Vom Feuerteufel treibt es Wotan Wilke Möhring in seinem zweiten Tatort als Thorsten Falke diesmal ans Wasser. Auf der ostfriesischen Insel Langeoog (Hand hoch, wenn ihr sie googlen musstet) will dieser eigentlich nur entspannen, doch wir wissen alle, welche Auswirkungen der Urlaub von Kommissaren auf die Kriminalitätsrate hat. Falke jedenfalls ist privat betroffen und muss in seinem sehr guten zweiten Fall mit den örtlichen Kollegen und viel Buschfunk zurechtkommen. Der wahre Hauptdarsteller ist allerdings die eindrucksvolle Natur.
Lokalkolorit: Endlose Dünen und Wattlandschaften, beeindruckende Aufsichten auf die Inselformation, dazu die unerbittlichen Wellen: Tatort: Mord auf Langeoog erinnert in seinen melancholisch-mythischen Naturbildern an eine abgespeckte Version der Wallander-Krimis mit Kenneth Branagh. So bedingungslos wie jene will sich die Kamera aber nicht in der windigen Gegend verlieren. Wir sind hier schließlich bei einem Tatort!
Plot: Bei seinem besten Kumpel und dessen Frau will Falke den Urlaub verbringen, doch deren Bruder Florian (Paul Dano-Gedächtnispreis: Leonard Carow) macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Der Einzelgänger wird eines Tages neben der Leiche einer Künstlerin gefunden, spärlich bekleidet und ohne Erinnerung an die vergangene Nacht. Falke mischt sich daraufhin in den Fall ein, was Kommissarin Brandner (wie immer eine Freude: Nina Kunzendorf) nicht so gern sieht. Die glaubt in Florian den Schuldigen gefunden zu haben und der tut alles dafür, so verdächtig wie nur möglich zu auszusehen. Aber vielleicht verbirgt die Inselgemeinde das ein oder andere dunkle Geheimnis.
Unterhaltung: Je weiter Thorsten Falke und Kollegin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) sich durch die Ansammlung kantiger Inselbewohner kämpfen (unter anderem Rainer Bock, auf den Conny Mey in Tatort: Im Namen des Vaters traf), desto bedrohlicher wird das Eiland, welches mehr und mehr einem Gefängnis ähnelt. Zwar ist die finale Auflösung in etwa so überraschend wie der Wechsel von Ebbe und Flut, aber die unkonventionelle Art, wie der Mörder gefasst wird, ringt dann doch ein anerkennendes Schmunzeln ab. Schmidt-Schallers im ersten Hamburger Krimi etwas blass wirkende Lorenz darf sich hier beweisen und bleibt der einschüchternden Präsenz Wotan Wilke Möhrings ebenbürtig.
Tiefgang: Tatort – Mord auf Langeoog wendet sich von den Problemkrimis ab, die wir sonst zum Ende der Woche zu sehen bekommen. Erzählt wird ein klassischer Krimi über eine kleine Gemeinde, in der jedes Geheimnis weitergetragen wird, ohne dass es zu einer offenen Aussprache kommt. Je näher sich die Menschen kommen, desto weiter scheinen sie auf dem Eiland von einander entfernt. Da braucht es manchmal einen Außenseiter, der die Mauer des Schweigens durchbricht, die verdrängten Kadaver (von Hunden und Menschen) ans Tageslicht zerrt.
Mord des Sonntags: Erstochen in den Dünen, mit Liquid Ecstasy im Blut.
Zitat des Sonntags: “Du musst dir auch mal Sachen anhören!”
Der zweite Fall von Thorsten Falke überzeugt oder was meint ihr?