Dschungelcamp 2019 - Männer, die auf Männer starren

25.01.2019 - 17:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Dschungelcamp 2019
RTL / TVNOW
Dschungelcamp 2019
13
12
Hände hoch, wer sich vom aussichtsreich gestarteten Dschungelcamp 2019 am Ende mehr erhofft hatte! In der zweiten Woche sorgten Kandidaten und Konflikte für Enttäuschungen, aus denen eine konturenlose Dschungelkönigin hervorgehen wird.

Es ließ sich erahnen, dass die schnell aufgedrehte 13. Staffel von Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! in der zweiten Woche mehrere Gänge zurückschalten würde. Das Dschungelcamp 2019 ist früh zu einem der besten Jahrgänge erklärt worden, entgegen der normalerweise gleichsam entspannt wie konzentriert mögliche Höhepunkte abwartenden Formatslogik. Es hat auch oder vor allem deshalb zügig einen Großteil seines Pulvers verschossen, weil die anorganischen Konflikte zur vorzeitigen Entladung und eben Verpuffung führten. Der spürbar auserzählte Bachelor-Disput galt durch den überraschenden Auszug von Domenico de Cicco schon zur Halbzeit als offiziell beendet – und zwischen den Streithähnen Chris Töpperwien und Bastian Yotta kam es zu einer halbherzigen, enttäuschend öden Aussprache.

Eine komplette Entzauberung

Dabei setzten der sogenannte Currywurstmann und sein missgünstiger Pseudoguru zunächst sehr vergnüglich jenen von verschämter gegenseitiger Faszination bestimmten Zwist fort, für den sie offenbar überhaupt nur gemeinsam angefragt wurden. Ausnahmsweise traten im Dschungelcamp zwei gleichwertige, sich auf Augenhöhe begegnende Männer zu einem Duell an, dessen besonderer Reiz in der Unentschiedenheit lag, wem eigentlich die Niederlage mehr zu gönnen sei. Aus Produzentensicht wiederum ergab sich daraus ein Problem, das abermals auf den Importcharakter der zuvor stets indirekt (via Instagram) geführten Auseinandersetzung verwies. Die "hinterfotzige Drecksau" (Yotta über Chris) und der "Spacko-Lacko" (Chris über Yotta) sprachen im Dschungelcamp meist über- statt miteinander.

Chris Töpperwien im Bett mit Bastians Hemd

Weil das irgendwann auch RTL auffiel, erzwangen die Verantwortlichen eine Konfrontation mittels nächtlicher Schatzsuche, die Chris Töpperwien nicht grundlos als "Psychoterror" und Senderkomplott beschrieb. Solche Eingriffe muss kritisch sehen, wer die Show ihrer Unberechenbarkeit wegen schätzt: Eine große, aus innerer Kraft schöpfende Staffel hat keine Verrat am eigenen Konzept betreibende Nachhilfe nötig, zumal die Intervention kaum mehr als den Beweis erbrachte, dass nicht allein im übertragenen Sinne, sondern wirklich vorprogrammierte Konflikte zu den schlechteren Strategien der Dschungelgeschichte zählen. Mag der Plan auch aufgegangen sein, da tatsächlich zur Sprache kam, was bis dato über Umwege verhandelt wurde, führte die Klärung und Versöhnung unter Vorbehalt gleichzeitig zur kompletten Entzauberung.

Ich bin nicht schwul!

So entpuppte sich der vom Currywurstmann dank zahlreicher Andeutungen in Richtung höherer Wahrheiten mit beinahe mystischen Qualitäten ausgestattete Konflikt als popeliges Ringen um Markigkeit, in dessen Mittelpunkt lediglich die panische Angst stand, für schwul gehalten zu werden. Chris Töpperwien, der nichts zu tun haben wolle mit Menschen, die "einen hintenrum in den Arsch ficken", hält vermutete Homosexualität für die augenscheinlich größtmögliche Beleidigung auf Erden. Nicht ganz nebensächlich wäre unter diesen Voraussetzungen vielleicht der Hinweis, dass einerseits Schwulsein als etwas angeblich Ehrabschneidendes zu den meistverbreiteten homophoben Ressentiments gehört - und das ständige Gewinsel über "meine Mutter" andererseits wenig geeignet ist, bestimmten Gerüchten das Wasser abzugraben.

Verflogen war über diese Auflösung insbesondere der Witz. Als Bastian Yotta auch noch Evelyn Burdecki zurechtwies, weil die Dschungelkönigin in spe dessen hochexistenzielles Zwiegespräch mit Chris Töpperwien durch eine Bemerkung unterbrach, schien der Ofen kurzzeitig komplett aus. Seit Thorsten Legat in Staffel 10 beschloss, aus Menderes Bagci einen richtigen Mann zu machen, gab es im Dschungelcamp nicht mehr derart viel ätzende Virilität zu beklagen. Überdies durfte sich Evelyn Burdecki selbst vom Yotta-Kontrahenten noch eine Portion Erniedrigung abholen (sie musste vor versammelter Mannschaft die Campregeln vorlesen und mehrfach wiederholen). Im ausgelebten Wunsch, eine Frau mal richtig schön klein zu machen, finden auch ärgste Feinde zusammen. Und selbst der dauerfreundliche Peter Orloff hatte keine Einwände.

Apropos Thorsten Legat. Es bleibt einigermaßen unerklärlich, warum die IBES-Macher es für eine gute Idee hielten, von bisher knapp 150 ehemaligen Dschungelcamp-Kandidaten ausgerechnet ihm die Möglichkeit eines Comebacks als gelegentlicher Sidekick und Motivationstrainer innerhalb der Hauptshow sowie des Gesprächsablegers zu geben. Offenbar haben manche schon vergessen (oder gar nicht erst registriert), dass Thorsten Legat einige der frauenfeindlichsten Aussagen in der Geschichte des Formats tätigte ("Nach zwei Jahren hätte ich die Alte schon weggeknallt."). Umso mehr hinterlässt die auf vordergründige und unglaubwürdige Selbstironie setzende Verniedlichung des damaligen Platzhirsches einen äußerst üblen Beigeschmack im sowieso allzu testosteronhaltigen Dschungelcamp 2019.

Evelyn Burdecki, sehr wahrscheinlich Dschungelkönigin 2019

Die Sache mit dem Publikum

Sollte Thorsten Legat wirklich als Publikumsliebling gelten, eine Art Dschungel-Evergreen obendrein, würde uns das noch mal zur tristesten und beharrlichsten aller leidvollen Showrealitäten führen - den anrufenden Zuschauern. Nichts ist im Dschungelcamp so zuverlässig wie das von diffusen Sympathiebegriffen statt gestalterischem Willen abhängige Voting-Verhalten, und nur am fehlenden Sinn für Dramaturgie kann es liegen, dass eine Gisele Oppermann weniger Anrufe als Leistungsverweigerer wie Leila Lowfire oder Sandra Kiriasis erhielt. Damit verließ eine für ihre Teamunfähigkeit kritisierte Kandidatin das Format, die nach abgebrochener Dschungelprüfung in weiser Voraussicht analysierte: "Mir geht es nicht um die Gruppe, die wird sich eh spalten, vielleicht jetzt ein bisschen früher".

Auftritt Evelyn Burdecki, von der - und das ist schon auch einigermaßen bezeichnend für diese 13. Staffel - sich kaum etwas sagen lässt. Außer ein paar nahe liegenden Witzchen über ihren ausbaufähigen Bildungsstand und die gelegentlich charmante, hochgradig publikumswirksame Verpeiltheit gibt es bei ihr nichts, das nennenswerte Reibungspunkte positiver oder negativer Art verursacht. Es wäre natürlich keineswegs das erste Mal, dass jemand im Dschungelcamp mit sehr wenig ziemlich weit käme, von den Schwächen anderer Kandidaten profitieren oder schlichte Beschützerinstinkte vor dem Bildschirm wecken würde. Evelyn Burdecki gäbe eine ebenso nachvollziehbare wie unspannende Dschungelkönigin ab. Wahrscheinlich wird es genau deshalb auch so kommen.

Hier geht es zum Dschungelarchiv mit allen Thementexten.

Wer ist euer Favorit im Dschungelcamp 2019?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News