Rudi Dutschke war eine charismatische Figur der 1968er Studentenbewegung. Er gab ihr ein Gesicht und galt als „der deutsche Che Guevara“. „Sozialistischer Deutsche Studentenbund“ und „Außerparlamentarische Oppositionen“ sind Begriffe, die untrennbar mit dem Namen Rudi Dutschke sind.
Nun inszenierten Stefan Krohmer und Daniel Nocke das Leben von Rudi Dutschke in Form des doku-fiktionalen Films Dutschke, im Auftrag der ZDF. Dies verwirklichen die beiden durch eine Verbindung von Interviewpassagen und inszenierten Szenen und stellen somit die entscheidenden Situationen des Werdegangs von Dutschke dar.
Dutschke fängt im Jahr 1964 an und beleuchtet die Zeit, in der Rudi Dutschke (Christoph Bach) zur zentralen Figur der 68er-Bewegung aufstieg. In den darauffolgenden Jahren 1967 und 1968 entwickelte sich Dutschke zu einem wichtigen Sprachrohr der Bewegung. Im April 1968 wurde ein Attentat auf Rudi Dutschke verübt, welches die Welt schockte und woran Dutschke letztendlich verstarb. Der Film Dutschke bildet aber auch die danach beginnende Zeit des Exils, die ersten öffentlichen Auftritte in den siebziger Jahren und den Versuch, auf die Politik der BRD wieder Einfluss zu nehmen.
In einem Interview berichtet Christoph Bach über seine Erfahrungen am Set von Dutschke und über die Person Rudi Dutschke:
Was wussten Sie vor den Dreharbeiten über Rudi Dutschke?
Christoph Bach: “Es war nicht meine erste Beschäftigung mit Dutschke und dieser Zeit, aber trotzdem war der Film eine willkommene Gelegenheit, in die Tiefe zu gehen. Vorher hatte ich die Tagebücher von Rudi Dutschke und die Biographie von Ulrich Chaussy gelesen.”
Wie gestaltete sich die Arbeit mit Stefan Krohmer?
Christoph Bach: “Es war schlicht ideal, diese Rolle unter dieser Regie und mit genau diesem Drehbuch spielen zu können. Mit Stefan Krohmer und Daniel Nocke ein Biopic zu machen, bedeutete nämlich immer auch eine Untersuchung des Genres. Das irgendwie Vermessene an so einem Film und die Frage, ob und wie man so etwas überhaupt machen kann, war immer präsent. Ich war sehr davon beeindruckt, mit welcher Neugier und Lust auf Komplexität vorgegangen wurde. Auch diese gewisse Distanz, die allzu Gefühliges verscheucht und einer Genauigkeit und einem Sinn für Humor Platz macht, begegnet einem nicht oft.”
Wie haben Sie sich dem besonderen Sprachduktus von Rudi Dutschke genähert?
Christoph Bach: “Die Auseinandersetzung mit seiner Art zu sprechen war natürlich zentral. Es ist eine sehr von wissenschaftlichem Denken geprägte Sprache. Interessant ist, wie er betont und am Satzende immer die Stimme hebt, wie als Hinweis darauf, dass der Gedanke noch nicht zu Ende geführt ist. Das gibt allem diese Dringlichkeit und ist auch ein geschicktes Mittel, sich Raum zu nehmen. Außerdem gibt es diese charakteristische Heiserkeit in seiner Stimme. Während der Dreharbeiten habe ich morgens immer ein paar Minuten in ein dickes Daunenkissen geschrien, um meine Stimme aufzurauen.”
Können Sie das Geheimnis von Dutschkes Charisma erklären?
Christoph Bach: “Sein politisches Engagement war mit einem hohen Maß an Glaubwürdigkeit verbunden. Er hat vorgelebt, was er gefordert und vertreten hat. Außerdem schien er das Gegenteil eines Dogmatikers gewesen zu sein. Ich glaube, er war offen für Korrekturen, konnte sich Fehler eingestehen und hatte Lust, immer wieder neu zu denken.”
Wären Sie damals auf der Seite der Studenten gewesen?
Christoph Bach: “Ja, vielleicht schon. Aber wo da genau, ist ja viel schwieriger zu beantworten. Manchmal habe ich auch einen Ernst an mir, der mich wohl ziemlich tief in eine Sache hineingetrieben hätte. Ein anderer Teil von mir wäre aber mindestens genauso fasziniert gewesen von den mehr spielerischen Aktionen, wie sie beispielsweise im Umfeld der Kommune 1 zu finden waren. Diese Gegensätze innerhalb der damaligen Bewegung sind ja auch am spannendsten.”
Wenn Sie den Film heute betrachten, welche Szene war am schwierigsten zu spielen? Und welche Szene berührt Sie am meisten?
Christoph Bach: "Vielleicht könnte man meinen, die großen Szenen, etwa die Reden vor Publikum, wären am aufregendsten gewesen. Aber gerade dafür gab es viel Material, anhand dessen ich den Gestus Dutschkes studieren konnte. Schwieriger war es, sich die privaten Momente vorzustellen. Insbesondere die Szenen nach dem Attentat, die zeigen, wie er wieder sprechen lernen musste. Zeitgleich war er mit seiner Familie und Freunden – auf der Suche nach einer Aufenthaltserlaubnis – in ganz Europa unterwegs. Das hat eine große Tragik, ist aber auch Zeugnis einer Riesenkraft und Disziplin.
Eine Szene, die für mich aus ganz anderen Gründen schwierig war, ist gleich am Anfang des Films: Rudi Dutschke, der Leichtathlet, springt ohne Mühe über eine hohe Mauer. Ich hatte den ganzen Drehtag schon ein flaues Gefühl im Magen. Ich wusste, ich muss am Abend da noch drüber hüpfen, und die Mauer ist absichtlich so gebaut, dass ich es ohne Tricks und Hilfen nur gerade so schaffen würde. Und tatsächlich war ich dann so aufgeregt, dass ich gefühlte hundert Mal einfach nur dagegen klatschte. Mittlerweile schaute auch die ganze Straße zu, wie ich kläglich scheiterte und plötzlich, einmal wirklich konzentriert und Maß genommen, war ich drüber!"
Quelle: ZDF Pressematerial
Das Doku-Drama Dutschke läuft morgen am 27. April 2010 auf ZDF um 20:15. Wenn euch der revolutionäre Studentenführers nicht interessiert, dann findet Alternativen in unserem Fernsehprogramm.
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