Das Büro ist schon in Weihnachtsstimmung und festlich geschmückt, doch die ganz große Bescherung gibt es dann daheim bei den Familien. Die gamespilot-Redaktion feiert das Fest der Liebe und erhofft sich natürlich auch das ein oder andere Geschenk. Ob wir aber wirklich das bekommen, was wir uns für die Videospielbranche wünschen, darf bezweifelt werden. Hier seht ihr unseren ganz besonderen Wunschzettel.
Hannes wünscht sich bessere Geschichten:
Das, was mir in diesem Jahr am meisten gefehlt hat und auch jetzt nicht unter meinem besorgniserregend hübschen Weihnachtsbaum liegt, ist der erzählerische Mut, den ich mir für die Industrie gewünscht hatte. Zwar gab es auch im Jahr 2014 viele große Titel, die mit breiten, "epischen" und ausufernden Storylines aufwarteten, wirklich etwas zu sagen, hatte aber kaum ein Spiel. Bis auf Dragon Age: Inquisition, wobei auch hier vieles zwanghaft düster wirkte, gaben sich die meisten der großen Spiele schon mit der alleinigen Andeutung von Komplexität zufrieden.
Dieser narrative Abgesang wurde vor allem von Destiny angestimmt. Der RPG-Shooter mag auch viele spielerische Schwächen haben, was ihn aber für mich zur tatsächlichen Enttäuschung werden ließ, ist die Alibi-Geschichte, die uns Bungie präsentiert. Die Motivation, mit der die Spieler in ihre Hüter-Rollen verfrachtet werden, ist derart substanzlos, dass selbst zentrale Plot-Elemente und Charaktere nur austauschbare, fast schon klischeehaft symbolträchtige Namen wie "The Collapse", "The Traveler", "The Light" oder auch "The Fallen" tragen.
Die Technik von Videospielen ist schneller vorangeschritten als der erzählerische Inhalt, der das Medium narrativ befeuern soll. Auch wenn keine dahingehende Intention vorliegt, zwingen sich die Entwickler zu groß angelegten Geschichten, die selten halten, was sie versprechen. Anstatt mir zu wünschen, dass die Storys aufregender werden, würde ich mich freuen, dass der Mut aufgebracht wird, auf Geschichten zu verzichten, wenn keine erzählt werden müssen.
Rae wünscht sich den Schritt in die Zukunft:
Eines meiner Jahres-Highlights war ohne Zweifel Dragon Age: Inquisition, das mich vor allem wegen seiner großen, lebendigen Welt und fantastischen, facettenreichen Charakteren beeindruckt hat und in dem ich mich noch immer verliere. Ein Problem gibt es da allerdings: Es ist Fantasy.
Im Prinzip habe ich nichts gegen Fantasy. Allerdings hat bei mir eine leichte Übersättigung stattgefunden, die vielleicht oder vor allem mit meiner recht jungen Liebe zur Science-Fiction zu tun hat. Nachdem ich jahrelang quasi nur Fantasy-Geschichten konsumiert habe, habe ich erst vor einiger Zeit das Genre rund um futuristische Szenarien kennen und lieben gelernt und hungere nun verzweifelt nach mehr.
Eigentlich sollte man meinen, dass das kein Problem sein sollte, da es dieses Jahr schließlich einige große und kleine Science-Fiction-Spiele gab. Allerdings war sehr zu meinem Leidwesen keines dabei, das meinen ebenso großen Hunger nach Story und Charakteren mit dem Erkunden eines weitläufigen Universums befriedigen konnte. Destiny stellte sich dabei ohne Zweifel als größte Enttäuschung heraus, da ich großes Potenzial im Open World-Sci-Fi-Shooter sah – nur, um dann zu bemerken, dass es keine Charaktere, keine Story und abseits vom Gunplay keinen Spaß bot.
Was ich also gerne hätte und was auf meinem Wunschzettel ganz oben steht, ist ein Science-Fiction-Titel im Stil von Dragon Age: Inquisition: Spannende Charaktere, eine interessante Story, ein großes Universum, das ich erkunden kann und in dem es viel zu tun gibt, kombiniert mit spaßigem Gameplay und ansprechender Inszenierung. Oder kurz: Mass Effect. Gebt mir einfach das nächste Mass Effect. Bitte? Danke.
Phil wünscht sich endlich den Durchbruch von Next Gen:
2014 war für mich das Jahr, in dem ich von meinem hohen PC-Ross hinabgestiegen bin, um mir das Konsolengaming mal etwas genauer anzuschauen. Das führte zum Kauf einer Wii U sowie einer PS4, beide Systeme haben mir spaßige Titel geliefert, die ihre guten Wertungen allesamt verdient haben. Nichtsdestotrotz fühlt sich kein Spiel wirklich so an, dass es das Prädikat “Next Gen” verdient hätte. Einzig und allein die Remastered Edition von The Last of Us hat gezeigt, dass 1080p und 60 FPS bei schicker Grafik keine Kunst sind und durchaus Standard sein könnten. Stattdessen bringt Destiny die Ladezeiten aus der Hölle mit sich, Assassin's Creed Unity ist ein ruckelndes Bug-Fest und auch Grand Theft Auto V ist die PS3-Herkunft deutlich anzusehen.
Darum steht auf meinem Wunschzettel ein Titel, der die neue Ära endlich gebührend einläutet und mich wirklich mit offenem Mund vor dem Fernseher sitzen lässt. Damit meine ich nicht nur technische Aspekte, sondern auch revolutionäres Gameplay und endlich Handlungen, die über den Tellerrand hinausragen, sich etwas Neues trauen. Uncharted 4: A Thief's End wird vermutlich alle Fans glücklich stimmen, allerdings wird es im Endeffekt auch nur eine Fortsetzung eines erfolgreichen Franchises. Grafisch konnte mich das bisher Gezeigte auch nicht vom Hocker reißen, weswegen Nathan Drake meinen Wunsch wohl nicht erfüllen wird.
Dom wünscht sich, dass Videospiele erwachsen werden:
Liebe Spieleindustrie, wir haben es ja endlich begriffen: Eure Technik ist mittlerweile überragend, ihr könnt Nathan Drake fast fotorealistisch durch die Ruinen dieser Welt klettern und sogar Äderchen in den Augen hyperrealistisch anschwellen lassen. Ihr habt uns ein historisch korrektes Paris der Revolution nachgebaut und lasst uns nun in Spitzenautos auch quer durch Amerika fahren — ohne Ladezeiten, natürlich.
Damit solltet ihr euren Punkt klargemacht haben, der euch seit Erfindung des Mediums um den Schlaf treibt. Vorbei sind die Zeiten, in denen unser Hobby belächelt wurde und ihr mit beeindruckender Optik und grafischer Leistung Zweifler und Nörgler beeindrucken wolltet. Videospiele sind bereit für den nächsten Schritt: Nachdem die Technik einen neuen Höhepunkt erreicht hat, wird es nun Zeit, neue Themen zu entdecken und zu bearbeiten.
Daher wünsche ich mir zu Weihnachten ein Spiel, das etwas neues macht, eine ungeöffnete Tür auftritt und laut ruft: “Hier bin ich, spielt mich!” Beispielsweise würde ich mir ein Spiel wünschen, das sich mit psychischen Krankheiten auseinandersetzt und Gameplay-Elemente nutzt, um ihre Auswirkungen deutlich und nachvollziehbar zu machen. Wie würde ein Spiel aussehen, in dem ich mich als Blinder, nur mit Hilfe der Umgebungsgeräusche, zurechtfinden muss? Oder als Protagonist zu spielen, der an Demenz leidet und mit dieser Beeinträchtigung seinen Alltag bestreiten muss? Oder, oder, oder… Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Ich wünsche mir, dass unter meinem Weihnachtsbaum ein Spiel liegt, dass diese Entwicklung begründet und mir nicht mehr nur die Wahl gibt, entweder Aliens auf dem Mars abzuknallen oder im antiken Rom tausende Soldaten in die Schlacht zu führen.
Was sind eure ganz besonderen Wünsche?