Guerrilla - Pilot-Check zur politischen Miniserie mit Freida Pinto

18.04.2017 - 09:15 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Guerrilla im Pilot-CheckShowtime/Sky Atlantic
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Die amerikanisch-britische Miniserie Guerrilla ist im London der 1970er Jahre angesiedelt und erzählt von einem Paar, das sich zunehmend radikalisiert. Im Pilot-Check haben wir unseren ersten Eindruck des politischen Dramas zusammengefasst.

Guerrilla, die amerikanisch-britische Koproduktion von Showtime und Sky Atlantic, fackelt nicht lange, bis klar ist, um was sich der Kern der Geschichte dreht. Angesiedelt im London der 1970er Jahre, erzählt die Pilot-Episode von einer geteilten Nation. Wenngleich die bürgerliche Elite spießige Vorurteile zu überwinden versucht, herrscht eine große Kluft zischen den verschiedenen Menschen auf der Straße - insbesondere im Hinblick auf Geschlecht und Hautfarbe. Was in den Zeitungen anfangs noch mit routinierten Schlagzeilen abgehandelt wird, kann ab einem gewissen Punkt nicht länger unterdrückt werden: Der schwarze Teil der Bevölkerung kocht vor Wut und will nicht länger in einer Welt leben, in der er selbst nicht weiß, ob er ein willkommener Bürger oder bloß ein geduldeter Gast ist. Es ist eine gewaltige Identitätskrise, die das Land erschüttert.

John Ridley, der zuletzt vor allem als kreativer Kopf hinter der ABC-Serie American Crime für Aufsehen sorgte, hat sich für sein jüngstes Projekt, das er gemeinsam mit Dido Elizabeth Belle-Autorin Misan Sagay umgesetzt hat, kein einfaches Thema ausgesucht. Ganz im Gegenteil: Obschon die konkrete Handlung von Guerilla einige Jahrzehnte vom aktuellen Weltgeschehen entfernt ist, ist sie aktueller denn je. Ausgrenzung und Unterdrückung sind in einer Zeit, in der ein US-Präsidenten eine Mauer zur Abschottung vor anderen Menschen errichten will, so aktuell wie anno dazumal. Guerrilla beschäftigt sich dabei mit dem Aspekt der Geschichte, bei dem die Ausgegrenzten und Unterdrückten nicht länger dem Diktat der Mächtigen gehorchen wollen, sondern zur Waffe greifen. Radikalisierung ist das große Thema dieser Miniserie, die insgesamt fünf Episoden umfasst.

Alles beginnt mit dem Paar Marcus (Babou Ceesay) und Jas (Freida Pinto), das eigentlich ein glückliches Leben führt. Beide sind in die Gesellschaft integriert und genießen die Vorzüge des Lebens in der britischen Metropole - so zumindest der erste Eindruck. Es soll nicht lange dauern, bis sie des Nachts beim Heimgehen mit einem befreundeten Paar von einer Polizistengruppe blöd angemacht werden. Es gibt keinen vernünftigen Grund für die Kontrolle und dennoch ist klar, dass Marcus und Jas keine andere Option haben, als Gehorsam zu leisten, wenn sie die nächsten 24 Stunden nicht im Gefängnis verbringen wollen. Wer aufsteht und Widerstand leistet, ist ein Krimineller - eine Feststellung, die nicht lange auf sich warten lässt. Die Männer mit den Waffen haben das Sagen. Doch was passiert, wenn sie nicht mehr die einzigen sind, die sich eines solch mächtigen Instruments bedienen?

Freida Pinto in Guerrilla

Was Marcus und Jas in dieser Nacht so klar wird, wie nie zuvor, ist ihre Ohnmacht. Obwohl sie eben noch ein ganz normales Leben führten, finden sie sich nun in der eingangs beschrieben Identitätskrise wieder und wissen nicht, ob sie willkommen oder bloß geduldet sind. Das grundlegende Problem des öffentlichen Rassismus ist dem Paar zwar nicht unbekannt. Bisher haben sie jedoch nie wirklich aktiv dagegen angekämpft. Vielmehr war es ein Nicken, ein Zustimmen - alles aber nur in Gesten und Worten gefangen. Die Tat, die zur Veränderung so dringend nötig wäre, ist bisher aber ausgeblieben. Ausschlaggebend dafür ist die Unsicherheit vor den möglichen Konsequenzen einer Handlung, die den Status quo in Frage stellt. Guerrilla fängt den Zwiespalt, in dem sich die Protagonisten der Serie befinden, gekonnt ein - spätestens dann, wenn die Beziehung von Marcus und Jas mit der angespannten politischen Situation kollidiert.

Der Verlust eines Freundes, der im Rahmen einer Demonstration von der Polizei getötet wird, fungiert schlussendlich als Auslöser für die - teilweise unterbewusste - Entscheidung, den nächsten Schritt Richtung Radikalisierung zu gehen. John Ridley verfolgt diese Entwicklung mit präzisen Einblicken in das Leben von Marcus und Jas. Dabei mag Guerrilla zwar einer konventionelle Erzählweise folgen. Wichtiger ist in diesem Fall allerdings, dass ein umfangreicher Einblick in das Leben der Figuren gewährt wird, damit wir im Anschluss ihre Beweggründe verstehen und diese nachvollziehen können. Diverse Stationen gilt es zu erreichen, ehe der erste Schuss fällt und sich alles in einem Augenblick schockierender Stille verändert, als Marcus und Jas den radikalen Dhari (Nathaniel Martello-White) zuerst aus dem Gefängnis und dann aus einem Krankenhaus befreien. Die erste richtige Tat ist vollbracht - doch zu welchem Preis?

Auf diese Frage besitzt Guerrilla nach den 60 Minuten des Auftakts noch keine Antwort. Stattdessen blicken sich Marcus und Jas, die urplötzlich in etwas hineingeraten sind, das sie kaum kontrollieren können, in die Augen und bestätigen den Adrenalinrausch: "We're so fucking cool!" Vorerst überwiegt also die Motivation und der Glaube, das Richtige getan zu haben. Für uns Zuschauer hat Guerrilla am Ende der Pilot-Episode jedoch längst eine größere, komplexere Welt etabliert, die mehrfach bewiesen hat, dass nichts so einfach ist, wie es für Marcus und Jas gerade scheint. Es gibt nicht nur zwei Seiten der Medaille, sondern unzählige Schichten dazwischen. Wir dürfen gespannt sein, welche dieser Schichten Guerrilla im Verlauf der kommenden Episoden adressieren wird, um aus dem ambitionierten Einstieg ein starkes Period Piece zu formen, das in seiner Thematik nach wie vor aktuell ist.

Die Miniserie Guerrilla feierte am 16.04.2017 auf Showtime in den USA und Sky Altantic in Großbritannien ihre Premiere. Wann die 1. Staffel zu uns nach Deutschland kommt, ist bisher unklar. Neben Babou Ceesay, Freida Pinto und Nathaniel Martello-White sind u.a. Idris Elba, Rory Kinnear und Denise Gough in weiteren Rollen zu sehen.

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