Der deutsche Star - Das unbekannte Wesen

04.08.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Til Schweiger
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Beschäftigten sich die letzten beiden Texte mit dem Ursprung von Filmstars und dem Kult um Regisseure, soll heute ein Blick auf deutschsprachige Stars geworfen werden, sofern sie denn vorhanden sind.

Die größten deutschen Filmstars der letzten 30 Jahre sind Michael Herbig, Otto Waalkes und Til Schweiger. Das zumindest legt der Blick auf die Liste der hierzulande produzierten Publikumslieblinge nahe. In der Top 10 der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten ist Otto mit drei, Bully und Schweiger mit je zwei Filmen vertreten. Natürlich definiert sich das Star-Dasein nicht allein über verkaufte Tickets, wie Sam Worthington zu berichten weiß. Fakt ist jedoch, dass die drei Herren mit ihrem kontinuierlichen Erfolg einsam an der Spitze verharren. Schon deswegen lohnt eine genauere Auseinandersetzung mit hiesigen Stars, können diese doch als symptomatisch für den Zustand des deutschen Films betrachtet werden.

Wie vor zwei Wochen erklärt, nehmen Stars, je nachdem auf welche Seite des Ticketschalters wir blicken, bestimmte Funktionen ein. Für uns Zuschauer bilden sie etwa Orientierungspunkte bei der Einordnung eines Films sowie Identifikationsangebote. Wir mögen zwar wenig über den privaten Daniel Day-Lewis wissen, doch, so sehr er sich dagegen sträubt, als Star ist seine Präsenz in einem Film ungeachtet seiner Figur mit Bedeutung aufgeladen. Oscars, Method Acting und eine Aura der Seriosität zählen dazu. Merkmale wie diese werden im Marketing betont, da Stars auf Seiten von Studios, Produktionsfirmen und Verleihern die Attraktivität des Produkts erhöhen. Um in einem Absatz von Daniel Day-Lewis auf Til Schweiger zurückzukommen, sei deswegen angemerkt, dass letzterer diese Funktionen wie derzeit kein anderer deutscher Star erfüllt.

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Vergangene Woche wurde der erste Trailer für Keinohrhase und Zweiohrküken veröffentlicht und bezeichnenderweise sprechen die negativen Reaktionen Bände über Stabilität, Erfolg und Polarisierung von Schweigers Star Persona. Auf dem Boden geblieben, nicht auf den Mund gefallen und zupackend sind seine Figuren und in gewisser Weise führt er dieses Image in seinen Äußerungen über die von ihm als elitär empfundene Deutsche Filmakademie und die Abscheu gegen die Kritikerzunft auf egozentrische Art fort. Schweiger, der nur die Massen unterhalten will, positioniert sich im ständigen Konflikt mit der auserlesenen Künstler-Clique. Solange er sich nicht sein massives Stammpublikum zum Feind macht, dürfte sich an seinen Zuschauerzahlen wenig ändern. Doch halt, letztes Jahr erschien mit Schutzengel ein neuer Schweiger-Film und der blieb mit rund 700.000 verkauften Tickets hinter den Erwartungen zurück. Bedeutet dies nun, dass wir das Ende der Ära Schweiger ersehnen bzw. erbangen können? Mitnichten, die Statistiken rund um Schutzengel zeugen vielmehr vom gescheiterten Aspekt in der Konstruktion der Star Persona “Til Schweiger”: dem des Actionhelden.

Seinem Regiedebüt Der Eisbär und insbesondere seinen Nebenrollen in internationalen Produktionen ist Schweigers Sehnsucht nach Gangster, Thriller- und Actiongefilden anzumerken. Seine Erfolgskurve schnellte allerdings erst im verlässlichsten aller Genres des deutschen Kinos in die Höhe. Nach mehreren Komödien sollte Schutzengel die Popularitätswelle in ein anderes Genre tragen und versagte. Nun muss Schweiger seine Actionliebe zur Freude aller im Tatort ausleben, einem Format, das als Marke stärker zieht als die Genres seiner jeweiligen Beiträge. Damit treffen in Schweigers jüngerer Karriere zwei grundlegende Bedingungen des Filmstar-Daseins im deutschsprachigen Raum zusammen: die Abwesenheit einer Genre-Vielfalt im Kino und, damit tiefgreifend verflochten, das Fernsehen.

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