Vom Fliegen hat die Menschheit Jahrhunderte geträumt, heute erobert jeder drittklassige Held in CGI-Strumpfhosen den Filmhimmel. Da kommt Top Gun 2: Maverick mit seiner großartigen Kampfjet-Action gerade recht. Tom Cruises Rückkehr zu einem seiner größten Erfolge pustet die Blockbuster-Konkurrenz 2022 schon jetzt aus dem Kino-Himmel und das ist zu großen Teilen einem Star zu verdanken.
Cruise jagt in seinem neusten Streich nämlich ein Geschwader junger Wilder durch seine persönliche Flieger-Schule – vor und hinter der Kamera. Er zeigt, warum er der wahre Iron Man unserer Zeit ist (sorry, Robert Downey Jr.) und das Ergebnis bringt die Kinosessel zum Beben wie kaum ein anderer Blockbuster der letzten Jahre.
Tom Cruise begibt sich im Actionfilm Top Gun: Maverick auf eine unmögliche Mission
Als Tom Cruise 1986 in Top Gun - Sie fürchten weder Tod noch Teufel zum ersten Mal den Action-Himmel eroberte, war er ein breit grinsender Strahlemann mit Ausrutschern ins ernste Schauspielfach. Erstmals in seiner Karriere gab er einen echten Actionhelden. 36 Jahre später spielt er diese Rolle noch einmal.
Schaut euch den Trailer für Top Gun: Maverick an:
Pete "Maverick" Mitchell (Cruise) ist ein Captain, während seine Zeitgenossen ihn auf der Karriereleiter überholt haben. Die Technik haftet eng an den Fersen des virtuosen Fliegers. Drohnen ersetzen Fleisch und Blut im Cockpit und das könnte irgendwann unseren alternden Helden treffen. Wäre da nicht ein gefährlicher Auftrag im (nicht näher genannten) Feindesland. Hier kommt es auf das Können am Steuerknüppel an.
Maverick muss die besten Pilot:innen der US Navy für das Himmelfahrtskommando trainieren. Es wäre ein Leichtes, hätte er es dabei nicht mit Rooster (Miles Teller) zu tun, dem Sohn seines verstorbenen Freundes Goose (Anthony Edwards). Maverick leidet noch unter dem Verlust. Der übervorsichtige Jungspund hegt indes seine eigenen Ressentiments gegen den tollkühnen Co-Piloten seines Vaters.
Das ist die Story. Regisseur Joseph Kosinski und die Horde von Drehbuchautoren (unter anderem Mission Impossibles Christopher McQuarrie) erzählen sie mit altmodischer Geduld, gerade sentimental genug, mit Unterstützung von Jennifer Connelly als Freizeit-Therapeutin für angeschlagene Flieger-Seelchen und einem zu Tränen rührenden Abstecher zu Val Kilmers Iceman. Doch: Wen interessiert's? Niemand da draußen hatte in den letzten vier Jahrzehnten ein ernsthaftes Interesse daran, was aus Maverick nach dem Abspann wurde. Den Superstar noch einmal in einem Kampfjet durch die Lüfte jagen zu sehen – das ist was anderes.
Top Gun: Maverick bietet weniger Homoerotik, mehr metallene Action-Unterhaltung
Tony Scotts Vorgänger von 1986 bietet zwar ebenfalls beeindruckende Jagd-Sequenzen tausende Meter über dem Erdboden. Einer der berühmtesten Momente des Films galt allerdings halbnackten Körpern beim Beachvolleyball. Top Gun erzählt von einem exklusiven Bund lebensmüder junger Männer, die ihre schönen Körper bei jedem Einsatz der möglichen Zerstörung aussetzen. Respekt für Mut und Fähigkeiten des anderen überwindet im Film alle Differenzen.
Die Fortsetzung ahmt das verschwitzte Strand-Spektakel nach, aber es bleibt ein blasser Schatten des homoerotischen Gipfels von Tom Cruises Karriere. Was Joseph Kosinski (Tron: Legacy) interessiert, sind nicht Sandkörner auf einer goldbraunen Männerbrust. Es sind Sandkörner, die beim knallenden Startmanöver eines F-18-Kampfjets zu Kringeln in der Luft gepresst werden, als würde sich zwischen ihnen ein Tor zu einem Parallel-Universum öffnen.
Es sind Wassertropfen eines Bachs, die zerstäuben, sobald eines dieser Donner-Gefährte mit ungeheurer Wucht vorbeischießt. Es ist Mavericks angespanntes Gesicht, als er mit seinem geflügelten Todesbringer verschmilzt.
Wer braucht Robert Downey Jrs. Iron Man, wenn man Tom Cruise haben kann?
Tom Cruise ist nämlich ein Iron Man im eigentlichen Sinne in Top Gun: Maverick. Zum einen nahm er für diesen Dreh wieder enorme körperliche Herausforderungen auf sich, um dem Publikum möglichst realistische Flug-Szenen zu garantieren. Sogar das harte Training seiner Kolleg:innen soll er persönlich geplant haben.
Zum anderen verdient seine Figur Maverick den Titel Iron Man. Robert Downey Jrs. Marvel-Held legte sich die Rüstung an wie eine zweite Haut. Iron Mans Flugzsenen wirken einfach, weil Tonys Witzeleien in der Rüstung mit heutigem Blick aussehen wie Zoom-Calls in einer schlecht beleuchteten Abstellkammer. Zwischen Tony und Iron Man liegen Welten. Fliegt Maverick seine eisernen Monster, ähnelt es eher einem Rodeo. Er wird eins mit den High-Tech-Ungetümen, ganz besonders wenn nicht mehr die Vernunft seine Manöver steuert, sondern der pure Instinkt.
Diesen wilden Ritt durch die Lüfte inszeniert Joseph Kosinski als Tanz der Mensch-Maschinen, der immer dann am schönsten ist, wenn zwei Flugzeuge (Freund oder Feind) einander finden. Dann erklimmen sie zusammen die steilsten Höhen oder stürzen in Todesspiralen dem Boden entgegen und das mit einem orgasmischen Krach, wann immer sie die Schallmauer durchbrechen. Ein bisschen Erotik steckt also auch in diesem Top Gun. Das hat er dem MCU-Iron Man ebenfalls voraus.
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