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Anime-Serien im Kino - Mein Abend mit einem frustrierten Superhelden

05.03.2017 - 12:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Saitama in Aktion
One, Shueisha, Madhouse, KAZÉ
Saitama in Aktion
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Anfang Januar enterten die Strohhut-Piraten unsere Kinosäle. Ende Februar übernahm Superheld Saitama und stürzte sich in seine ersten Abenteuer - wie mir diese gefielen, möchte ich euch im unteren Text erzählen.

Im Jahre 2009 startete der damals noch recht unbekannte Zeichner One einen Web-Manga namens One Punch Man, der schnell eine treue Fan-Gemeinde um sich versammeln konnte. Drei Jahre später veröffentlichte der Shueisha-Verlag ein Remake der Serie, auf dem der gleichnamige Anime basiert. Die ersten drei Episoden des Anime brachte KAZÉ am 28. Februar in unsere Kinos und somit durfte man den vielleicht stärken Superhelden aller Zeiten auf seinen ersten Einsätzen begleiten.


Worum geht es in One Punch Man?

Überwältigende Kraft... ist stinklangweilig...


In Saitama brannte bereits als Kind der Wunsch, eines Tages ein Superheld zu werden, um die Schwachen und Wehrlosen beschützen zu können. Eine Begegnung mit einem Monster bestärkte ihn darin, seinen Traum wahr werden zu lassen und so trainierte er drei Jahre ununterbrochen bis er so stark war, dass er jeden Gegner mit nur einem einzigen Schlag erledigen konnte. Allerdings birgt diese gewaltige Kraft auch ihre Schattenseiten, denn Saitama ist von seiner Stärke zusehend gelangweilt und sehnt sich nach einem Kampf, der sein inneres Feuer erneut entfachen kann.

Auf Empfehlung einiger Freunde habe ich einige Episoden von One Punch Man bereits in der japanischen Originalfassung gesehen und hatte mit Saitama einen riesen Spaß, denn die Serie nimmt sich selbst nicht zu ernst und bietet zudem einige der imposantesten Kämpfe, die ich bisher im Anime-Bereich gesehen habe. Dementsprechend habe ich mich riesig auf den 28. Februar gefreut, denn an diesem Tag liefen die ersten drei Episoden von One Punch Man im CinemaxX Bremen, die ich mir dort mit zwei guten Freunden angesehen habe. Nach einigen kurzen Trailern, unter anderem zu One Piece Film: Gold und den beiden Attack on Titan Live Action-Filmen, ging es direkt los mit einer Stunde Over the Top-Action.


Mein Abend mit One Punch Man (Episode 1-3)

Ich fühle keine Angst, Aufregung, Freude und Wut. Es ist, als hätte ich im Gegenzug für meine Stärke etwas Bedeutendes als Mensch verloren.


Da ich zur Handlung der ersten Episoden weiter oben bereits so ziemlich alles nennenswerte geschrieben habe, soll es nun um Protagonist Saitama gehen, den eiserne Disziplin, unbändiger Willen und der Wunsch das Richtige zu tun von einem anfangs noch recht unscheinbaren jungen Mann zum stärksten Superhelden der Welt machten. Nach drei Jahren harten Trainings besitzt er endlich die Macht, die Menschen seiner Stadt zu beschützen, denn jeden Gegner zerlegt er mit nur einem einzigen Schlag in dessen Einzelteile. Seine überwältigende Kraft stürzte ihn jedoch in eine waschechte Sinnkrise, denn das Feuer von einst ist längst erloschen. Er hofft auf einen fantastischen Kampf, der ihm mal wieder wirklich alles abverlangt, doch meist wird er enttäuscht und sackt deprimiert in sich zusammen, nachdem einmal mehr ein Gegner durch seinen schier allmächtigen Schlag vernichtet wurde. Die große Stärke des Charakters Saitama ist, dass man sich trotz seiner immensen Kräfte in ihn hineinversetzen und ihn verstehen kann. Er mag vielleicht wie ein Gott unter Menschen wirken, doch seine Stärke steht im krassen Kontrast zu seinem Wesen, denn wenn man ihm bei seinem Alltag begleitet dann wirkt er doch erschreckend blass und irgendwie langweilig. Vermutlich kann sich niemand in einen Charakter hineinversetzen, der quasi unbesiegbar ist, andererseits erscheint es gar nicht so abwegig, dass jemand in eine Krise stürzt, da er in einer Sache mittlerweile keinerlei Herausforderung mehr sieht. Mangaka One gelingt es, uns einen Charakter näher zu bringen, uns ihm sogar verbunden zu fühlen, der uns eigentlich vollkommen fremd erscheinen sollte und es auch immer bleiben müsste.

Seine Gegner hingegen sind eigentlich nicht wirklich der Rede wert, denn so schnell wie sie erscheinen treten sie meist auch wieder ab, was unseren Helden regelmäßig frustriert zurücklässt. Wobei die Widersacher jedoch definitiv punkten können sind ihre Designs sowie die teils atemberaubenden Kämpfe, die sie sich mit Saitama liefern. Viele Gegner sind äußerlich an Charaktere anderer populärer Animes (beispielsweise Dragon Ball Z oder Digimon) angelehnt und speziell wenn man sich in diesem Bereich etwas auskennt, wird man die eine oder andere Vorlage für die Bösewichte ausmachen können. Doch natürlich bleibt Saitama nicht allein, denn wie viele andere Superhelden vor ihm, soll auch er einen Sidekick bekommen. Diese Rolle fällt in One Punch Man dem Cyborg Genos zu, der von seinem späteren Meister gerettet wird und von diesem das Geheimnis seiner unglaublichen Stärke lernen möchte. Besonders schön anzuschauen ist die mit der Zeit entstehende Dynamik zwischen Saitama und Genos, denn beide sind, speziell zu Beginn, sehr gegensätzlich, doch mit der Zeit beginnen sie einander zu verstehen und schätzen.

Verdammtes Moskito!!


Neben Protagonist Saitama ist die größte Stärke des Anime zweifelsohne sein herrlicher Humor und ich muss gestehen, schon lange nicht mehr im Kino so herzhaft gelacht zu haben wie bei One Punch Man. Im Grunde genommen handelt es sich bei diesem Manga und Anime um eine Parodie auf Shonen-Serien, deren Hauptfiguren oftmals jedes noch so große Hindernis überwinden können und ebenfalls ungeheuer stark sind; populäre Beispiele sind etwa Goku (Dragon Ball) oder Ichigo (Bleach). One Punch Man treibt dieses Konzept auf die Spitze und stellt es komplett auf den Kopf, denn für ihn gibt es nun einmal keine wirklichen Herausforderungen mehr. Der Humor funktioniert somit nochmal etwas besser, wenn man um die vielen kleinen Anspielungen weiß, doch selbst wenn man diese nicht erkennen sollte, wird man garantiert viel Spaß mit der Serie haben, da sich viel Witz aus den teils absurden Situationen ergibt, in denen sich Saitama wiederfindet: Wenn er es trotz seiner immensen Kräfte nicht schafft, ein kleines Moskito zu erledigen und deshalb sogar zum Insekten-Spray greifen muss oder wenn unser Held während des Raserei-Anfalls eines Bösewichts bemerkt, dass er den Schnäppchen-Samstag verpassen könnte, der das Highlight seiner Woche werden sollte, dann kann man sich ein Lachen angesichts der Frustration des Helden einfach nicht verkneifen.

Unterstützt wird der Humor durch den wunderbaren Stil des Anime. Das renommierte Studio Madhouse zeichnet für die Anime-Adaption des Manga-Remake verantwortlich und zaubert einen einzigartigen, manchmal dermaßen Reiz überflutenden Zeichen- und Animationsstil auf die Leinwand, dass es eine wahre Freude ist. Aufwendig animierte Szenen wechseln sich dabei mit eher einfacher gezeichneten Momenten ab, die sich merklich an Ones Original-Manga orientieren (Da Bilder bekanntlich mehr sagen als 1000 Worte, werft doch einfach einen Blick auf das untere Video). Die herrlich überdrehten Kämpfe der Serie wurden von Madhouse mit einer großen Liebe fürs Detail im Anime umgesetzt und gehören dank aufwendiger Choreographien, spektakulärer Kamerafahrten und herrlich flüssigen Animationen mit zum Besten, was man im Anime-Segment derzeit finden kann; selbst ein Genre-Urgestein wie Dragon Ball kann sich von Saitamas Kämpfen noch die eine oder andere Scheibe abschneiden. Mit derselben Sorgfalt kümmerte man sich glücklicherweise auch um die auditive Ebene, denn der Soundtrack sowie die Klangkulisse während der Kämpfe stehen der optischen Opulenz in Nichts nach und untermalen die jeweilige Situation, egal wie abgedreht sie manchmal auch erscheinen mag, absolut perfekt. Besonders das Opening The Hero!! ~ Ikareru Ken ni Hono o Tsukeru von Jam Project passt wie Saitamas Faust ins Gesicht eines Schurken und verströmt vom ersten Ton an eine ungeheure Energie; diese sprang während der Kinovorführung sogar auf den Saal über, denn die Worte ONE PUNCH wurden von einigen Leuten jedes mal voller Inbrunst mitgeschrien :D

Nun noch ein paar Worte zu deutschen Vertonung, die meiner Meinung nach wirklich erstklassig gelungen ist. Besonderes Lob hat sich hierbei Fabian Oscar Wien verdient, der Saitama seine Stimme leiht und voller Elan bei der Sache ist. Man kann förmlich spüren, mit wie viel Eifer Wien bei der Sache ist und in der Rolle des Hobby-Helden aufgeht - speziell sein Timing sowie das Spielen mit seiner Stimme in den komödiantischen Momenten ist sehr gut gelungen und hilft dem Zuschauer dabei, mit dem Protagonisten mitzufühlen. Doch auch die anderen Figuren wurden hervorragend besetzt und so darf man sich auf die vertrauten Stimmen hochkarätiger Sprecher wie David Nathan, Santiago Ziesmer und Nico Sablik freuen, die teilweise, wie etwa Nathan und Ziesmer, nur kleinere Parts übernommen haben und dabei vermutlich ebenfalls das eine oder andere Mal schmunzeln mussten. Nathans Charakter ist beispielsweise deutlich an Piccolo aus Dragon Ball Z angelehnt, dem der Sprecher gleichermaßen seine Stimme lieh. Passenderweise verstellt er seine Stimme auf dieselbe Art wie er es für die Aufnahmen des Piccolo tat, was alteingesessenen Dragon Ball Z-Fans garantiert gefallen dürfte. Ziesmer, vielen sicherlich als treudoofer Naivling SpongeBob Schwammkopf bekannt, darf diesmal zur Abwechslung einmal einer Krabbe seine Stimme leihen und etwas von seiner harten Seite offenbaren, denn so stark fluchend und Angst einflößend hat man den Sprecher bisher selten gehört. Sablik, der Captain Kirk in den aktuellen Star Trek-Filmen vertont, liefert als Cyborg Genos gewohnt tolle Arbeit ab - besonders sein Zusammenspiel mit Wien ist herrlich mit anzuhören und bietet eine ausgewogene Balance aus glaubhafter Ernsthaftigkeit, Coolness und Überraschung. Letzteres kommt gerade in den humorvollen Momenten zum Tragen und führt gerne mal zur einen oder anderen absurden Situation.

Wirklich viel zu beanstanden habe ich indes eigentlich nicht an One Punch Man. Ich könnte mich jetzt an dieser Stelle über die quasi nicht existente Geschichte oder die fehlende Charaktertiefe auslassen, die dem einen oder anderen sicherlich sauer aufstoßen könnten, doch ehrlich gesagt, hat mich diese fehlende Komplexität kaum gestört. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn hier und da etwas mehr Zeit in die Geschichte investiert worden wäre, denn ein übergeordneter Handlungsbogen ist in den ersten drei Episoden nicht zu erkennen und auch in den späteren Folgen spielt eine bis ins letzte Detail ausgeklügelte Story eine untergeordnete Rolle. Von wirklich vielschichtigen Charakteren kann bei One Punch Man ebenfalls keine Rede sein, denn obwohl die eine oder andere Figur eine tragische Hintergrundgeschichte auf den Leib geschrieben bekam, so konzentriert man sich doch lieber auf andere Aspekte wie den Humor, die deutlich besser gelungen sind. Besonders Saitamas Widersacher verschwinden meist ebenso schnell wieder wie sie erschienen sind, weshalb schlicht keine Zeit bleibt, um diese Charaktere vernünftig auszuarbeiten. Allerdings wiegen diese Schwächen, obwohl sie manchmal sicherlich störend auffallen können, nicht allzu schwer, denn auf eine tiefschürfende Komplexität ist diese Serie ohnehin nicht aus. Aus einer simplen Prämisse wird erstaunlich viel gemacht, dazukommen noch der fantastische Humor sowie eine breite Palette illustrer Charaktere, sodass man am Ende auf jeden Fall eine gute Zeit mit One Punch Man verbringen wird.

Nach etwas mehr als einer Stunde ging dieser schöne Kinoabend leider auch schon zu Ende. Allzu lange muss man jedoch glücklicherweise nicht auf den nächsten Teil der Anime-Night warten, denn bereits am 28. März geht diese mit Attack on Titan 2: End of the World in ihre nächste Runde :)

Habt ihr One Punch Man gesehen und falls ja, wie fandet ihr die Abenteuer des übermächtigen Hobby-Helden?

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