Andreas Dresens Sterbedrama rührt zu Tränen

17.05.2011 - 10:27 Uhr
Halt auf freier Strecke
Peter Rommel Productions
Halt auf freier Strecke
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Der Wettbewerb beim diesjährigen Festival in Cannes muss ohne deutschen Beitrag auskommen. Dafür feierte Andreas Dresens neuer Film Halt auf freier Strecke in der Reihe Un Certain Regard Premiere.

In Halt auf freier Strecke erzählt Andreas Dresen von einem Familienvater Milan Peschel, der eines Tages erfährt, dass er einen tödlichen Gehirntumor hat. Beim Festival Cannes feierte der Film Premiere, der durch seine realistische Schilderung des Sterbens den Zuschauern einiges abverlangte. Dabei reichen die Meinungen der Kritiker von einem berührenden Drama bis hin zu einem Kino, “das immer wieder Zuflucht in Spießigkeit sucht.” (Rüdiger Suchsland)

Sukhdev Sandhu vom britischen Telegraph hat mit Halt auf freier Strecke einen Film über die “Anpassung und die Bewältgung gesehen. Es ist der Bericht einer Reise, die so schwer ist, wie jede Polarexpedition; psychologische Berater geben Simone und der Familie ihres Ehemanns skizzenhafte Karten dieser neuen, nervenaufreibenden Welt, in der sie sich nun finden, aber im Wesentlichen müssen sie auf ihre tiefsten Reserven der Liebe, des Mitleids und des Einfallsreichtums zurückgreifen.”

Für Kirk Honeycutt vom Hollywood Reporter ist Halt auf freier Strecke “ein schwieriger Kampf durch den schrecklichen Prozess des physischen und psychischen Verfalls, der die Konseqenz dieser Krankheit ist.” Der Film wirke aber als “sei sein Macher kontinuierlich auf der Suche nach einem Schlüssel, um die raison d’être hinter dem Film zu öffnen, habe diesen aber nie wirklich gefunden.”

“Will Dresen mit all dem Naturalismus ein schwieriges Thema endlich auf die Leinwand bringen?”, fragt sich wiederum Rüdiger Suchsland, “Oder eher mit leisem Humor die Absurdität der Lage von Todkranken beschreiben, und darauf aufmerksam machen, dass es womöglich Dinge gibt, die sich filmisch nicht unverfremdet darstellen lassen? Beides wäre legitim, aber er müsste sich entscheiden. Dresens Haltung aber blieb unklar.”

“Dresen scheut sich nun nicht, alles zu zeigen, was eben passiert”, schreibt Tobias Kniebe, “vom ersten tropfenden Speichelfaden bis zum letzten Sex und zur letzten Inkontinenzwindel. Das müde alte Stilmittel des Realismus treibt er auch in den Dialogen (nach Stunden von Interviews mit Betroffenen von allen Beteiligten improvisiert) und in der Besetzung (alle Schwestern und Ärzte sind echte Schwestern und Ärzte) zu eindrucksvollen Höhepunkten. Fast wirkt es wie eine Befreiung, wenn zwischendrin einmal der Tumor phantasmagorisch die Form eines Schauspielers annimmt und zu reden beginnt – er wird, in Franks Tagträumereien, bei Harald Schmidt interviewt.”

Allan Hunter hat einen “herzzerreißenden, aber auch lebensbejahrenden” Film gesehen und auch Anke Westphal zeigte sich überzeugt von Andreas Dresens Ansatz: “Mit großer Sensibilität und Aufrichtigkeit begleitet Dresen den stetigen Verfall des Familienoberhaupts und die Überforderung der Familie. Nur der kleine Mika geht natürlich und sogar ein wenig neugierig mit der Situation um. Unsere Kinder müssen so viel mehr können, als wir wissen – das ist eine der Botschaften des Festivals.”

Einen täglich aktualisierten Pressespiegel zum Filmfestival in Cannes findet ihr bei Film-Zeit.de.

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