Je häufiger ich Blutgericht in Texas schaue, desto fester bin ich davon überzeugt, dass Tobe Hoopers Horrorfilm nicht von dieser Welt ist. Dieses Jahr feiert der Klassiker, der vor allem unter seinem Originaltitel The Texas Chain Saw Massacre bekannt ist, 50-jährigen Geburtstag.
Zum Jubiläum konnte ich ihn dieses Jahr erstmals im Kino auf der großen Leinwand schauen. Danach wusste ich, dass es keinen besseren Film in dem Genre gibt.
Wer den Film noch gar nicht kennen sollte, ist ab hier vor Spoilern gewarnt!
The Texas Chain Saw Massacre ist der Blick in die Hölle selbst
Über die Jahre habe ich Hoopers Film von 1974 immer wieder gesehen und er scheint mit jedem Jahr, das ich älter werde, mit mir zu wachsen. Zuerst war ich noch darüber verwundert, wie wenig explizite Gewalt der skandalumwobene Streifen eigentlich zeigt. Mit mehrfachen Sichtungen wandelte sich mein Eindruck immer mehr zur Bewunderung für die rohe, fast dokumentarische Schockwirkung.
Als ich Blutgericht in Texas Ende Mai 2024 in einem großen Berliner Multiplex-Saal schauen konnte, kroch mir die Anspannung schon nach den ersten Sekunden des Films durch den Körper. Zu Beginn ist nur eine Radiomeldung zu hören, die von geplünderten und brutalen Morden berichtet, während Hooper schräge Blitzlichtbilder dazwischen schneidet, die mit der Aufnahme eines verwesenden Leichnams unter einem orange glühenden Himmel enden.
Nach nicht mal fünf Minuten hat The Texas Chain Saw Massacre die Tore zur Hölle geöffnet, in die die fünf jungen Hauptfiguren schließlich geraten. Ihre Fahrt durch das ländliche Texas führt sie mitten in die Fänge einer degenerierten Familie von Menschenschlachtern und fast niemand von ihnen wird am Ende noch leben.
Tobe Hoopers Horrormeisterwerk lässt das widerliche Grauen spürbar werden
Bis Leatherface (Gunnar Hansen) im Film das erste Mal (wortwörtlich) zuschlägt, baut Hooper aus vor Verwesung triefenden Sets Schauplätze des puren Horrors. Obwohl ich diesmal im bequemen Kinositz saß, der sich per Knopfdruck zum Sessel mit Fußlehne verstellen lässt, fand ich mich plötzlich selbst im Haus des Films wieder.
Während Pam (Teri McMinn) schreiend und schreckerfüllt durch das Wohnzimmer voller Tierknochen und lebendiger Hühner stolpert, konnte ich den Gestank an diesem Ort fast schon selbst riechen. Dass Hooper damals mit geringem Budget drehen musste und deshalb auf "Dekoration" wie echte Hühnerkacke setzte, lässt den Film oft unangenehm real wirken. Als wäre das hier kein Horrorfilm, sondern eine True-Crime-Doku, lange bevor diese so durch die Decke geschossen sind.
Auch in Sachen Kopfkino wirkt The Texas Chain Saw Massacre wie ein schockierender Zaubertrick. An die Todesszenen, die der Regisseur nur kurz andeutet oder ganz ausblendet, erinnert man sich danach, als wäre man in blutigster Ausführlichkeit dabei gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir leicht schwindelig, aber der schier endlose Höhepunkt sollte erst noch kommen.
- Hier findet ihr alle weiteren Horror-Empfehlungen von uns im Horror-Monat Oktober.
Das Finale von Texas Chain Saw Massacre hat Spuren hinterlassen
Zum unsterblichen Terrorfilm-Meilenstein wird Blutgericht in Texas durch die letzte halbe Stunde. Hier geht es nur noch um das Martyrium von Sally (Marilyn Burns), die als Final Girl ums Überleben kämpfen muss.
Im Haus der Leatherface-Familie wird sie auf einen panischen, schockierten Körper reduziert, wobei die Kannibalen mit Sally spielen wie mit einem wehrlosen Tier vor der Schlachtung. Die Tonspur von Hoopers Film besteht in diesem Schlussakt gefühlt nur noch aus den lauten Schreien der Darstellerin, die mir nach dem Kinobesuch noch lange in den Ohren geklingelt haben.
In den letzten Minuten hat es Sally mit einem Sprung durchs Fenster aus dem Haus geschafft hat. Jetzt muss sie nur noch vor Leatherface und dessen lautstark ratternder Kettensäge davonrennen. Mein Herz schlug bei der finalen Verfolgungsjagd immer schneller, obwohl ich Hoopers Film beinahe Szene für Szene kenne.
Nachdem Sally manisch triumphierend auf der Ladefläche eines Pick-ups davon fährt und Leatherface im legendären Schlussbild mit seiner Kettensäge im Sonnenaufgang herumwirbelt wie bei einem Tanz, musste ich mich beim Rausgehen aus dem Kino daran erinnern, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
So eine Wirkung auch nach der x-ten Sichtung, das schafft nur der beste Horrorfilm der Welt.