Der Fantasy-Höllenritt des Jahres ist ein Fest aus Kannibalismus und Folter, das Arnold Schwarzeneggers zweitgrößte Rolle neu verfilmt

22.05.2023 - 20:53 UhrVor 11 Monaten aktualisiert
Conann
Les Films Fauves
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Arnold Schwarzenegger träumt von einer Conan-Rückkehr, dabei dürfte die niemals so einzigartig und grenzüberschreitend aussehen wie der Fantasy-Höllenritt Conann.

Arnold Schwarzenegger kam mit Conan der Barbar 1982 ganz groß raus in Hollywood. Seit einiger Zeit liebäugelt der ehemalige Governator mit einer Rückkehr in die Rolle des muskulösen Kriegers. Weil das bei den erinnerungswürdigen Terminator-Filmen der letzten Jahre so überzeugend funktioniert hat. Dabei gibt es jetzt das bessere Film-Update von Robert Howards Schöpfung. Die Rese ist vom einzigartig ekelhaften, grenzüberschreitenden und wunderschönen Conann, der bei bei den Filmfestspielen von Cannes Premiere feierte. Der Fantasy-Höllenritt entwirft den Barbaren von Grund auf neu, nämlich als Frau, die auf die Blutspur ihrer Lebensstationen zurückblickt.

Die Barbarin wird im Fantasy-Abenteuer von sechs Frauen gespielt

Conann ist der dritte Spielfilm von Bertrand Mandico der 2017 unter Fans queerer, transgressiver Filmkunst mit The Wild Boys wie eine Bombe aus Glitter, Seemannsgarn und Penisattrappen einschlug. Darin schickte er fünf unkontrollierbare Jungs (gespielt von Frauen) auf eine Besserungsreise mit einem hypermaskulinen Kapitän. Das mit Erotik und Gewalt aufgeladene Schwarz-Weiß-Spektakel landete auf Platz 1 der besten Filme des Jahres des renommierten Filmmagazins Cahiers du cinéma.

Conann

Mandico kehrt dieses Jahr mit Conann an die Croisette zurück, im Gepäck weniger Penisattrappen, dafür eine ordentliche Ladung Kannibalismus, Folter und herausgerissene Gedärme. Seine Conann findet sich als ältere Frau am Tor zur Hölle wieder und trifft da eine Art Cerberus mit dem schönen Namen Rainer (wie Rainer Werner Fassbinder). Rainer trägt Leder, aber sein auffallendstes Merkmal ist vermutlich sein Hunde-Gesicht. Wie ein Master of Ceremonies leitet Rainer den Rückblick auf ihr Leben, ihre Lieben und ihre (ziemlich blutigen) Taten.

Von der 15-jährigen Connan, als ihre Mutter vor ihren Augen von einer Barbarin in zwei gespalten wird, bis zur 55-Jährigen führt die Reise, wobei alle zehn Jahre das Gesicht wechselt. Conann wird nämlich von insgesamt sechs Schauspielerinnen gespielt.

Aus Arnold Schwarzeneggers Barbar wird ein romantisches Idol

Mandico verarbeitet Robert Howards fantastische Männlichkeitsvision als verstörenden Reigen. Dessen Struktur gleicht eher der von Max Ophüls glamourösem Farbenrausch Lola Montez über die gleichnamige Kurtisane, denn John Milius' Conan der Barbar.

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Die muskulöse Fantasy-Ikone verwandelt sich in ein Idol dunkler Romantik, das sich in die Mörderin ihrer Eltern verliebt und in ein Leben fern von Schwert und Zauberei flüchtet. Zumindest auf Zeit. Denn Mandico will verstören, will Grenzen von Kitsch und Blut strapazieren, bis sie ineinander verschwimmen. Deshalb suhlt sich Conann (Film wie Figur) nicht nur in ausgesucht liebevoll dekorierten Höhlen-Sets, sondern in Eigenweiden, Gehirnmasse und sonstigen Zutaten zur menschlichen Beschaffenheit. Irgendwann zückt sie sogar ein Maschinengewehr.

Conann trifft ganz sicher nicht jedermanns Geschmack. Er stößt ab. Entweder wegen der ekelhaften handgemachten Effekte. Oder dank der überstilisierten, poetischen Eskapaden von Höllenhund Rainer, der alles kommentiert wie ein Philosophieprofessor bei der Fußball-WM. Wer zur kleinen Schnittmenge von Filmliebenden gehört, die beides anzieht, sollte Conann unbedingt im Auge behalten.

Die kompromisslose Originalität von The Wild Boys wirkt in Conann nicht mehr ganz so frisch, aber Betrand Mandico bleibt ein verlässlicher Organisator für Reisen in seine fremde, betörende Filmwelt.

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