Willkommen im Krieg - Spaß ist, wenn es kracht

14.04.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Pro7/moviepilot
Wilson macht einen Ausflug durch die Wüste
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Das Programm im deutschen Fernsehen könnte einen schon per se aufregen. Aber diese Woche wurde der Vogel abgeschossen. Und das darf nicht unkommentiert bleiben.

Der Blätterwald rauschte diese Woche, zahlreiche Internetseiten veröffentlichten Verrisse und in sozialen Netzwerken wurde empört gepostet. Das „Made by ProSieben“-Event-Movie, das am Montag gezeigt wurde, griff vollkommen daneben und markierte einen weiteren Tiefpunkt in der deutschen TV-Landschaft.

Der Aufreger der Woche dreht sich, ihr dürftet es schon erraten haben, um den Kriegsklamauk Willkommen im Krieg.

Idioten im Krieg?
Humor ist eine wesentlich kompliziertere Angelegenheit, als gemeinhin angenommen wird. Manche Menschen können über Scherze, die die Grenzen des guten Geschmacks ausloten, herzhaft lachen, andere wenden sich hingegen angewidert ab. Die als Antikriegsfilm bzw. Kriegssatire angekündigte ProSieben-Produktion Willkommen im Krieg, die am Ostermontag gesendet wurde, löste bei den meisten Zuschauern offensichtlich die zweitgenannte Reaktion aus. Der von Oliver Schmitz gedrehte Film zeigt die in Afghanistan stationierten Bundeswehrsoldaten als eine Bande von Vollidioten, die sich den Kanal vollschütten, schlecht ausgebildet sind und für die das Kriegsgebiet als Club Med fungiert. Wenig überraschend hat sich auf Facebook schnell eine Gruppe gegründet, die sich gegen diesen Film ausspricht. Nach Ausstrahlung von Willkommen im Krieg wurden über 20.000 Mitglieder verzeichnet, die ihrem Unmut über die Militärklamotte Ausdruck verliehen.

Mit Sinn und nicht ohne Verstand
Darf der Einsatz in einem Krieg Grundlage für eine Komödie sein? Natürlich darf er das. Es ist immer nur eine Frage, wie mit der Thematik umgegangen wird. Kritisch, intelligent, mit Gespür für die Situation, als Satire eben, die Missstände aufdeckt, ohne dabei moralisierend oder verletzend zu sein. ProSieben setzte hingegen auf eine Zuschauerschicht, die plumpe Witze und Klamauk bevorzugt, die in schwärmerische Verzückung gerät, wenn Wilson Gonzalez Ochsenknecht durchs Bild eiert, eine, die sich mit der Situation und den Aufgaben der Bundeswehr in Afghanistan nicht auseinandersetzt oder auseinandersetzen will. Dass Krieg gar nicht so schlimm ist und beim eh überflüssigen Militär nur Volltrottel dienen, wird dieser Klientel dann auch noch mitgegeben. Da hilft auch der am Schluss erhobene Zeigefinger mitsamt aufgesetzter Antikriegs-Botschaft nichts mehr.

Quotenopfer
Es ist offensichtlich, dass keiner der am Film Beteiligten auch nur die geringste Ahnung von den tatsächlichen Zuständen in Afghanistan hat. Stattdessen wurden ein Berufszweig und eine ernste Situation für billigstes Amüsement missbraucht. Mehr sollte wohl auch nie draus werden – und das ist traurig. Es ist eine Bankrotterklärung des deutschen Fernsehens, wenn Feingefühl und Anstand auf dem Altar der Quote geopfert werden, wenn es niemanden mehr zu geben scheint, der ein solches Thema in angemessener Weise behandeln kann.

Willkommen im Krieg ist eine Kontroverse um der Kontroverse willen, jedoch ohne den geringsten Anspruch, entlarvend zu sein oder zum Nachdenken anzuregen. Wie es richtig geht, hat vor vielen Jahren MASH gezeigt. Wie es nicht geht, hat Willkommen im Krieg demonstriert. Nur eine Sache stimmt zuversichtlich: die Quote in der werberelevanten Gruppe war bescheiden. Vielleicht haben einige den Braten schon gerochen und sich diesem Film von vornherein verweigert.

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