Böse Zungen bezeichnen True Blood als Twilight für Erwachsene. Es stimmt schon, dass das paranormale Serienspektakel auf der momentanen Vampirwelle reitet. Aber die Serie ist noch viel mehr. Sie holte Anna Paquin aus der Versenkung hervor und katapultierte Alexander Skarsgård karrieretechnisch ein gutes Stück nach oben. Das ging aber nicht nur, weil Vampire und Romanzen darin vorkommen, sondern weil auch ein gutes Stückchen Trash und Ironie im Spiel sind (für manche sogar ein gutes Stück zuviel davon). Für die Abwechslung in True Blood sorgen vor allem Nebenfiguren wie der strunzdumme Jason (Ryan Kwanten) oder die Plotstränge von Tara (Rutina Wesley). Sogar Bill (Stephen Moyer) ist mit seinem pathetischen Brunftschrei SOOKIE! für einige Lacher gut. Für mich aber bleibt Lafayette (Nelsan Ellis) der interessanteste Charakter der Serie.
Wer ist Lafayette?
Wer in Bontemps seine Dosis V (Vampirblut) benötigt, dessen erster Anlaufpunkt ist ganz klar Lafayette. Der riskiert täglich Kopf und Kragen, um an das halluzinogene Aufputschmittel zu kommen. Als homosexueller Callboy, der sich gern in Tops, Tücher und dickes Make-Up hüllt, engagiert er sich früh in der Serie bei gutgestellten und in der Menschengesellschaft angekommenen Vampiren, die sich im Austausch für Naturalien nur zu gern zum Aderlass bitten lassen. Tagsüber verdingt er sich als Koch bei Merlotte’s. Die Konsequenzen und Gefahren seines Nachtjobs sind ihm nicht ganz klar, bis er von Vampir Eric gefangen und gequält wird, nur um am Ende gezwungermaßen für ihn als Dealer zu arbeiten.
Lafayette hat es nicht leicht in seinem Leben und auch einige Enthüllungen in seinem Stammbaum erleichtern seinen Alltag nicht. Bontemps ist quasi ein Sammelbecken für paranormale Superwesen und so ist nicht nur Sookie Stackhouse (Anna Paquin) mit Telepathie und lichtblitzwerfenden Händen gesegnet, auch Lafayette hat Magie im Blut. Besonders in Staffel 3 wird das klar, als seine neuen Talente eine größere Rolle spielen und er nicht selten zwischen Toten und Lebenden vermitteln muss. Aber auch ohne das magische Brimborium steht Lafayette seinen Freunden Sookie, Jason, Sam Merlotte (Sam Trammell) und seiner Kusine Tara immer zur Seite. Nicht selten ist er die Stimme die Vernunft, auf die am Ende dann sowieso niemand hört. Ohne den Überlebenssinn und die bodenständige Weisheit des Lafayette Reynolds wären Sookie oder Tara vermutlich längst Geschichte. Und auch Lafayette selbst hätte sich ohne seine ganz eigene, grundsolide Art bei all dem unheiligen Chaos in seinem Leben wohl längst selbiges genommen.
Warum Lafayette mein Serienheld ist
Lafayette vereint viele Gegensätze. Er ist schwul, zieht sich Frauenkleider an, trägt meterdickes Make-Up, ist in jeder Hinsicht fabulous, letztendlich aber einer der wenigen Menschen aus Bontemps, die mit den Füßen auf dem Boden geblieben sind. Einer seiner Lieblingssprüche ist Hell no!, beziehungsweise zahlreiche Variationen davon. Das bad juju, das Bon Temps umgibt, spürt er ganz klar und wenn es nach ihm ginge, würden sich Sookie und Tara gar nicht erst mit Vampiren und anderen Kreaturen einlassen. Da kann schließlich nichts Gutes draus werden. Obwohl er sich spätestens seit seiner Begegnung mit Eric gern aus allem Übernatürlichen raushalten würde, lässt er sich wegen seiner Freunde meist doch auf die waghalsigsten Manöver ein, für die er nicht wenige Opfer bringen muss.
Sein pechschwarzer Humor und seine Art, nichts unkommentiert zu lassen, retten oft die kitschigsten oder absurdesten Momente aus der Mittelmäßigkeit. Obwohl ihn jedes Kleinkind als schwul oder zumindest metrosexuell erkennen könnte, wird das nicht zum Thema gemacht. Sein besonderes Äußeres könnte ihn zum Klischee machen, tut es aber nicht. Lafayette ist ein badass mit trockenem Humor, der zufällig schwul ist und das nach außen trägt. Er ist wie ein geschmacklich perfekt abgestimmter Cocktail, besonders im Gegensatz zu seinen Bontemper Mitbürgern, die meistens nicht viel mehr als eine Dimension besitzen. Irgendwann wird True Blood vermutlich auch für mich seinen jump the shark-Moment haben und seinen Trashfaktor ein, zwei Spuren zuviel nach oben treiben. An Lafayette wird das aber nicht liegen.
Was haltet ihr von Lafayette?