Es wird übernatürlich gut im Berliner Tatort: Vielleicht

16.11.2014 - 20:10 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Olsen Lise Risom in Tatort: Vielleicht
ARD/rbb
Olsen Lise Risom in Tatort: Vielleicht
3
5
Der heutige Tatort aus Berlin zieht sich immer dann aus der Affäre, wenn Erklärungen gefragt sind, ein angemessener Abschied für Boris Aljinovics Kommissar Stark ist der Krimi namens Vielleicht aber. Ganz sicher.

Nach dem Berliner Tatort heute dürfte so mancher Zuschauer online nach Antworten über das Ende suchen. Hier findet er sie nicht (sorry), aber dafür die Versicherung, dass Kommissar Felix Stark (Boris Aljinovic) mit seinem Abschied aus dem Berliner Tatort des rbb mehr als gut bedient ist. Erstens weil es im Gegensatz zu dem des Kollegen Ritter/Raacke tatsächlich eine Art Abschluss ist, zweitens weil Tatort: Vielleicht schlicht atmosphärisch starke eineinhalb Stunden Sonntagabendunterhaltung liefert. Die dürften Kenner des Teams Ritter/Stark in der Erkenntnis bekräftigen, dass das Berliner Team spät - aber besser als nie - zu Bestform aufgelaufen ist. Dass Boris Aljinovic, dessen ruhiger Familienmensch Stark neben Womanizer Ritter stets etwas zu kurz kam, die Ehrenrunde allein bestreiten kann, ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem Tatort-i.

Dabei klingt die Ausgangsidee auf Papier bzw. in der .doc-File grausig: Eine Wahrsagerin kündigt einen Mord an, Stark tut nichts, der Mord geschieht. Glücklicherweise hockt das "Medium" nicht in Schlosstürmen, um mit Flaschenbodenbrillengläsern auf der Nase in Teeblättern zu stochern. Trude (Lise Risom Olsen) ist eine ganz normale norwegische Studentin in Berlin, die leider auch detaillierte Träume über künftige Ereignisse zu haben scheint, welche sich bewahrheiten. Sie träumt vom Mord an einer Freundin, lässt bei der Polizei ihre Aussage aufnehmen, aber zur Tat schreiten die Beamten nicht. Es vergehen ein paar Wochen, bis die Frau tatsächlich stirbt und zwar wie von Trude geschildert: Ermordet von einem Mann in Latzhose. Als Trude einen zweiten Traum hat, nimmt Stark die junge Frau ernst.

Von Anfang an stimmt etwas in diesem Krimi nicht: Sanfte Klaviertöne begleiten uns bei der ersten Begegnung zwischen Stark und Trude, gleichzeitig hält uns der Tatort auf Distanz. Nicht was die Informationen angeht oder das Innenleben des Kommissars, aber ein Gefühl leichter Betäubung liegt über dem Krimi, so als würden die Ermittlungen pflichtgemäß durchgezogen, die Hausbesuche gemacht, Zeugen befragt, und dennoch unterliegt alles einer Eigendynamik, an der nichts tiefgreifendes zu ändern ist. Als könne auch Stark schlussendlich nur zuschauen.

Genau darin liegt der Reiz dieses Tatorts, der sich nicht in Erklärungen versucht und sich damit auf eine durchaus kritikwürdige Art unangreifbar macht. Andererseits läuft der Sonntagabend vor erklärenden Dialogen in der Regel über, weshalb bei Tatort: Vielleicht (vielleicht) Nachsicht geboten ist. Mit den großen unergründlichen Augen von Olsen Lise Risom und dem zunehmend in Schockstarre gefangenen Boris Aljinovic weist die Besetzung ein ungewöhnliches Duo auf, das die eigentlich haarsträubende Geschichte vorm Abheben rettet. Indessen stellt der reizvolle Fall seine Hauptfigur zum Abschied vor diverse große Fragen des (Polizisten-)Daseins: Kann der Gesetzeshüter tatsächlich etwas verändern in der Welt oder ist er nur eine Marionette in einem fremdgesteuerten großen Plan? Antworten gehören, wie angemerkt, nicht zum Tatort-Paket. Von denen gab es in schwächeren Berlin-Fällen schon genug.

Mord des Sonntags: Hingerichtet unter den wachsamen Augen der Grusel-Krake.

Zitat des Sonntag: "Mir ist das hier alles zu spooky."


Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Externe Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung


Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News