchte, die Fassung zu bewahren und ihm meine Pläne erklärte. Ich verlor mich in meinen eigenen Worten, redete nur noch um zu reden und verstrickte mich immer mehr in meinen eigenen Illusionen. Irgendwann rissen mich seine Worte wieder raus.
"Du weißt, ich liebe dich!"
"Na und?", antwortete ich und es war mir für einen kurzen Moment wirklich ernst damit.
"Na und?! Das fragst du? Ich liebe dich und du gehörst zu mir!"
"Nein!", entgegnete ich, "kein Mensch gehört einem Menschen."
"Da irrst du dich."
"Ich werde mich von keinem einsperren lassen!" In dem Moment fühlte sich das Taxi so winzig an wie nie zuvor, ich konnte die Gitterstäbe schon fast ertasten, irgendwann würde ich nicht mehr atmen können.
"Einsperren will ich dich nicht. Ich will dich lieben."
"Das ist dasselbe!", rief ich verzweifelt und wollte nur noch weg.
"Das ist es nicht! Holly!"
"Ich bin nicht Holly! Lulla Mae bin ich auch nicht! Ich weiß nicht, wer ich bin!", und meine Stimme zitterte, "ich bin wie der Kater, wir sind eigentlich niemand, wir gehören zu niemandem und niemand gehört zu uns! Und eigentlich gehören wir nicht mal zusammen." Und daraufhin bat ich den Taxifahrer anzuhalten und setzte den Kater mitleidslos im strömenden Regen aus und zündete mir, nachdem das Taxi wieder losgefahren war, eine Zigarette an. Sehnsüchtig und hoffend, dass bald alles wieder einfach und gut sein würde, atmete ich den Rauch aus. Paul bezahlte den Taxifahrer, er wollte aussteigen. Es war mir egal. Das Taxi hielt wieder an. Doch anstatt einfach im ewigen Regen zu verschwinden, drehte Paul sich noch einmal um.
"Weißt du, woran es bei dir fehlt, du armes Ding ohne Namen?", sagte er spöttisch, "Du hast Angst! Du hast keine Courage! Du bist ein Kind, das Angst hat, alles so zu nehmen, wie es ist! Menschen verlieben sich nun mal. Menschen gehören zusammen. Weil das die einzige Möglichkeit ist, ein bisschen glücklich zu werden", und seine Stimme erhob sich immer wütender und verzweifelter, "Du hältst dich für einen freien Geist, der nur ungebunden leben kann. Und du zitterst vor Angst, dass dich jemand in einen Käfig sperren könnte! Du sitzt aber schon lange drin und gebaut hast du ihn dir selbst! Und egal, wo du bist oder hin gehst, du schleppst ihn überall mit dir rum. Überall wirst du dir selbst begegnen!"
Diesmal gab ich mir keine Mühe, seine Worte abprallen zu lassen. Ich ließ sie ihn mich einsickern, tief in meine Seele und mein Herz. Ich blieb stumm und zog nur an der Zigarette und wusste, da irgendwo im Nest meiner zerstörten Illusionen und Hoffnungen und den Trümmern meiner lustigen und leichten Scheinwelt, dass er Recht hatte.
Der Zigarettenrauch tanzte vor meiner Nase, wann war diese Nacht vorbei?


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