Berlinale 2009: Hans-Christian Schmid über seinen Thriller Sturm

08.02.2009 - 10:30 Uhr
Storm
Prokino
Storm
1
0
Regisseur Hans-Christian Schmid beantwortet Fragen zu seinem Polit-Thriller Sturm.

Regisseur Hans-Christian Schmid ist wieder in den Internationalen Wettbewerb der Berlinale eingeladen. Schon mit Requiem gelang ihm dies vor drei Jahren. Diesmal ist es aber kein kleiner Film, sondern eine internationale Koproduktion, mit der er den Goldenen Bären gewinnen will.

Wie sind Sie auf das Thema von Sturm gekommen?
Wir waren nach Requiem auf der Suche nach einem Stoff, den man als Thriller erzählen konnte. Zumindest als Drama mit manchen Elementen, die man Thrillern zuordnen würde. Wir mögen Filme des New Hollywood, und eine der Qualitäten der Filme aus dieser Zeit ist, dass sie sich immer mit ihrer Gegenwart auseinandergesetzt und sich bemüht haben, diese spannend ins Kino zu übertragen. Das ist ein Anspruch, den wir bei Sturm auch haben. Bei der Suche nach einem geeigneten Thema stießen wir auf einen Artikel über das Tribunal in Den Haag und eine deutsche Anklägerin, die dort arbeitet. Wir haben sie besucht, sie befragt,und konnten uns jemanden wie sie als unsere Hauptfigur vorstellen.

Wie kam die internationale Besetzung für Sturm zusammen?
Das war kompliziert und hat viel Zeit gekostet, aber es war uns wichtig, dass sich die Internationalität des Tribunals auch in der Besetzung widerspiegelt. Im Ensemble sind Schauspieler aus England, Bosnien, Kroatien, Deutschland, Dänemark, Schweden und den Niederlanden. Wir haben mit verschiedenen Castingagenturen in diesen Ländern zusammengearbeitet, aber es ist natürlich viel schwieriger, sich ein Urteil über deren Vorschläge zu bilden, wenn man den Hintergrund der Schauspieler aus den jeweiligen Ländern nicht kennt. Über bosnische, kroatische oder serbische Schauspieler zum Beispiel wusste ich kaum etwas. Oriana Kuncic, unsere Castingagentin aus Sarajevo, und ich haben uns dann gemeinsam an drei Tagen etwa sechzig Schauspieler in Zagreb, Belgrad und Sarajevo angesehen. Danach hatte ich zumindest einen ungefähren Überblick.

Vergleichsweise einfach war es diesmal, die beiden Hauptrollen zu besetzen. Sowohl bei Kerry Fox wie auch bei Anamaria Marinca hatte ich nach dem ersten Treffen das Gefühl, sie seien richtig für die Rollen. Die Zweifel, ob Anamaria, die ja aus Rumänien stammt, glaubhaft eine Bosnierin spielen könnte, hatten nicht lange Bestand. Anamaria lebt seit Jahren in London, und im Film spricht Mira größtenteils Englisch. Die bosnischen und die deutschen Texte hat sie dann mit einem Sprachcoach und einer erstaunlichen Disziplin und Begabung ziemlich schnell gelernt.

Wie arbeiten Sie mit den Schauspielern?
Ich versuche in erster Linie darauf zu achten, dass man den Figuren das, was sie tun und sagen, glaubt. Vieles davon ist im Drehbuch schon verankert, aber beim Inszenieren geht es noch mehr um Details. Man steht an einem Drehort, zum ersten Mal hört man die Sätze, die man aus den Proben kennt in der Umgebung, in der die Szene spielt, die Schauspieler sind im Kostüm, Requisiten kommen dazu. Die ganze Arbeit der letzten Monate verdichtet sich in dem Augenblick, in dem die Szene tatsächlich gedreht wird. So wach und aufmerksam wie alle Beteiligten in diesem konzentrierten Moment sind, so gut wird später auch das Ergebnis sein.

Ich sehe also zu, dass ich den Schauspielern die bestmöglichen Bedingungen für diesen Moment bieten kann und schenke ihnen meine Aufmerksamkeit.
Wir sprechen über die Szenen, die vor und nach der jeweiligen Szene liegen, vielleicht ein letztes Mal über die Haltung der Figur. Ich sorge dafür, dass sich die Technik nicht zu sehr in den Vordergrund drängt und dass die Arbeit mit den Schauspielern im Mittelpunkt des Geschehens steht.

Danach liegt es dann an den Schauspielern. Ich sehe ihnen genau zu, achte auf Unstimmigkeiten, spreche nach einem Take mit ihnen, und wir versuchen gemeinsam, die Szene zu verbessern. Ich sage nicht: spiel das doch bitte so oder so. Ich sage: Mir ist dies oder jenes aufgefallen. Und überlasse es dann den Schauspielern, das zu verändern.

Welche Herausforderungen brachte der Film in Bezug auf die Arbeit mit den Schauspielern mit sich?
Es gab diesmal viele Rollen. Bei knapp zwanzig Schauspielern ist es nicht einfach, jedem Beteiligten ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Es fehlt die Zeit, um all die Gespräche zu führen, die man eigentlich zur Vorbereitung oder zum Verständnis der Rolle führen sollte. Auch Nebenfiguren, die über den Film hinweg nur drei, vier Szenen haben, durch laufen eine Entwicklung, und die Darsteller fragen zu Recht nach der Haltung und der Motivation für das Handeln ihrer Figur.

Quelle: Mit Material von Piffl Medien

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News