Ein Schlag ins Gesicht mit Grimme-Potenzial

03.11.2010 - 10:00 Uhr
Nina Kunzendorf in In aller Stille
BR/Erika Hauri
Nina Kunzendorf in In aller Stille
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Mit dem Fernsehspiel In aller Stille strahlt die ARD heute um 20:15 Uhr eine komplexe Erzählung um die alltägliche Gewalt an Kindern aus. Die Presse urteilt: “Das Beste, was der deutsche Fernsehfilm der letzten Jahre hervorgebracht hat”.

Anja Amberger lebt in einem kleinen, verschlafenen Dorf in Bayern und bemüht sich als alleinerziehende Mutter und Polizistin um ein Leben in geregelten Bahnen. Die Pubertät von Tochter Laura macht das alles nicht einfacher. Auch der dreijährige Sohn Tom will Anja nicht richtig ans Herz wachsen. Die Familiensituation ist angespannt. Als die Polizistin eines Nachts zu einem Fall von Kindesmisshandlung gerufen wird, trifft sie eine falsche Entscheidung. Sie versäumt es, weitere Maßnahmen einzuleiten, die den Jungen Max Anik hätten schützen können. Dieser verschwindet einige Tage nach dem Vorfall plötzlich laut- und spurlos.

Der Fernsehfilm In aller Stille läuft heute Abend um 20:15 Uhr in der ARD. Der Film von Rainer Kaufmann (Die Apothekerin), der mit Drehbuchautorin Ariela Bogenberger schon für Marias letzte Reise erfolgreich gearbeitet hat, ist für den “Prix Europa” und die Rose d’Or nominiert. Am 13. November wird er im Wettbewerb um den 3sat-Zuschauerpreis antreten. Im Tagesspiegel heißt es, bei In aller Stille handele es sich um eine zutiefst beeindruckende Seelenstudie, die dazu in der Lage sei, an das etablierte Niveau [aus Marias letzte Reise] anzuknüpfen. Das Schauspiel von Nina Kunzendorf, der großen Tragödin des Fernsehens, die die Amberger spielt, wird nicht nur von der Frankfurter Rundschau hoch gelobt.

In aller Stille will mehr sein als ein reiner Krimi. Mit der Rolle von Anja, der gestressten Alleinerziehenden verknüpft das Drama den Ausnahmezustand mit dem Alltäglichen. Quengelnde Kinder und überforderte Eltern bilden das Material, das die Geschichte sozialkritisch unterfüttert. Die Berliner Zeitung hebt die verstörende Atmosphäre hervor, die dem Film zwar die Aussicht auf einen Grimme-Preis, nicht aber auf Quote verschaffen könne.

Naturgemäß fürchtete auch Autorin Bogenberger das Wegzappen der Zuschauer. In der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärt sie, warum: Ich habe gemerkt, dass ich weggeschaltet oder nicht weitergelesen habe, wenn es um das Thema Gewalt gegen Kinder ging. Es hat zu weh getan, man wollte sich das nicht antun, man ist hilflos. Deshalb habe sie der Täterfamilie Anik ein normales Pendant in Form der gestressten Kommissarin Amberger an die Seite gestellt, der nur ab und zu einmal die Hand ausrutscht.

Ob sich Zuschauer durch so etwas aber nicht eher am eigenen Kragen gepackt und auf den Schlips getreten fühlt, werden die Quoten heute Abend zeigen. Die Quotenexperten von Quotenmeter.de prognostizieren, der Film werde für jede alleinerziehende Mutter Deutschlands ein Schlag ins Gesicht sein. Wer sich diesem Schlag bereit ist auszusetzen oder schuld- weil kinderlos ist, darf sich an diesem Mittwochabend bei In aller Stille einem großartigen Schauspiel aussetzen, das es in Deutschland eben doch gibt.

Falls euch doch anderes interessiert, dann schaut doch in unser Fernsehprogramm.

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