Erich von Stroheim - The Man You Love to Hate

07.04.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Erich von Stroheim in Blinde Ehemänner
Universal Pictures
Erich von Stroheim in Blinde Ehemänner
5
28
Der Militarismus unter preußischen Vorzeichen war lange das vorherrschende Bild des Deutschen in Hollywood. Einschüchternde, herzlose Männer in Uniform. Und ein österreichischer Emigrant schaffte es dafür geliebt zu werden wie niemand anderes.

Wir erinnern uns, Gert Fröbe spielt in Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten Oberst Manfred von Holstein. Dieser ist vielleicht nur eine Karikatur, aber gerade in seiner Überzeichnung können wir ablesen, was den Deutschen so auszumachen scheint. Er ist stocksteif, ein Paragraphenreiter, arrogant und für keinen Spaß zu haben. Gefühle, die über Stolz und Ehrverletzung hinausgehen, kennt er nicht und er lernt alles aus Bedienungsanleitungen. Das Herz der Dinge bleibt ihm verschlossen. Und natürlich ist er Militär in Fleisch und Blut. Er ist Preuße.

Das kann einem sehr bekannt vorkommen. Dieses Bild hat aber einen langen Weg hinter sich. Vielen Veränderungen war dieses Bild des preußischen Deutschtums unterworfen, bevor es von den Nazis mehr oder weniger verdrängt und verzerrt wurde. Das Militärische war besonders zur Anfangszeit von abendfüllenden Spielfilmen das zentrale Charakteristika des Deutschen in Hollywood, aber es war ein gänzlich anderes. Der Deutsche war ein Schwein, ein wildes Tier, das sich hinter adretten Uniformen versteckte. Die Kauzigkeit eines Obersts Manfred von Holstein ging diesem Bild völlig ab. Hunne wurde er genannt und Teutone. Der Grund dafür war sehr einfach. Es herrschte Krieg und die Propagandamaschinen überschlugen sich mit Plakaten von riesigen Menschenaffen, die Frauen verschleppten und Keulen hielten, die den Schriftzug Kultur trugen. Selbstredend durfte die Pickelhaube nie fehlen.

Der Preuße als Hunne
Der Deutsche war der Feind und ein Mann in Hollywood gab dem rasenden Pöbel, wonach er verlangte. Er wurde als Erich Oswald Stroheim in ärmlichen Verhältnissen in Österreich geboren. Sich in seinen frühen Zwanzigern befindend, reiste er 1909 in die USA aus, wo er zu Graf Erich Oswald Hans Carl Maria von Stroheim und Nordenwall wurde. Wenn schon neu anfangen, warum nicht gleich richtig. Sein wirklicher Aufstieg kam aber erst mit dem Krieg, denn er war in der neuen Heimat nicht nur Graf geworden, sondern auch Kavallerie-Offizier. In Filmen wie Alt Heidelberg (1915) wurde Erich von Stroheim so auch gutgläubig als militärischer Berater eingesetzt – ein adliger deutscher Offizier, wer wäre besser geeignet. (Ok, er war Österreicher, aber dieses Haar wurde in der Traumfabrik nicht sehr oft gespalten. Es tut mir leid, liebe Nachbarn.)

Mehr: Schnitzel with Noodles – Teil 1: Mit Lederhose und Pickelhaube ins Kino

Mit dem Krieg kam aber vor allem die Rolle des Bösewichts und mit ihr der Erfolg. In Filmen wie The Hun Within lebte von Stroheim das vermeintliche Deutschsein voll aus, was 1918 notorische Ausmaße annehmen sollte. In The Heart of Humanity irritiert den von ihm gespielten Eric von Eberhard ein schreiendes Baby, als er einer Krankenschwester mit den Zähnen die Knöpfe ihres Gewandes abreist, um sie zu vergewaltigen. In dem Moment, wo er es kurzerhand aus dem Fenster schmiss, hasste ihn wahrscheinlich fast jeder in den damaligen Kinosälen – und sie liebten ihn dafür, dass sie ihn hassen konnten. Und so wurde er The Man You Love to Hate. Er sollte noch einige Spitznamen bekommen, aber keiner blieb so haften. Und keiner war so eng mit seinem Deutschsein verbunden.

Pünktlich mit Kriegsende wurde er Regisseur und inszenierte sich in zwei notorischen Werken selbst: Blinde Ehemänner und Närrische Weiber. In beiden Filmen spielt er uniformierte Hochstapler, die sich in adrette, mit Orden geschmückte Militärkleidung und glänzende Lederstiefel warfen, ein Monokel aufsetzten, aufreizend lange Zigaretten rauchten und damit den einsamen Damen keine Chance ließen. Immer wieder nutzte er aus, dass alle vor seinem Adel kuschen oder ihm mit glänzenden Augen alles glauben, nur um sich in seinem scheinbaren Glanz sonnen zu können. (Ich bin mir dabei bewusst, dass die Rolle seines Schwindlers in Zweiterem Graf Wladislaw Sergius Karamzin heißt, aber vor allem spielt er abermals sich selbst.)

Die wahre Kunst ist aber, dass er lügt und betrügt, dass sein Geld so falsch wie alles andere ist, aber dass kein Gram List an ihm hängt. Auf faszinierende Weise ist er gerade heraus. In Blinde Ehemänner spielt er eine Figur namens Eric Steuben, der sich Leutnant Erich von Steuben nennt, um schneller an Geld zu kommen, um nicht wie ein Jedermann behandelt zu werden. Fast tut es weh, wie offen er hier über sich selbst diskutiert. Er ist Machtmensch, der Verstellen gar nicht nötig hat. Und so schaut er die Frauen, denen er an Wäsche und Portemonnaie will, auch in Gegenwart ihrer Männer mit einem Grinsen an, das von der selbstsicheren, freudigen Gewissheit kündet, sie schon ausgezogen und – genommen zu haben. Ein schmierigeres Grinsen ist nur schwer zu finden.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News