Der Pass - Der bildgewaltige Alpen-Thriller ist zum Scheitern verurteilt

25.01.2019 - 18:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Seit 25.01.2019 zeigt Sky seine nächste deutschsprachige Eigenproduktion Der Pass, die auf der skandinavischen Thrillerserie Die Brücke basiert. Als Adaption scheitert Der Pass jedoch kläglich.

True Detective als skandinavischer Thriller in verschneiter Alpenlandschaft: So in etwa müssen die Macher der neuen Sky-Serie Der Pass ihr Projekt vorgestellt haben, hinter dem sich die Produktionsfirma von 4 Blocks und Dark versteckt. Zusätzlich basiert die Thrillerserie auch noch auf dem Erfolgsformat Die Brücke, welches mit Der Pass nun schon die 5. (!) Neuinterpretation hervorbringt. Und genau das wird Der Pass schnell zum Verhängnis.

Fesselnder Start: Der Pass beginnt als atmosphärischer Thriller

Würde ich nur die Pilotfolge der 8-teiligen 1. Staffel von Der Pass bewerten, wäre mein Eindruck sicher positiver ausgefallen. Denn die Auftaktepisode zieht uns sofort in ihren Bann, wenn schon die Eröffnungsszene erste Referenzen auf Sieben aufleben lässt. Alles beginnt mit dem Fund einer Leiche auf einem Grenzstein zwischen Österreich und Deutschland. Die Szenerie ist perfekt für einen Thriller mit skandinavischem Flair. Kinotaugliche Bilder der endlosen Einsamkeit der verschneiten Alpen gepaart mit der von Hans Zimmer produzierten Musik geben den melancholischen Ton vor.

Ist das Der Pass oder Sieben?

Hier finden der lustlose Zyniker Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) und die übermotiviert aus Deutschland eintrudelnde Ellie Stocker (Julia Jentsch) für den an ein heidnisches Ritual erinnernden Mord zusammen. Schnell wird klar, dass dies erst der Beginn einer grausamen Mordserie vor dem Hintergrund lokaler Folklore und Mythologie ist. Die befremdliche Grundstimmung fängt Der Pass durch Schnitt und Musik treffend ein und erinnert dabei mehr an die enigmatische Inszenierung von True Detective als an das skandinavische Vorbild Die Brücke - Transit in den Tod.

Der Pass wirft seine spannende Mythologie zu schnell über Bord

Auf der Suche nach dem mysteriösen Killer häufen sich die Leichenberge, deren inszenierte Tode eine an das Horrorgenre angelehnte Mythologie voller unheimlicher Rätsel eröffnen. Hier ist es nicht der Gelbe König aus Carcosa, sondern die Sagengestalt Krampus, die mit den Morden den Beginn der roten Jahreszeit, der Endzeit einläuten will. Gleichzeitig sollen die Bestrafung von Schleppern, Influencern, korrupten Menschen und Politikern den Zerfall der Gesellschaft ins Licht der Öffentlichkeit rücken.

Der Pass: Wer ist der Krampuskiller?

Die düstere Mythologie von Sagengestalten und Waldsekten lassen Der Pass zu einen faszinierenden Mysterythriller werden. Doch noch vor Halbzeit der 1. Staffel geht der Dramaturgie komplett die Luft aus, wenn alle Geheimnisse und Spannung über Bord geworfen werden und die Serie die eigenen Stärken zu vergessen scheint, die sie von der Originalserie abheben.

Der Pass hält dem Vergleich mit Die Brücke nicht stand

Obwohl sich Der Pass zu Beginn von seiner Vorlage loszusagen versucht, wird nach nur wenigen Folgen klar, dass es sich doch nur um eine Adaption handelt, die die Highlights des Originals ignoriert. Es beginnt schon bei den Figuren. Während Die Brücke mit der autistischen Ermittlerin Sorga Noren eine der komplexesten Krimiheldinnen kreierte, ist ihr deutsches Gegenstück blass und schablonenhaft. Auch wenn Der Pass später versucht Ellies Fassade durch persönliche Fehltritte und Überforderung zum Einsturz zu bringen, bleibt sie funktionell und für uns unnahbar.

Der Pass: Ellie Stocker hat nur eine Jacke im Schrank

Mit der Darstellung seines Killers begeht Der Pass jedoch den größten Fehler. Während jeder Mord im Original spektakulär inszeniert wurde und thematisch Missstände in der Gesellschaft ansprach, werden die Hintergründe der Morde hier nicht groß und ohne Folgen thematisiert. Besonders aus der Thematik der Migration von Flüchtlingen (auch ein wichtiges Thema im Original) hätte man in Bezug auf das deutsch-österreichische Grenzland viel mehr herausholen können. Allgemein mangelt es dem Killer schon ab dem 2. Mord an Kreativität, wenn das nächste Opfer in gleicher Weise aufgebahrt wird, wie das erste.

Ist Der Pass denn sonst ein guter Krimi?

Wer hier ein spannendes Murder-Mystery erwartet, wird schnell enttäuscht. Nach 3 Folgen begeht Der Pass nämlich den verheerendsten Krimi-Fauxpas und verrät uns bereits die Identität des Mörders, der ab hier zur Hauptfigur wird und in bester Dexter-Manier versucht, seine Spuren zu verwischen. Während Die Brücke die Identität des Strippenziehers bis zum Finale der 1. Staffel geheim hielt, bleibt dieser Spannungsaufbau hier völlig auf der Strecke.

Wiener Kotzbrocken Gedeon Winter ist der beste Teil von Der Pass

Der Pass kann diese Lücke jedoch mit einen interessanten Blick auf die fortwährend scheiternde Mordermittlung und die Korrelation von Polizei, Presse und Täter füllen. Auch wenn die deutsche Kommissarin Stocker eher uninteressant ist, zieht ihr korrupter Wiener Kollege Winter alle Sympathien durch seinen trockenen Humor und seinen charmanten Dialekt auf seine Seite. Das tröstet allerdings wenig über das verschenkte Potenzial der Killer-Ideologie hinweg.

Die 1. Staffel von Der Pass steht in Deutschland seit 25.01.2019 bei Sky zum Abruf bereit. Als Grundlage für diesen Serien-Check dienten alle 8 Folgen der 1. Staffel.

Der Pass: Dunkle Geheimnisse und lähmende Kälte

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