Daniel Küblböck hat sich von einer Millionärin adoptieren lassen! Das ist natürlich nicht der Aufreger der Woche, denn diese Nachricht geht uns allen wohl weit, weit am Hintern vorbei. Ein wichtigeres Thema, das überraschenderweise gar nicht so sehr beachtet wurde, ist heute dran.
Der Aufreger der Woche dreht sich um die Zensur der Simpsons bei Channel 4.
Rausgeschnitten
Das Wort „gay“ ist in der Alltagssprache fest verankert, im Englischen sowieso, im Deutschen mehr und mehr auch. Wie für viele Begriffe gilt auch hier: Der Kontext der Verwendung macht die Musik. Da „gay“ sowohl für „fröhlich, vergnügt“ als auch „lebenslustig, liederlich, promisk“ steht, ist es von entscheidender Bedeutung, wer es wie gebraucht. Beschreibend, wertneutral oder abwertend, beleidigend – beides kann intendiert sein. Eher unverdächtig, diesen Begriff im inakzeptablen Sinne zu verwenden, sind Die Simpsons. Entweder wird diese Vokabel im ironisierenden Kontext gebraucht oder aber nebenbei, praktisch selbstverständlich und somit in akzeptablem Rahmen. Der britische Sender Channel 4 sah das jedoch anders und schnitt das Wort „gay“ aus einer im Nachmittagsprogramm ausgestrahlten Episode raus.
Carl sagt’s
Um die Angelegenheit in klarerem Licht erscheinen zu lassen: Es handelte sich um die Folge Homie und Neddie (US-Titel: Homer Loves Flanders), in der Homer und Ned zu Freunden werden. Während Homer es anfangs noch verheimlicht, dass er und sein Nachbar miteinander Unternehmungen machen, steht er später offen dazu. Und da kommt es zu der hochskandalösen Szene, die Channel 4 zur Zensur veranlasste. Homer fährt mit Ned an Lenny und Carl vorbei. Doch anstatt Flanders dazu zu veranlassen, sich wieder zu verstecken, schreit Homer diesmal „Das ist Ned Flanders, mein Freund!“ aus dem Autofenster. Und jetzt kommt die Situation, die zu all dem Trara geführt hat:
Lenny: „Was hat er gesagt?“
Carl: „Keine Ahnung, irgendwas über Schwulsein.“
Wow! Skandalös! Im O-Ton sagt Carl wörtlich: “I dunno, something about being gay.” Das Ende des Satzes blendete Channel 4 aus und ging direkt über in die Werbung. Der Grund für dieses Handeln ist aber am Schärfsten, denn laut offizieller Erklärung war nicht die Angst vor dem Wort „gay“ schuld an dieser Zensurmaßnahme, sondern zu große Sensibilität! Der zuständige Editor befürchtete offenbar, dass die Verwendung dieses Wortes im inakzeptablen Zusammenhang gesehen werden könnte und somit beleidigend wäre. Dass die Episode aus dem Jahr 1994 stammt, schon zigmal ausgestrahlt wurde und sich bisher niemand an der Verwendung des Wortes „gay“ gestört hat, wurde allerdings nicht bedacht.
Kein normaler Umgang
Es kann nur spekuliert werden, was wirklich hinter dieser Wortzensur steckt. Es liegt im Bereich des Möglichen, dass tatsächlich Übereifer am Werk war. Vielleicht war es aber auch eine Order aus der Chefetage, Die Simpsons im Nachmittagsprogramm nicht mit dem g-Wort zu konfrontieren. So oder so ist es peinlich, wie Channel 4 vorgegangen ist. Das zeigt nur, dass der normale Umgang mit Homosexualität und den dazugehörigen Worten noch immer nicht verbreitet ist.
Die offizielle Entschuldigung folgte natürlich prompt. Darin war die Rede davon, dass Channel 4 immer genau darauf achtet, in welchem Kontext Sprache in ihrem Programm genutzt wird. Hätten sie mal lieber die Frage beantwortet, warum eine Serie wie die Simpsons, die auf Doppeldeutigkeit und manchmal sehr direkten Humor setzt, zu einer Zeit (Sonntags um ca. 13:00 Uhr) ausgestrahlt wird, zu der einige Kinder vor dem Bildschirm sitzen. Anstatt an einem Format rumzuschnippeln und in unverständlichen Aktionismus zu verfallen, sollten die Simpsons dann ausgestrahlt werden, wenn die Zielgruppe – keine Kinder! – den Fernseher zurückerobert hat. Dann ist auch die Gefahr gebannt, sich wegen eines Wortes in die Nesseln zu hocken, denn Zensur braucht es da nicht mehr. Auch wenn es die in diesem Fall sowieso nie gebraucht hätte.