So beliebt der Tatort aus Münster sein mag, in letzter Zeit verharrt das Ermittler-Duo in seinen typischen Exzentrizitäten. Zwei Mal im Jahr gibt es unspannende Fälle zu bestaunen, die ständig durch Skurrilitäten in den Schatten gestellt werden. Tatort: Hinkebein bildet da keine Ausnahme. Der Fall um den Tod einer Ex-Geliebten von Boerne (Jan Josef Liefers) begnügte sich selbstzufrieden mit dem business as usual. Heraus kam eine nette Krimikomödie zum Wegschauen. Ohne den beherzt natürlich wirkenden Axel Prahl wäre auch dieser Münsteraner Tatort zur sterilen Nummernrevue verkommen.
Lokalkolorit: Egal wie brutal die Verbrechen sind, egal wie tragisch die Familienschicksale, das beschauliche Münster bleibt im Tatort immer dasselbe geschniegelte Örtchen. Damit gleicht es dem Pathologen Professor Boerne, der in Tatort – Hinkebein ohne mit der Wimper zu zucken in den Gedärmen seiner Ex-Geliebten herumwühlt. Der Tod scheint in Münster immer nur so viel wert zu sein wie das nächste lustige Wortgefecht. Das ist unterhaltsam, keine Frage, aber ein bisschen mehr hätte ich über Katja Brauns Abstieg von der Kommissarin zur 400 Euro-Putze trotzdem gern erfahren.
Plot: Boerne und die Frauen… Diesmal bekommt der eitle Prof Besuch von Katja, mit der er mal etwas hatte, wie später ein erstaunlich lockeres Urlaubsfoto beweist. Katja braucht Geld, Boerne gibt es ihr, am nächsten Tag liegt sie fast nackt und überaus tot im Busch. Hat sie etwa ihr Ex-Mann tiefgekühlt dort abgelegt oder ist die Alkoholikerin im Streit mit ihrer Tochter gestorben? Und was hat der um seine Unschuld bemühte, düstere Geselle mit dem Spitznamen Hinkebein damit zu tun? Nicht viel, wie sich am Ende herausstellt, denn in den letzten Minuten zieht der Tatort nochmal die fragwürdige Trumpfkarte eines völlig abwegigen Täters und einer noch abwegigeren Überführung. Der Pressesprecher der Polizei war’s. Na wenigstens ist dann auch klar, dass die russischen Gäste (Dawai! Dawai!) nicht nur zum Zwecke des Comic Reliefs eingebaut wurden.
Unterhaltung: An Entertainment mangelt es Tatort: Hinkebein nicht. Die Wortgefechte zwischen Boerne und Thiel machen Spaß wie eh und je, ebenso die Nebensächlichkeiten wie Boernes “japanischer Abend” oder die Szene, in der Thiel in Unterhosen mit St. Pauli-Shirt und Hockey-Schläger dem Hinkebein hinterher jagt. Das hat alles den bekannten, überzeichneten Charme, doch in jeder Minute wirkt der Krimi derart auf Klamauk gebürstet, dass der WDR auch gleich eine Vorabend-Sitcom mit den beiden produzieren könnte. Der einzig gravierende Unterschied wäre wohl die Anzahl der Obduktionen.
Tiefgang: Ja, worum ging es eigentlich? Irgendwo im Hintergrund waren Anzeichen einer tragischen Familiengeschichte zu erahnen, von einer Mutter, die es mit dem Gesetz nicht so ernst nahm und der Treue ebenso, von einer Polizistin, die als trinkende Putzfrau endet. All das scheint den Machern aber weniger wichtig zu sein als das Geplänkel zwischen Alberich und Boerne, Boerne und Thiel, Boerne und so gut wie jedermann. Und überhaupt: Die Szene, in der Boerne den Leichnam von Katja Braun ausnimmt, ist eine der geschmacklosesten, undurchdachtesten, die ich in den letzten Jahren im deutschen Fernsehen gesehen habe. Danke dafür.
Mord des Sonntags: Da liegt sie, sprichwörtlich am Wegesrand, in einer Hecke.
Zitat des Sonntags: “Heute wollen sie mich wohl mit aller Gewalt zum Kotzen bringen, was?”
Meiner Meinung nach schreit der Münsteraner Tatort nach einer Frischzellenkur, aber wie hat euch Tatort: Hinkebein gefallen?