Polizeiruf - Nachrichten aus dem Vorruhestand

20.05.2012 - 22:15 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Schmücke und Co. im neuen Polizeiruf aus Halle
MDR
Schmücke und Co. im neuen Polizeiruf aus Halle
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Schmücke, Schneider und Lindner quälen sich diesmal im Schneckentempo durch einen halb durchdachten und gänzlich fehlgeleiteten Polizeiruf, dessen Titel Bullenklatschen mehr Adrenalin beinhaltet, als die knapp 90 Minuten Laufzeit.

Wer denkt, dass Schmücke (Jaecki Schwarz) in seinem vorletzten Fall Polizeiruf 110: Bullenklatschen nochmal ein paar Lebenszeichen an den Tag legt, hat sich geschnitten. Der Zombie unter den Sonntagskrimis schlurft wacker auf sein sang- und klangloses Ende zu. Im neuen Polizeiruf aus Halle müssen sich die Vorruheständler mit chaotischen Punks, liebestollen Polizisten und vielen dummen Fragen auseinandersetzen. Für einige davon sind sie selbst verantwortlich.

Lokalkolorit: Durch die diesigen Straßen der Saalemetropole Halle fahren Schmücke und Schneider in Polizeiruf 110: Bullenklatschen, doch ansonsten bleibt die Skizzierung der sachsen-anhaltinischen Großstadt so nichtssagend wie eh und je. Dialekt bleibt ein Fremdwort und so müssen sich alle Zuschauer, die noch nicht im Wachkoma versunken sind, mit ein paar Lehrbuch-Punks begnügen, die etwas gegen Lehrbuch-Architekten und Lehrbuch-Snobs haben. Spannend.

Plot: Eine Party soll Hausbesetzer und die Agenten der Gentrifizierung versöhnen. Doch aus einer Beschwerde über Ruhestörung wird schnell eine Massenschlägerei. Mittendrin in der eskalierenden Situation stecken zwei Streifenpolizisten. Am Ende ist einer von beiden tot, die andere schon bald eine Hauptverdächtige. Doch so einfach kann die Lösung nicht sein, also werden aus dem weit hergeholten Handbuch weit hergeholter Plotwendungen ein Noch-Knacki samt zukünftiger Frau eingebracht, die eine Rechnung mit den beiden Cops offen haben. Und natürlich Punks, viele böse Punks mit komischen Frisuren. Die Jugend von heute…

Unterhaltung: Wer kein Rezept für Valium bekommen oder sich Insomnia – Schlaflos
allzu sehr zu Herzen genommen hat, ist mit Polizeiruf 110: Bullenklatschen erstklassig beraten. Regte der letzte Auftritt der Hallenser Ermittler noch durch seine wilden Fahrradfahrten rund um Quedlinburg auf, macht es sich dieser Sonntagskrimi in der gewohnten Trägheit gemütlich, die wir mittlerweile mit dem einzigen Polizeiruf des MDR assoziieren. Ein herausragender Krimi für all jene, denen Edgar Wallace-Filme zu gruslig sind.

Tiefgang: “Warum muss sich alles wiederholen?” fragt eine Figur im neuen Polizeiruf einmal hochphilosophisch. Ja, warum eigentlich? Warum sehen wir seit Jahren den immer selben Fall, durch den sich der ansonsten grundsympathische Schmücke quält? Warum immer die langweiligen Liebesdreiecke, das dusselige, aber nichtsdestotrotz ständig wiederholte Fragen und Sagen der offensichtlichsten Sachverhalte? Warum prüft im Hallenser Revier niemand die Seriennummer einer Polizistenwaffe, wenn schon die Technik genutzt wird, um Geschosse ihrer Quelle zuzuordnen? Warum schwenkt die Kamera immer wieder auf Vögel am Himmel, wenn ein Szenenübergang ansteht? Warum ist alles so unsagbar langweilig im Land der Frühaufsteher? Hat das Sachen-Anhalt wirklich verdient? Und Halle? Und Stefan Jürgens, der hier nach einer halben Stunde Bye Bye sagt?

Mord des Sonntags: Zwar glänzte der Polizeiruf mit zwei Leichen, aber das Opfer des Mordes des Sonntags ist eindeutig die verschwendete Lebenszeit seiner Zuschauer.

Zitat des Sonntags: “Wie konnten wir das nur übersehen?”

Der neue Polizeiruf war, wie soll ich es sagen, nicht so meins. Aber hat er euch zugesagt?

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