Tatort - Zwischen den Fronten in Wien

17.02.2013 - 21:45 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Tatort - Zwischen den Fronten
rbb/ORF
Tatort - Zwischen den Fronten
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Wieder einmal schert sich der Wiener Tatort nicht um Political Correctness oder wenigstens Tatort-Konventionen. Der neue Fall von Moritz und Bibi dürfte Wien-Skeptiker kalt lassen und alle anderen mit seinem schwarzen Humor und einer melancholischen Seele fesseln.

Der neue Tatort ist alles andere als perfekt und nach den vergangenen beiden starken Folgen ein leichter Abstieg. Tatort: Zwischen den Fronten quetscht alle möglichen ‘Problemfilmthemen’ in seine Laufzeit, doch anstatt sich mit einem davon zu beschäftigen, stellt der Krimi damit vor allem unsere Erwartungen auf den Kopf. Das daraus resultierende Katz- und Mausspiel zwischen potenziellen Islamisten, Muslimhassern und austrofaschistischen Politikern bewegt sich nicht immer elegant durch die Plot-Stationen. Andererseits ist das wieder einmal ein echter Wiener, wie ihn nur das schönste, vom Leben durch die Mangel genommene Krimiduo des deutschsprachigen Fernsehens als glaubwürdig verkaufen kann.

Lokalkolorit: Zuviel Plot steht in Tatort – Zwischen den Fronten der Atmosphäre im Weg. Abgesehen von den zwielichtigen Hinterzimmern, in denen zwielichtige Hintermänner ihre Intrigen spinnen, lernen wir die Lebenswelten der Figuren kaum kennen. Dafür springt der Sonntagskrimi zu gern von Schauplatz zu Schauplatz, Tatort zu Tatort. Im Grunde trifft das auch auf die lebenden und toten Charaktere zu. Wird der vermeintliche Attentäter Kásim Bagdadi (Samy Hassan) jemals als Figur greifbar? Können wir ähnliches von Martin Ledic (Vedran Kos) behaupten? Nein, denn die zerbrochene Freundschaft der beiden ist nie mehr als ein Plot Point.

Plot: Ein Online-Aktivist soll bei einer Konferenz der UN eine Rede halten, doch sein Auto explodiert vor dem Eingang. Da Kásims Eltern aus dem Irak stammen, scheint der Fall im Nu gelöst. Doch Moritz (Harald Krassnitzer) und Bibi (Adele Neuhauser) decken nach und nach eine Verschwörung auf, die eine tragische Dreiecksgeschichte ebenso beinhaltet wie einen rechtsradikalen Bund, der offenbar in allen Etagen der Macht seine Fäden zieht. All over the place wäre der korrekte Ausdruck für Handlung und Motive von Tatort – Zwischen den Fronten. Fängt der Trubel an mit der Online-Plattform Comet und der potenziellen Gefahr durch Hacker oder Islamisten (oder beides), steigert sich der Fall in seinem letzten Drittel in die Paranoia seiner beiden Ermittler, die auf Schritt und Tritt überwacht werden. Das pessimistische Ende wirkt aufgesetzt und nicht halb so bedrohlich wie das von Tatort: Kein Entkommen. Andererseits sind die beiden stets auf verlorenem Posten stehenden Wiener die Tatort-Ermittler, denen ich so einen Abgang am ehesten abnehme. (Bibi, wenn sie uns einzeln zusammenscheißen müssen, sie sie schneller müd.)

Unterhaltung: Wer hätte gedacht, dass ein vermeintlicher Terror-Tatort so witzig ausfallen würde? Majorin Melanie Warig (Susanne Wuest) bringt Moritz Eisner ganz wunderbar auf die Palme (Sie schminken sich jetzt den Kasernenhofton ab!), aber die potenziell nervige neue Kollegin wird nicht überstrapaziert. Schnippische One-Liner von Moritz und Bibi häufen sich mit steigender Spielzeit und ihre vollkommene Unbekümmertheit, wenn es um Autoritäten oder politische Korrektheit geht, ist vielleicht das einzige, was einem an dem UnHappy End nicht verzweifeln lässt. Diese beiden werden weitermachen, egal wie viele Rückschläge sie einstecken. Der Heroismus oder die menschelnde Mitleidstour einer Charlotte Lindholm gehen ihnen trotzdem ab und das erfrischt in jedem Wiener Tatort aufs Neue.

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